Donnerstag 27 Juni 2019, 16:09

Frankreich und die USA im Team-Check

Es knistert vor dem anstehenden Viertelfinale im Pariser Prinzenpark zwischen Gasteber Frankreich und Titelverteidiger USA. Für Megan Rapinoe, Angreiferin der Stars and Stripes, war die Spannung vor einem Spiel einer FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ noch nie so groß wie vor dieser Partie.

Wie stehen für beide Teams die Vorzeichen vor diesem packenden Duell in Paris? Auf der einen Seite steht der dreimalige Titelträger, der seiner Konkurrenz auf dem Weg zur Titelverteidigung noch nie so überlegen schien. Demgegenüber das Team von Gastgeber Frankreich, das wohl noch nie so gut in Form war, um den amtierenden Weltmeister vom Thron zu stoßen.

Was wird der Schlüssel zum Erfolg in dieser Partie sein, die für viele Beobachter den Charakter eines vorgezogenen Endspiels hat? Unsere Teamreporterinnen Emma Hingant (FRA) und Erin Fish (USA) haben fünf entscheidende Faktoren genauer analysiert. Die Fussballwelt ist gespannt, welcher davon am Ende den Ausschlag geben wird.

1 – Der Druck

Emma: Der Heimvorteil hat sich in der Geschichte der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft bisher noch nie als allzu großer Faktor erwiesen. Mit Ausnahme der US-Amerikanerinnen 1999 und 2003 hat der Ausrichter der WM noch nie das Viertelfinale überstanden. Doch seit Beginn des Turniers kennt die Begeisterung in den Stadien, in denen Frankreich spielt, keine Grenzen. Die Fans strömen in die Arenen und stimmen während der Partie spontan die Marseillaise an. Die Spielerinnen sind von der phänomenalen Unterstützung begeistert: "Das gibt uns auf dem Rasen zusätzliche Kraft", erklärt Viviane Asseyi. "In schwierigen Phasen stehen die Fans wirklich hinter uns, das pusht uns enorm."

Erin: Kein anderer Teilnehmer dieser Weltmeisterschaft wird von derart vielen Fans begleitet wie wie USA. Für Megan Rapinoe fühlt es sich schon wieder wie eine Heim-WM in einem anderen Land an. Alle bisherigen Partien der USA bei diesem Turnier waren ausverkauft. Wir dürfen gespannt sein, was die in Rot, Weiß und Blau gekleideten Fans aus Amerika in Sachen Stimmung dem Heimpublikum entgegenzusetzen haben.

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2 – Die Mentalität

Emma: Man spricht immer wieder von der Siegermentalität der Amerikanerinnen. Doch die französischen Spielerinnen wissen auch, wie man gewinnt. In ihren Reihen sind immerhin mehrere Akteurinnen, die sich mit ihrem Klub Olympique Lyon schon sechs Mal die Krone des europäischen Vereinsfussballs aufgesetzt haben. Doch auch die jüngeren Spielerinnen können schon "ein bisschen was vorweisen", wie Delphine Cascarino betont. Beispielsweise gehörten Griedge Mbock Bathy, Aïssatou Tounkara, Kadidiatou Diani, Delphine Cascarino und Grace Geyoro zum Team, das sich 2012 den Titel bei der FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft sicherte. Darüber hinaus durften Cascarino und Geyoro auch bei der UEFA U-19-Europameisterschaft der Frauen 2016 den Siegerpokal in den Himmel stemmen.

Erin: Seit dem ersten WM-Titel im Jahr 1991 ist Gewinnen fest in der Identität und Kultur dieses Teams verankert. Beharrlichkeit und Selbstvertrauen wohnen den Stars and Stripes ebenfalls inne. Die Weltmeisterinnen von 1999 haben den Frauenfussball komplett revolutioniert – und sie haben der aktuellen Generation den Weg dahin geebnet, wo sie heute stehen. Sam Mewis glaubt, dass das Selbstvertrauen dieses Teams aus der Mentalität seiner Vorgängerinnen erwachsen ist.

3 – Die Schlüsselspielerinnen

Emma: Bei ihrer ersten WM-Teilnahme 2011 blieb sie ohne Treffer. Bei der Auflage vier Jahre später erzielte sie drei Tore und bei der WM 2019 konnte sie den Ball bereits zweimal über die gegnerische Linie drücken. Damit ist Eugénie Le Sommer zusammen mit Marie-Laure Delie zur WM-Rekordtorschützin Frankreichs aufgestiegen. "Es würde mich schon ein wenig stolz machen, ihre Quote zu übertreffen. Auch wenn es nicht mein Hauptaugenmerk ist, macht es schon Spaß, Rekorde zu brechen." Mit 76 Toren in 163 Länderspielen hat sie schon eine weitere Bestmarke im Blick: die von Marinette Pichon, mit 81 Toren aktuell noch Rekordtorschützin der Bleues.

Erin: Auch wenn sie bei der WM 2019 in Frankreich bei noch keinem Spiel in der Anfangsformation stand, dürfte Mallory Pugh, aufstrebender Stürmerstar der Stars and Stripes, die Alarmglocken der französischen Équipe schrillen lassen. Denn in den letzten beiden Begegnungen der beiden Teams, die aus amerikanischer Sicht 1:1 und 1:3 endeten, zeichnete sich Pugh jeweils als einzige Torschützin für ihr Land aus.

4 – Die Bank

Emma: Das Ziel für Corinne Diacre lautet, bis ins Finale zu kommen. Die französische Auswahltrainerin hat nicht vor, dieses Ziel vorzeitig aus den Augen zu verlieren: "Man kann uns nicht vorwerfen, ambitioniert zu sein", gab sie während der Pressekonferenz zu Protokoll. Anschließend räumte sie ein, dass sie die Amerikanerinnen seit mehr als sechs Monaten beobachtet. "Sie haben einige Schwächen, wie jedes andere Team auch." In taktischer Hinsicht blieb sie zurückhaltend, gestand aber zumindest ein, dass ihre Ansprache vor dem Spiel sehr einfach werden wird: "Vor diesem Spiel muss ich niemanden extra motivieren. Die Spielerinnen sind absolut heiß auf die Begegnung. Wenn es etwas gibt, auf das ich nicht weiter eingehen muss, dann die Motivation. Die Spielerinnen sind bereit. Ein Spiel gegen die USA, das ist eine Riesensache."

Erin: Jill Ellis wird ihre Taktik in dieser Phase des Turniers wahrscheinlich nicht ändern. Die USA glauben fest daran, dass der Fokus auf dem eigenen Spiel liegen muss. Das ist für sie das Einzige, was zählt. Wenn sie diese Maßgabe gut umsetzen, ist das Wichtigste geschafft. Das Team wird also auch gegen Frankreich auf Angriff spielen.

5 – Die jüngsten Aufeinandertreffen

Emma: Die Bleues haben von den bisher 24 Partien gegen die USA nur vier gewonnen. Jedoch sind sie seit drei Spielen gegen die Stars and Stripes ungeschlagen. Im Januar konnte Frankreich mit 3:1 gewinnen, Kadidiatou Diani schnürte damals einen Doppelpack. Beim Freundschaftsspiel im Vorjahr trafen Le Sommer und Pugh beim 1:1-Unentschieden. Am letzten Spieltag des SheBelieves Cup 2017 siegte Frankreich nach zwei Treffern von Camille Abily und einem Tor von Le Sommer sogar mit 3:0 und konnte sich erstmals den Titel dieses Wettbewerbs sichern.

Erin: Vielleicht sprechen die jüngsten Ergebnisse zwischen beiden Teams nicht unbedingt für die Stars and Stripes, doch meiner Meinung nach wird das die Amerikanerinnen erst recht motivieren! Wir sind bei der Weltmeisterschaft und es geht gegen den Gastgeber – ein Team, gegen das man seit drei Spielen sieglos ist. Was will man mehr?! Die USA wollen sich diese große Chance auf keinen Fall entgehen lassen.

Eugénie Le Sommer (FRA) vs Mallory Pugh (USA)

Tickets

Fans, die die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2019™ vor Ort in Frankreich erleben möchten, können für die verbleibenden Spiele die noch erhältlichen Tickets online unter de.fifa.com/tickets erwerben, ebenso wie bei den Ticket-Verkaufsstellen direkt an den Stadien.