Donnerstag 23 Februar 2012, 08:36

Solo: "Ich begrüße die harten Zeiten"

Als Hope Solo am 17. Juli des letzten Jahres in Frankfurt das Podium bestieg, um ihre individuellen Preise entgegenzunehmen, mit denen sie für ihre Leistungen bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ ausgezeichnet wurde, konnte sie ihre Tränen nur schwer zurückhalten.

Auf der einen Seite war die U.S.-Amerikanerin mit dem Goldenen Handschuh von adidas als beste Torhüterin des Wettbewerbs und dem Bronzenen Ball als drittbeste Spielerin des Turniers ausgezeichnet worden. Auf der anderen Seite hatte sie mit ihrem Team das WM-Finale verloren. Für die Weltklasse-Torhüterin war ein großer Traum geplatzt.

Sieben Monate später hat die 30-Jährige ihr strahlendes Lächeln zurückgefunden und blickt voller Kampfgeist und Enthusiasmus auf das Jahr 2012. Die schmerzliche Niederlage? Abgehakt!

Allen Rückschlägen zum Trotz Seit 2005 trägt Solo das Trikot der U.S.-amerikanischen Frauen-Nationalmannschaft und musste schon vor der Niederlage gegen Japan so manchen Rückschlag hinnehmen. Bei der Frauen-WM 2007 wurde sie vor der Halbfinalpartie gegen Brasilien auf die Ersatzbank verbannt und erst von Pia Sundhage Anfang 2008 in den Kader zurückberufen. 2010 musste sie sich einer schweren Schulteroperation unterziehen, es folgten neun Monate Reha.

"Ich habe in meinem persönlichen und meinem Familienleben sehr viel durchgemacht. Dies hat mir ermöglicht, zu kämpfen und mich immer wieder anzutreiben, das Beste aus mir herauszuholen. Es ist eine Art meiner Persönlichkeit. Ich denke, dass ich viele Dinge überwunden und am Ende von ihnen gelernt habe. Es hat mich zu einer stärkeren Person gemacht: persönlich und beruflich. Um ehrlich zu sein, ich begrüße die harte Zeiten. Ich fürchte sie nicht, ich stelle mich ihnen erhobenen Hauptes und werde am Ende besser“, so Solo im Exklusiv-Gespräch mit FIFA.com über ihre mentale Stärke.

Weniger Schmerzen Wenn man an ihre grandiosen Leistungen bei der WM denkt, ist es kaum zu glauben, dass Solo im Sommer 2011 noch mit den Auswirkungen ihrer Schulteroperation zu kämpfen hatte.

"Bei der WM hatte ich auf dem Feld eigentlich nichts zu suchen. Ich hatte Schmerzen und nahm Medikamente, die mir von Tag zu Tag durch das Training halfen. Unser Traingscamp im vergangenen Dezember war sehr interessant für mich. 15 Monate nach meiner Operation habe ich mit der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele begonnen. Ich lerne, meine Schulter auf eine andere Weise zu nutzen. Keine Medikamente mehr, weniger Schmerzen. Meine Bewegungen sind anders. Für mich ist es, als würde ich meinen Körper neu kennenlernen, in der Hoffnung, bei den Olympischen Spiele in einer besseren Verfassung zu sein als bei der WM",  gibt sich die 30-Jährige selbstkritisch.

Neues System, alte Stärke Dass Solo auf einem guten Weg ist, stellte sie eindrucksvoll in der Qualifikation für das Olympische Fussballturnier der Frauen in London 2012 unter Beweis. Mit 31:0-Toren belegten die U.S.-Damen bei dem Qualifikationsturnier im kanadischen Vancouver in der Gruppe B unangefochten den ersten Platz. Und auch im Halbfinale gegen Mexiko und im Finale gegen Kanada hielt die Ausnahmetorfrau ihren Kasten sauber.

Trotz dieser beeindruckenden Leistungen des U.S.-amerikanischen Teams ist Solo jedoch der Meinung, dass man noch einen weiten Weg vor sich hat und längst noch nicht dort ist, wo man sein muss.

"Unser neues System ist sehr offensiv ausgerichtet, aber wir haben Löcher in der Defensive. Das konnte man bei der WM im Sommer sehen. Um es bei den Olympischen Spielen wirklich bis ins Finale zu schaffen, müssen wir uns auf das besinnen, wofür wir schon immer bekannt waren: unser Abwehrverhalten. Wir haben unseren Angriff verstärkt, aber wir müssen eines der weltbesten Teams im Bereich Verteidigung bleiben", fasst sie energisch zusammen und macht mit ihrer Aussage deutlich, dass sie zu Recht eine Führungsrolle innerhalb der Mannschaft inne hat.

Echte Führungspersönlichkeiten "Ich bin seit geraumer Zeit in diesem Team, bin mit ihm durch Höhen und Tiefen gegangen. Es gibt viele verschiedene Persönlichkeiten in dieser Mannschaft und wir haben gemeinsam viel durchgemacht, wenn man sich an die WM 2007 erinnert. Es war eine Katastrophe für unser Team, aber am Ende kam Pia Sundhage und gab uns wirklich eine Chance, jede Persönlichkeit wahrzunehmen. Es gibt verschiedene Leader in unserer Mannschaft. Abby Wambach ist eine von ihnen, Christie Rampone und meine Person. Unsere Dynamik stimmt", definiert Solo ihre Rolle innerhalb des Teams.

Die besten Voraussetzungen, um der weiblichen Seite des Sports noch länger treu zu bleiben. Schicksalsschläge, Karriereknicks und Verletzungen? Die schillernde Torhüterin hat bisher noch nie aufgegeben und wird auch weiterhin alles daran setzten, sich ihren großen Traum zu erfüllen. "Ich habe immer gesagt, dass ich die olympische Goldmedaille und den WM-Pokal gewinnen möchte. Der Weltmeister-Titel fehlt mir noch. Ich habe immer vorgehabt, eine weitere Weltmeisterschaft zu spielen", antwortet sie auf die Frage, wie lange sie sich noch auf internationalem Niveau spielen sieht.

Doch bevor 2015 in Kanada die siebte FIFA Frauen-Weltmeisterschaft angepfiffen wird, steht in diesem Jahr ein ganz besonderer Fussball-Leckerbissen auf dem Programm. Das Olympische Fussball-Turnier in London. Und die Marschroute, die Solo vorgibt ist eindeutig. "2012 dreht sich alles darum, eine Medaille zu gewinnen. Nicht irgendeine Medaille, die Goldmedaille!"