Sie nennen ihn 'Der Eismann'. Victor Lindelöf ist immer noch nicht sicher, woher sein Spitzname eigentlich kommt. Liegt es daran, dass er aus Vasteras am oft zugefrorenen Malaren-See stammt, fragt er sich? Oder vielleicht an seinem stets ruhigen Auftreten? Oder vielleicht, weil er "im Eishockey besser als im Fussball" war und beinahe eine Profikarriere mit dem Puck eingeschlagen hätte?

Die Schweden sind jedenfalls froh, dass er seine Karriere auf dem Rasen und nicht auf dem Eis stattfindet. Lindelöf spielte fehlerfrei, als die Blågult Italien im Playoff-Duell um einen Platz bei der letzten WM mit 1:0 im Gesamtresultat besiegten. In Russland blieb Schweden in drei von vier Spielen ohne Gegentor und bei der UEFA EURO 2020 in zwei von vier Spielen – nicht zuletzt dank der soliden Leistungen des Abwehrchefs. Am vergangenen Donnerstag war der 27-jährige Innenverteidiger von Manchester United der Fels in der Brandung, als Schweden sich mit 1:0 gegen die Tschechische Republik durchsetzte und damit ins Playoff-Finale gegen Polen um ein Ticket für Katar 2022 einzog.

Der schwedische Kapitän sprach mit der FIFA über das bevorstehende Duell, Robert Lewandowski, seine seltene Fähigkeit, abseits des Platzes vollständig vom Fussball abzuschalten, und den Einfluss von Zlatan Ibrahimovic.

FIFA: Victor, als Youngster mussten Sie sich zwischen einer Karriere im Eishockey oder im Fussball entscheiden… Victor Lindelöf: Als ich jung war, habe ich eine viele verschiedene Sportarten ausprobiert, aber am Ende bin ich bei Eishockey und Fussball geblieben. Ich war ziemlich gut im Eishockey, sogar ein bisschen besser als im Fussball. Als ich 14 oder 15 war, musste ich mich für eine der beiden Sportarten entscheiden, und ich entschied mich für Fussball. Das war alles andere als eine leichte Entscheidung. Denn Eishockey macht mir sehr viel Spaß. Ich vermisse es immer noch. Aber ich bin froh, dass es so gekommen ist.

Was für ein Gefühl war es, Italien auszuschalten und sich für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren, und wie war der Jubel danach? Es war einfach fantastisch. Es war ein tolles Gefühl für mich und die ganze Mannschaft. Eine Mannschaft wie Italien zu schlagen, und das über zwei Spiele hinweg, das war schon etwas sehr Spezielles. Wir alle waren sehr, sehr glücklich in der Umkleidekabine, und die Jubelfeiern gingen im Hotel weiter. Wir hatten ein tolles Abendessen und den ein oder anderen Drink. Es war ein Abend, den keiner von uns jemals vergessen wird.

Schweden gewann bei der FIFA Fussball-WM Russland 2018™ die schwere Gruppe mit Titelverteidiger Deutschland und stieß bis ins Viertelfinale vor. Was sagen Sie zum Turnierverlauf und zum Abschneiden Schwedens? Ich denke, wir haben recht gut gespielt. Wir hatten eine schwere Gruppe erwischt, aber wir haben uns durchgesetzt. Im Achtelfinale haben wir dann gegen die Schweiz gespielt. Die Schweizer haben eine gute Mannschaft, aber wir haben sie geschlagen. Das Viertelfinale haben wir dann verloren. Natürlich ist es enttäuschend, auszuscheiden, aber wir haben in diesem Viertelfinale unsere schlechteste Leistung bei der ganzen WM gezeigt und das hat es noch schlimmer gemacht. Trotzdem war ich sehr stolz auf die Jungs. Ich denke, wir haben insgesamt einen guten Job gemacht.

Was war es für ein Erlebnis, bei einer WM dabei zu sein? Das war eine fantastische Erfahrung. Es war schließlich meine erste Weltmeisterschaft. Davon hatte ich geträumt, so lange ich denken kann. Tatsächlich dabei zu sein, war natürlich eine ganz andere Sache. Das war ein absolut fantastisches Gefühl. Mein Land bei einer Weltmeisterschaft zu vertreten, war ein wirklich sehr stolzer Moment.

Sie haben drei Einsätze in europäischen Playoffs für die WM absolviert und sind drei Mal ohne Gegentor geblieben. Mit ihren Leistungen in diesen Partien können Sie also sehr zufrieden sein, oder? Das ist immer unser Ziel, wenn wir in ein Spiel gehen: Wir wollen eine weiße Weste behalten. Wenn wir als Team gut zusammenarbeiten, sind wir sehr stark und schwer zu überwinden. Ich denke, das hat sich insbesondere in den wichtigen Playoff-Spielen gezeigt. Und genau das wollen wir auch gegen Polen schaffen. Wir haben fantastische Spieler im Angriff, die immer für ein Tor gut sind. Wenn wir also ohne Gegentreffer bleiben, sieht es gut aus für uns.

Was ist Ihnen von Schwedens mitreißendem Sieg gegen Polen bei der UEFA EURO im vergangenen Jahr in Erinnerung geblieben? Es war ein schweres Spiel. Polen hat tolle Spieler und spielt guten Fussball. Es war ein toller Sieg für uns, aber es war ein sehr hartes Spiel. Lewandowskis erstes Tor war fantastisch. Beim zweiten sah unsere Abwehr nicht unbedingt gut aus. Aber das Wichtigste war, dass wir das Spiel gewonnen haben.

Was sagen Sie zu Robert Lewandowski? Was soll ich sagen? Er ist ein fantastischer Spieler. Er spielt jetzt schon seit einigen Jahren auf höchstem Niveau. Die Anzahl seiner Tore und die Chancen, die er sich erarbeitet, machen ihn zu einem absoluten Spitzenspieler. Ich empfinde großen Respekt und Bewunderung für ihn. Es wird ein echt harter Kampf werden, aber das sind die Herausforderungen, auf die man sich am meisten freut. Es wird Spaß machen.

Und wo wir gerade bei großen Stürmern sind: Zlatan Ibrahimovic steht für das Spiel zur Verfügung. Wie viel bedeutet er für Schweden? Er ist der größte Spieler in der schwedischen Fussballgeschichte. Er bedeutet sehr viel für den schwedischen Fussball und auch für die Öffentlichkeit. Er spielt seit vielen Jahren auf höchstem Niveau, und es ist einfach bemerkenswert, wie er in seinem Alter immer noch solche Leistungen bringen kann. Ich habe großen Respekt davor, wie gut er sich um seinen Körper kümmert, und auch um das Mentale. Er ist ein bemerkenswerter Sportler mit einer großartigen Mentalität.

Wie ist er abseits des Spielfelds? Er ist absolut fantastisch. Er spricht mit vielen der Jungs, gibt ihnen Ratschläge. Er verbreitet eine großartige Energie im Hotel und in der Umkleidekabine. Noch mehr kann man sich von einem so fantastischen Spieler wie Zlatan nicht wünschen. Und er hat eine starke Persönlichkeit, und das ist gut für die Mannschaft.

Sie sind als ein sehr cooler Typ bekannt und es heißt, dass Sie total vom Fussball abschalten können, wenn Sie nicht auf dem Spielfeld sind. Ist das bei einem Spiel mit dieser Bedeutung auch noch der Fall? Ja. Für mich ist das sehr wichtig. Wenn ich in ein Spiel gehe, bin ich natürlich total fokussiert. Aber danach bin ich in der Lage, das Spiel zu vergessen und nicht mehr sehr viel darüber nachzudenken. Das hat bei mir immer sehr gut funktioniert, und so ist es auch bei dem Spiel gegen Polen. Wenn es so weit ist, bin ich bereit für das Spiel, aber im Moment entspanne ich mich einfach und lasse es ruhig angehen.

Zum Abschluss noch: Wie zuversichtlich sind Sie, dass Schweden bei Katar 2022 dabei sein wird? Ich habe großes Vertrauen in meine Mannschaft und in alle Spieler. Polen ist eine gute Mannschaft mit großartigen Spielern, es wird also ein sehr schweres Spiel für uns. Aber wenn wir uns an unseren Plan halten und auf unserem besten Niveau spielen, dann haben wir gute Chancen, uns zu qualifizieren.