Montag 16 Oktober 2017, 05:30

Für die Schiedsrichterinnen hat die Zukunft jetzt begonnen

  • Erstmals seit 16 Jahren leitet eine Frau ein FIFA-Spiel der Männer

  • Sieben Schiedsrichterin in Indien im Einsatz

  • "Auf die Leistung kommt es an"

Wer das enorm unterhaltsame Spiel zwischen Japan und Neukaledonien bei der FIFA U-17-Weltmeisterschaft Indien 2017 verfolgt hat, erinnert sich wahrscheinlich nicht mehr daran, wer diese Partie geleitet hat. Und genau so gefällt ihr das auch.

Die Unparteiische war Esther Staubli, eine Lehrerin aus der Schweiz, die in Schiedsrichterkreisen als aufstrebender Star gilt. Neben Neukaledonien, das mit dem 1:1-Unentschieden seinen ersten Punkt bei einem FIFA-Wettbewerb holte, schrieb auch Staubli ein Kapitel Fussballgeschichte.

Zwar hatte schon einmal eine Frau ein Spiel bei einer FIFA U-17-Weltmeisterschaft geleitet, doch das war 16 Jahre her. Die Koreanerin Im Eun Ju pfiff ein Spiel des Turniers 2001 in Trinidad und Tobago. Staubli hat bereits bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Kanada 2015 mehrere Partien geleitet. Für sie war die Nominierung für ein Spiel bei den Männern nun ein weiterer Schritt auf einem langen Weg, ebenso wie für die Schiedsrichterabteilung der FIFA, die seit einiger Zeit daran arbeitet, Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter in denselben Strukturen auszubilden.

Das Projekt der gemeinsamen Vorbereitung wurde 2016 im Rahmen des Bestrebens der FIFA-Schiedsrichterkommission und der Administratoren und Instruktoren in der Abteilung begonnen, die Qualität der Spielleitung bei FIFA-Veranstaltungen ständig zu verbessern.

Die Nominierung von Staubli und die Berücksichtigung sechs weiterer Schiedsrichterinnen in Indien, die als vierte Offizielle zum Einsatz kamen, stellt einen neuen Höhepunkt bei diesem Bestreben dar. Die Schiedsrichterinnen kommen aus allen Konföderationen: Ri Hyang Ok (PRK), Gladys Lengwe (ZAM), Carol Anne Chenard (CAN), Claudia Umpierrez (URU), Anna-Marie Keighley (NZL) und Kateryna Monzul (UKR).

Zitate*Esther Staubli (FIFA-Schiedsrichterin) *"Für mich war das ein Spiel wie jedes andere. Vielleicht kommen ja später noch Emotionen hoch, wenn mir klar wird, dass das durchaus etwas Besonderes war. Aber ich habe mich ganz normal vorbereitet und versucht, mein Bestes zu geben. Ich habe mich gefreut, dass meine Leistung als Schiedsrichterin Anklang fand und dass ich als ganz normaler Schiedsrichter gesehen wurde. Es macht ja eigentlich keinen großen Unterschied, ob der Schiedsrichter weiblich oder männlich ist. Auf die Leistung kommt es an."

Dominique Wacalie (Trainer, Neukaledonien): " hat ihre Sache sehr gut gemacht. Wir haben nichts zu kritisieren. Ich denke, dass das für den Fussball im Allgemeinen sehr gut ist. Sie hat den Teams geholfen, gut zu spielen. Alle Spieler haben sie respektiert. Was das angeht, gab es keinen Unterschied zu einem Mann. Ich hoffe, dass dies nicht das letzte Mal ist, dass wir so etwas sehen."

Yoshiro Moriyama (Trainer, Japan) "Ehrlich gesagt kann ich mich gar nicht an Leistung erinnern. Und das ist ja auf jeden Fall ein gutes Zeichen."

Kateryna Monzul (FIFA-Schiedsrichterin): "Das ist ein wirklich großer Schritt für alle Frauen auf der ganzen Welt. Ich fühle mich glücklich und schätze es sehr, mit dieser Erfahrung in mein Land zurückzukehren. Das gibt uns neue Ziele und Maßstäbe."

Gladys Lengwe (FIFA-Schiedsrichterin): "Es war eine großartige Erfahrung und eine große Ehre, mit so vielen großartigen Schiedsrichtern zusammen zu sein. Ich habe in den Spielen viel gelernt."

Anna-Marie Keighley (FIFA-Schiedsrichterin): "Es war eine wunderbare Gelegenheit, sich in Vorbereitung auf die Frauen-WM Frankreich 2019 weiterzuentwickeln und mit den Männern hier zu sein, sie zu unterstützen und weiter zu lernen."

Carol Anne Chenard (FIFA-Schiedsrichterin): "Das war wirklich eine fantastische Erfahrung für uns hier in Indien. Es ist der nächste Schritt in unserer Entwicklung als Schiedsrichterinnen. Eine großartige Gelegenheit, mit neuen Spielleitern zusammenzuarbeiten und voneinander zu lernen. Die Männer haben uns voll und ganz akzeptiert. Wir haben uns uneingeschränkt als Teil des Teams gefühlt."

Claudia Umpierrez (FIFA-Schiedsrichterin): "Dieses Turnier war eine unvergessene Erfahrung, vor allem im Hinblick auf die Vorbereitung für Frankreich 2019. Wir konnten mit den Männern trainieren, was sicherlich in allen Bereichen sehr bereichernd war."

Kari Seitz (leitende Managerin in der FIFA-Abteilung für Schiedsrichterwesen): "Der Erfolg dieser Frauen ist nicht nur ein Beweis für ihre harte Arbeit und ihr Engagement, sondern auch für das, was möglich ist, wenn Frauen, die über die besten Schiedsrichterqualitäten verfügen, die Möglichkeit erhalten, dies auch zu zeigen. Ich bin unglaublich stolz auf sie. Ich hoffe sehr, dass wir durch die Ernennung von Schiedsrichterinnen für diesen wichtigen Wettbewerb andere Schiedsrichterinnen inspirieren und motivieren können. Ein Tor wurde aufgestoßen und wir sind entschlossen, weiter für die Zukunft zu arbeiten. Und in dieser Zukunft werden wir nicht mehr von männlichen und weiblichen Unparteiischen sprechen, sondern eben nur noch von Unparteiischen."