Montag 17 Juli 2023, 14:00

María Laura Fortunato: Die Schiedsrichterin, die ihren Job liebt

  • Die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Australien & Neuseeland 2023™ wird das zweite WM-Turnier in ihrer Karriere

  • Die Argentinierin erklärt, warum sie das Schiedsrichterwesen liebt, und was sich seit Frankreich 2019 verändert hat

  • "Nach meiner Familie ist die Arbeit als Schiedsrichterin die wichtigste Sache", sagt sie gegenüber FIFA.com

Falls sie nervös oder aufgeregt sein sollte, lässt sich María Laura Fortunato dies jedenfalls nicht anmerken. Vor ihrer zweiten FIFA Frauen-Weltmeisterschaft nach Frankreich 2019 ist die Argentinierin mit ihren Worten so klar wie mit der Pfeife. "Ich bin körperlich, technisch und psychologisch viel besser vorbereitet. Ich denke, das ist die Grundlage für diese Weltmeisterschaft", so die 38-Jährige im Gespräch mit FIFA.com.

Und natürlich will sie das Turnier geniessen. Nicht nur aufgrund all der harten Arbeit, die sie auf ihrem Weg dorthin investiert hat, sondern aus einem anderen, einfacheren Grund: "Schiedsrichterin zu sein, ist mein Leben. Ich lebe Fussball, ich lebe das Schiedsrichterwesen… Nach meiner Familie ist dies die wichtigste Sache", fügt sie hinzu.

Was hatte Fortunatos Familie mit ihren ersten Schritten im Fussball zu tun? "Wenig bis gar nichts. Ich habe immer gerne Fussball gespielt, aber ich war auf mich alleine gestellt, denn zu Hause gab es ausser mir keine Fussballfans", gesteht sie mit einem Lächeln.

"Als ich sehr jung war, habe ich mit Freunden auf der Strasse oder im Park gespielt, aber es gab damals nur sehr wenige Vereine mit einer Frauenfussballabteilung. Als es dann einen Klub gab, habe ich dort einige Jahre lang gespielt, aber dann bin ich zum Futsal gewechselt, bis ich als Schiedsrichterin angefangen und ich mich in diesen Job verliebt habe", sagt die in Buenos Aires geborene Fortunato, die seit 2010 internationale FIFA-Schiedsrichterin ist.

Ihre Liebe ist dabei so gross, dass sie sich nicht daran erinnern kann, wann sie das letzte Mal ein Fussballspiel als Fan genossen hat. "Ich verfolge alle Partien aus der Sicht einer Schiedsrichterin, ich kann mich nur ganz selten von meiner beruflichen Perspektive trennen. Vielleicht bei einem Spiel der Nationalmannschaft, aber sobald es dort eine Schiedsrichterentscheidung gibt, konzentriere ich mich darauf, was die Unparteiischen möglicherweise gesehen oder gedacht haben, wo sie standen, wie sie die Entscheidung getroffen haben. Und ich achte dabei auf das Positive und das weniger Positive, um weiter zu lernen.”

Es macht Fortunato auch nichts aus, dass sie ab und zu eine Regelfrage von Freunden oder Journalisten beantworten muss. ”Das ist eine gute Sache, denn es geht dann immer um knifflige Situationen, die mich selbst zum Grübeln bringen und mir dabei helfen, darüber nachzudenken, wie ich reagiert hätte. Aber natürlich suche ich immer nach dem Positiven in der Situation, um alle Zweifel zu beseitigen!"

FIFA Women's World Cup France 2019 - Technology & Innovation - 06-Nov, 2019

In diesem Zusammenhang blickt sie auf alle von ihr geleiteten Spiele zurück, darunter auch der 13:0-Sieg der USA über Thailand bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2019 in Frankreich. "Ich habe mir das Spiel mehrmals angesehen und dabei nach richtigen und falschen Entscheidungen gesucht. Ich bin sehr selbstkritisch. Nicht, um mich selbst zu geisseln, sondern um weiter zu lernen. Manche Kritik von aussen ist sehr schmerzhaft, aber Selbstkritik ist entscheidend, um sich zu verbessern", erklärt Fortunato, die bei dem Turnier vor vier Jahren in drei Spielen auch als vierte Offizielle zum Einsatz kam.

Bis dahin gehörten zwei FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaften (2016 und 2018), drei Copa Américas (2014, 2018 und 2022) und zwei Algarve Cups (2017 und 2018) zu den Meilensteinen ihrer Karriere. Nach der WM 2019 durfte sie den ersten weiblichen Superclásico der professionellen Ära in Argentinien pfeifen, den Boca Juniors mit 5:0 gegen River Plate gewann.

"Dieses Spiel im Stadion von Boca zu pfeifen, war ein Moment voller Stolz und überwältigender Emotionen. Es war ein bedeutsamer Schritt für den Frauenfussball, aber auch für das Schiedsrichterwesen, denn von diesem Tag an erhielten Schiedsrichterinnen immer mehr Präsenz. Die Auswirkungen waren für alle vorteilhaft", erinnert sie sich.

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In der Folgezeit pfiff Fortunato auch beim Olympischen Fussballturnier Tokio 2020. Welche Herausforderungen warten nach der Frauen-Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland auf sie? "Die nächsten Aufgaben werden Schritt für Schritt kommen. Ich setze mir kurzfristige Ziele, die ich nach und nach verfolge. Zunächst einmal steht die Weltmeisterschaft an, auf der mein voller Fokus liegt."

Nach drei von der FIFA organisierten Seminaren für alle Schiedsrichter, die am WM-Turnier teilnehmen, hat sich Fortunato mit Mariana de Almeida und Daiana Milone, den beiden argentinischen Schiedsrichterassistentinnen, die ebenfalls bei der Weltmeisterschaft zum Einsatz kommen, vorbereitet.

"Wir sprechen die ganze Zeit über Fussball, nicht nur während des Trainings. Die Kommunikation zwischen uns ist entscheidend, Schlagworte zu haben und Situationen zu identifizieren, die uns die Entscheidungsfindung einfacher machen. Es hilft sehr, sich gegenseitig so gut zu kennen", betont Fortunato.

Während der Anstoss der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023 immer näher rückt, empfindet Fortunato eine Mischung aus Vorfreude und Stolz. "Jeder Unparteiische würde gerne dabei sein, es ist ein Privileg. Wir müssen respektieren, wo wir stehen, Tag für Tag dazulernen und uns stetig verbessern, um bei der Weltmeisterschaft 100 oder 200 Prozent zu geben."