Dienstag 29 November 2022, 16:30

Enrique Macaya Márquez ist zum 17. Mal in Folge bei einer WM-Endrunde

  • Der argentinische Journalist hat von jeder WM seit 1958 berichtet

  • Enrique Macaya Márquez stellt neuen Rekord auf

  • Er kommentierte das Eröffnungsspiel an seinem 88. Geburtstag

Enrique Macaya Márquez erinnert sich noch gut an seine erste FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™. Das Flugzeug musste so viele Tankstopps einlegen, dass er sich nicht an all die Orte erinnern kann. Dann kam noch eine Zugfahrt, gefolgt von einer Busfahrt und einer Fähre, bis er endlich an seinem Ziel ankam. Das war 1958, als er den langen Weg von seinem Heimatland Argentinien nach Schweden zurücklegte. Seitdem war Enrique bei jeder WM-Endrunde dabei und berichtet somit nun zum 17. Mal von einem Weltturnier. Das ist ein neuer Rekord in der Zunft der Journalisten. Am Eröffnungstag der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ feierte er seinen 88. Geburtstag, und natürlich kommentierte er das Spiel für den argentinischen Radiosender D Sports. "Man braucht viel Wissen, und man muss in der Lage sein, dieses Wissen zu vermitteln. Man muss mit der Technik umgehen können, man muss den Fussball gut kennen und die Spiele richtig interpretieren", verriet er FIFA.com sein Erfolgsrezept. "Das alles ist nicht leicht und man muss ständig weiter lernen, mit anderen Menschen sprechen und von ihnen lernen. Nur so wird man besser."

AIPS / FIFA Journalist on the Podium ceremony  - FIFA World Cup Qatar 2022

Enrique wuchs im gleichen Stadtviertel auf wie der legendäre Alfredo Di Stefano und kickte in seiner Kindheit mit dem späteren legendären Spieler von Real Madrid, Argentinien und Spanien. Im Alter von 15 Jahren begann er bei einem Radiosender zu arbeiten und machte keinen Hehl aus seiner Liebe zum Fussball. Eines Nachmittags hatte er Glück, als der reguläre Kommentator nicht verfügbar war und man ihn bat, einzuspringen. Das war der Anfang einer unvergleichlichen Karriere. Als er 23 war, wurde er zur WM 1958 nach Schweden geschickt. Er erzählt, dass eine Reise nach Europa in jener Zeit kein leichtes Unterfangen war. "Wir flogen mit einer DC-7. Das Flugzeug musste immer wieder zum Auftanken landen. Es gab so viele Tankstopps, dass ich mich nicht an alle erinnern kann. Und dann mussten wir ein Hotel finden. Es war ein Wunder, dass letztlich alles glatt ging", findet er noch heute. Die Übertragungstechnologie war mit der heutigen nicht zu vergleichen. "Wir waren an eine Telefonzentrale angeschlossen, über die unsere Reportagen nach Argentinien übertragen wurden. Es war ein Wunder, dass das tatsächlich funktionierte." Als dann die Spiele begannen, gab es ein böses Erwachen. Argentinien war erstmals seit 1934 wieder bei einer WM dabei. An den Turnieren 1938, 1950 und 1954 hatten die Argentinier nicht teilgenommen. Ihre Vormachtstellung bei der Copa América hatte indes hohe Erwartungen für die WM geweckt.

Portugal v Uruguay: Group H - FIFA World Cup Qatar 2022

"Wir dachten, wir wären die besten der Welt, auch im Fussball. Argentinien hatte aus politischen Gründen an mehreren WM-Endrunden nicht teilgenommen", erzählt er. "Doch die Illusion zerplatzte sehr schnell. Die Tschechoslowakei schenkte uns mal eben sechs Tore ein. Ich konnte es kaum glauben, es war absolut unerklärlich. Wie konnten wir sechs Tore gegen ein Team kassieren, von dem wir noch nie etwas gehört hatten? Ich konnte damit nicht umgehen und habe wieder angefangen zu rauchen, drei Jahre nachdem ich aufgehört hatte! Das war eine harte Lektion." Enrique hat zwei Mal miterlebt, wie Argentinien den Titel gewann, nämlich 1978 und 1986. Und er erlebte die Karriere von Diego Maradona aus der Nähe mit, von seinem ersten Länderspieltor für Argentinien in einem Freundschaftsspiel gegen Schottland, 1979 in Glasgow. Er genoss auch die Auftritte des legendären brasilianischen Teams 1970. Seine persönliche Lieblingsmannschaft allerdings war das niederländische Team, das bei der WM 1974 den "totalen Fussball" zelebrierte, auch wenn Oranje den Titel damals nicht gewann. "Sie haben den Ball wirklich gut laufen lassen. Ich bewunderte das technische Können, die ständige Bewegung, die körperliche Fitness der Spieler. Sie waren ein großartiger Vertreter des "totalen Fußballs" - Spieler mit enormer Klasse.

AIPS / FIFA Journalist on the Podium ceremony  - FIFA World Cup Qatar 2022

In Fussballkreisen bezeichnet man jemanden mit einer Karriere wie ihn gern als Nomaden. Denn Enrique hat für ein gutes halbes Dutzend Radiosender gearbeitet, darunter Colonia, Belgrano, Provincia, Rivadavia, Mitre, La Red und Del Plata. Seine größte Bekanntschaft erreichte er dann als TV-Kommentator und Moderator der Sendung Fútbol de Primero in den 1990er Jahren. Zudem schrieb er Kolumnen für die Zeitungen Clarín und La Nacion. In seiner gesamten Karriere hat er klargemacht, dass "meine Leidenschaft der Fußball und nicht der Journalismus ist" und dass er immer noch das Radio dem Fernsehen vorzieht. "Ich wurde zwar erst durch das Fernsehen überall bekannt, aber viele Leute wissen gar nicht, dass ich schon als 15-Jähriger beim Radio angefangen habe", sagt er. Er hat keine Angst vor der Technologie und gehört auch nicht zu denjenigen Kommentatoren, die zur Vorbereitung auf ein Spiel stundenlang Statistiken und Berichte studieren. Auf die Frage, was er selbst tue, um sich auf ein Spiel vorzubereiten, antwortet er: "Überhaupt nichts." Bei einem Vollblutjournalisten wie Enrique kommt eben alles wie von selbst.