Freitag 02 November 2018, 07:41

Voss-Tecklenburg: "In der Schweiz hat sich schon etwas positiv verändert"

  • Im Playoff-Finale verlor die Schweiz gegen die Niederlande

  • Für Martina Voss-Tecklenburg waren es die letzten zwei Spiele als Trainerin der Schweiz

  • Nach der WM-Qualifikation übernimmt sie die DFB-Frauen

Das Playoff-Finale zwischen der Schweiz und den Niederlanden um das letzte Europa-Ticket für die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2019 war ein finaler Showdown. Nicht nur für die beiden Teams, sondern auch für Martina Voss-Tecklenburg. Am 9. und 13. November nahm sie zum letzten Mal auf der Trainerbank der Schweizer Frauennationalmannschaft Platz. im Anschluss wechselt sie zum Deutschen Fussball-Bund (DFB).

Im Februar 2012 übernahm die 125-fache deutsche Nationalspielerin das Amt der Schweizer Nationaltrainerin und führte das Team zur erstmaligen Teilnahme an einer Frauen-WM (Kanada 2015) und UEFA Frauen-EM (Niederlande 2017) sowie zum ersten internationalen Titel (Zypern-Cup 2017).

FIFA.com sprach exklusiv mit Voss-Tecklenburg über ihre Zeit in der Schweiz und ihre neue Aufgabe.

Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus Ihren über sechs Jahren als Trainerin der Schweiz? Ganz viele. Ich bin erstmalig Nationaltrainerin in einem Verband geworden. Ich bin erstmalig mit dem Team und dem Stab gewachsen und dahin gekommen, zwei große Turniere zu spielen. Das hat mich als Trainerin weiterentwickelt und geprägt. Ich durfte Erfahrungen machen, die ich sonst als Vereinstrainerin nicht hätte machen können. Für meine persönliche Entwicklung ist das natürlich eminent wichtig. Ich bin sehr dankbar und fühle mich privilegiert, dass ich diese Chance hier in der Schweiz bekommen habe. Es bedeutet auch, dass ich jetzt eine Chance bekomme, die vielleicht eine kleine Dimension größer ist: Bundestrainerin im eigenen Land zu werden.

In der Schweiz hat sich schon etwas positiv verändert. Wir werden wahrgenommen und jeder weiß, dass es in der Schweiz ein Frauen-Nationalteam gibt, das erfolgreich ist und guten Fussball spielt. Es gibt Spielerinnen, die aus ihrer Komfortzone gegangen sind. Die den Mut hatten mit 17 oder 18 ins Ausland zu gehen, auf gewisse Dinge zu verzichten, finanzielle Einbußen hinzunehmen und auf die Karte Fussball zu setzen. Viele Klubs in Europa sind auf Schweizer Spielerinnen aufmerksam geworden. Luana Bühler, Francesca Calò, Alisha Lehmann, Marilena Widmer und Géraldine Reuteler sind jetzt im Sommer ins Ausland gewechselt. Diese Chance hätten sie nicht bekommen, wenn man nicht aufgrund unserer guten Arbeit auf die Schweiz schauen würde.

Was waren Ihre schönsten Momente in und mit der Schweiz? Sportlich ist die Teilnahme an der WM und EM schon am größten. Dieser Moment in dem wir uns damals wirklich für die WM qualifiziert haben weil Island und Dänemark Unentschieden gespielt haben, war schon wirklich emotional das Größte und echteste, was ich in meiner Zeit hier erlebt habe. Wir sind alle in Tränen ausgebrochen, waren fassungslos und sprachlos, weil es eine Dimension hatte, die einmalig und historisch war.

Am Ende wird für mich aus dieser Zeit sehr viel Freundschaft hängen bleiben. Ich werde ein Land zurücklassen, das ich schätzen und lieben gelernt habe. Ich werde nicht darüber nachdenken, ob ich ein Spiel gewonnen oder verloren habe, sondern darüber, welche Menschen ich kennengelernt habe. Ich habe großartige Persönlichkeiten kennengelernt und Freundschaften schließen dürfen. Ich hoffe, dass ich diese in der Zukunft behalte.

Worauf freuen Sie sich besonders bei Ihrer neuen Aufgabe als Trainerin der DFB-Elf? Ganz ehrlich? Ich habe noch überhaupt nicht den Raum gehabt, mich damit zu beschäftigen. Natürlich habe ich mir vor einem halben Jahr, als die Entscheidung anstand, persönlich die Frage gestellt, was es für mich persönlich bedeutet. Aber dadurch, dass noch soviel Parallelität da war und ich meinen Fokus, mein Herz und meine Sichtweise bis zum letzten Moment hier in der Schweiz haben werde, war dafür noch kein Platz.

Ich bin mir der großen Verantwortung bewusst und weiß, dass es eine herausragende Aufgabe sein wird. Ich freue mich auf das Kennenlernen vieler Spielerinnen. Viele kenne ich noch, aber da sind so viele neue, junge, spannende Spielerinnen, auf die ich mich freue. Ich freue mich darauf, die Leute, mit denen ich schon gearbeitet habe, neu kennenzulernen. Diese haben sich auch weiterentwickelt. Aber ich freue mich auch auf die anderen, neuen Menschen im DFB und im Umfeld, und dann gehen wir es Schritt für Schritt an.