Samstag 31 Juli 2021, 04:34

Rapinoe über Naeher: "Sie hat uns Schützinnen tonnenweise Selbstvertrauen gegeben"

  • Naeher avanciert im Viertelfinale gegen Niederlande zur Heldin des Spiels

  • Rapinoe gelöst und locker im Elfmeterschießen und danach

  • "Was soll schon passieren?"

Natürlich musste die Frage kommen. "War es das beste Spiel Ihrer Karriere?", wollte ein Journalist von Alyssa Naeher wissen. Sie war berechtigt. Die US-Torhüterin hatte kurz vor Ende der regulären Spielzeit beim Stande von 2:2 einen Strafstoß von Lieke Martens pariert und toppte das gut eine halbe Stunde später noch, als sie im Elfmeterschießen gegen Aniek Nouwen und Vivianne Miedema hielt.

Die Antwort auf die Frage überraschte allerdings ebenso nicht. "Das sollen andere entscheiden", sagte Naeher nur kurz und lächelte leicht verlegen. Vorgewarnt war man ja. "Sie redet halt nicht gerade viel", hatte Megan Rapinoe, die den entscheidenden Elfmeter für die USA versenkt hatte, kurz zuvor noch gesagt, bevor sie zu wahren Lobeshymen über ihre Schlussfrau ansetzte.

"Sie war das ganze Turnier schon überragend wichtig für uns. Sie hat auch zuvor schon einige unglaubliche Paraden hingelegt", sagte die Kalifornierin "Dass sie im regulären Spiel den Elfmeter schon hält, war gigantisch. Dann noch zwei Stück im Elfmeterschießen zu halten, hat unglaublich Druck von unseren Schützinnen genommen. Das hat uns tonnenweise Selbstvertrauen gegeben."

Wenn man zusah, wie entschlossen Rapinoe ihren Elfmeter zum 4:2 verwandelte, konnte man von Druck aber auch gar nichts sehen. Nur ein Resultat von Naehers Vorarbeit? "Ich versuche einfach ruhig zu bleiben. Ich sage mir: 'Hey, was ist das Schlimmste, das dir passieren kann? Ok, du könntest das ganze Ding vermasseln, die Olympischen Spiele für dein Land verlieren, aber sonst?'" Da hatte sie die Lacher mal wieder auf ihrer Seite.

FIFA COVERAGE - Netherlands v United States: Women's Football Quarterfinal - Olympics: Day 7

Dabei hatte die 36-Jährige, die nach rund einer Stunde eingewechselt worden war, auf dem linken Flügel für mächtig Betrieb gesorgt. "Das ist eine unserer Stärken, dass wir solch einen breiten Kader haben. Es ist ein hartes Turnier, harte Bedingungen." Und in der Tat wechselte US-Coach Vlatko Andonovski vier Mal aus – darunter die ganze Dreier-Offensivreihe. "Wir wissen, dass wir trotzdem spielen, auch wenn wir nicht in der Startelf stehen. In der Verlängerung waren wir näher dran."

Das mag stimmen – aber ohne Naehers erste Heldentat neun Minuten vor Schluss hätte es diese gar nicht erst gegeben. "Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich meinem Team dabei helfen will, die Goldmedaille zu gewinnen. Ich bin stolz, dass es mir heute gelungen ist, uns einen Schritt näher an dieses Ziel zu bringen", sagte Naeher, die erstmals bei Olympischen Spielen die Nummer eins der USA ist.

Wie aber hält man nun gleich drei Elfmeter in einem Spiel? "Ich versuche, instinktiv zu handeln, im Moment zu bleiben, mich auf den Ball zu konzentrieren, und ein paar Mal tief durchzuatmen, das Drumherum auszublenden. Ich konnte aber meine Mitspielerinnen hören, wie sie mich angefeuert haben, das hat mir Kraft gegeben", so die 33-jährige Schlussfrau weiter.

"Wenn man den ersten Schuss im Elfmeterschießen hält, gibt man den Ton vor." Dass dieser dann ausgerechnet von jener Vivianne Miedema kam, die mit zehn Treffern bei diesem Turnier kaum zu bändigen war und Naeher im regulären Spiel zwei Mal überwand, mag bei den Spielerinnen in Oranje vielleicht noch einmal den Eindruck verstärkt haben, dass es nichts werden würde, mit einem Sieg an diesem Abend im imposanten Rund von Yokohama.

"Ich hatte großes Vertrauen in unsere fünf Schützinnen, daher wollte ich unbedingt einen halten. Dann konnte ich sogar zwei parieren", fügte die Torhüterin der Chicago Red Stars hinzu. "Als ich sah, dass Megan los lief, um den entscheidenden Elfmeter zu schießen, fühlte ich mich ziemlich gut. Ich habe ihr gesagt, dass sie es beenden soll. Das hat sie getan." Das Schlusswort gehört natürlich Rapinoe: "Ja – ich habe mir gedacht: 'Geh hin. Sei selbstbewusst. Beende es.'"