Donnerstag 14 Juni 2007, 22:01

Frauenfussball steht in Neuseeland im Mittelpunkt

In dieser Woche wurde in Neuseeland ein Stück Fussballgeschichte geschrieben. Auckland war nämlich Veranstaltungsort des ersten COM-Unity-Seminars der FIFA, das ausschließlich dem Frauenfussball gewidmet ist. Für die neuseeländischen Gastgeber bedeutete die fünftägige Veranstaltung einen weiteren bedeutenden Schritt in die richtige Richtung. Schließlich gilt es sicherzustellen, dass die erste Auflage der FIFA U-17-Frauenweltmeisterschaft 2008 in diesem Land für einen durchschlagenden Erfolg sorgt, in dem traditionell eigentlich eher Rugby die Nase vorn hat.

Das Seminar begann am Montag mit einem Eingeständnis von Graham Seatter, seines Zeichens Chef des neuseeländischen Fussballverbands, der zugab, dass sein Verband unter den insgesamt 208 Mitgliedsverbänden der FIFA wohl einer von weniger als 20 sei, in denen der Fussball nicht als Nationalsport Nummer eins gelte. Die Herausforderung, so Seatter, bestehe nun darin, diese Anzahl um einen weiteren Verband zu reduzieren. Dabei stand er mit der Ansicht, der Frauenfussball spiele hierbei eine Schlüsselrolle, keineswegs allein da.

"Es gibt auf internationaler Ebene schon eine Reihe von Ländern, in denen Fussball nicht die Nationalsportart ist und wo die Entwicklung vom Frauenfussball angeführt wird", meint Seatter. Zwei Paradebeispiele sind hier Kanada und die USA. Interessanterweise erhielt die Entwicklung des Frauenfussballs und auch des Fussballs allgemein in beiden Ländern durch die Ausrichtung einer Frauen-Weltmeisterschaft sehr viel Auftrieb. Diese Beispiele haben wir im Hinterkopf, wenn wir uns auf die Ausrichtung der FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft im kommenden Jahr vorbereiten. Wir sehen diese Veranstaltung als hervorragende Möglichkeit, unser Land der Welt vorzustellen. 95 Länder haben bereits zugesagt, im Fernsehen über das Turnier zu berichten, und wir erwarten, dass die Zahl noch auf über 140 steigen wird. Damit stehen wir wirklich im Rampenlicht."

Clark erntet Lob von Blatter Ein Mann, der mit Sicherheit ein großes Interesse am Erfolg des jüngsten FIFA-Wettbewerbs hat, ist der Präsident des Weltfussballverbands Joseph S. Blatter, der sich mit einer Videobotschaft an die Seminarteilnehmer wandte. Er unterstrich noch einmal die Absicht der FIFA, sich mit aller Entschlossenheit dafür einzusetzen, dass das Turnier positive und nachhaltige Auswirkungen für "den Fussball, die Welt, Neuseeland und die Frauen" hat. Blatter machte noch einmal seine langjährige Überzeugung deutlich, dass das Schicksal dieser Sportart in großem Maße von den weiblichen Aktiven abhängt.

Er sagte: "'Die Zukunft des Fussballs ist weiblich.' Das habe ich anlässlich der WM 1995 in Schweden gesagt, und das gilt auch heute noch. In allen 208 Mitgliedsverbänden der FIFA spielen insgesamt über 40 Millionen Mädchen und Frauen Fussball, das heißt, der Damm ist gebrochen. Neuseeland wird das Austragungsland der ersten Auflage der FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft sein. Ich glaube daran, dass die Veranstaltung ein Erfolg werden und sich nachhaltig auf die Entwicklung des Frauenfussballs auswirken wird."

Der FIFA-Präsident nutzte die Gelegenheit außerdem, um Neuseelands Premierministerin Helen Clark ein großes Lob auszusprechen, die sich mit viel Enthusiasmus und Engagement für die FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft einsetzt. Blatter lud sie im Gegenzug persönlich dazu ein, Ehrenpräsidentin des Turniers zu werden. Die Premierministerin nahm das Angebot nur zu gern an und gab zu, dass sie überaus beeindruckt von der weiten Verbreitung des Frauenfussballs auf der ganzen Welt und vom potenziellen Nutzen für die jungen Leute in ihrem Land sei.

"Ich nehme die Ernennung zur Ehrenpräsidentin sehr gern an", sagte sie im Rahmen des Seminars. "Wenn man all diese Frauen aller Altersstufen trifft, die mit dem Frauenfussball zu tun haben, fällt sofort auf, was für unglaublich positive Vorbilder sie sind. Wir leben in einer Zeit, in der Frauen und Mädchen in diesem Land tendenziell körperlich weniger aktiv sind als ihre männlichen Pendants. Je mehr Möglichkeiten wir haben, junge, fitte und gesunde Frauen zu präsentieren, die im Sport großartige Erfolge feiern, desto zufriedener stimmt mich das."

"Eine Sportart auf dem Vormarsch" Clark hielt ihre Rede am ersten Seminartag, an dem es vor allem um die Pflege von Beziehungen zu Regierungsmitgliedern und Nichtregierungsorganisationen ging. Es folgten Sitzungen zum Sponsoring sowie zu Medien- und Marketingarbeit. Die FIFA hatte eine beeindruckende Liste von Rednerinnen und Rednern für die Veranstaltung gewonnen, unter anderem die U.S.-amerikanische TV-Expertin Brandi Chastain, die unter anderem durch die ausgelassene Feier ihres Siegtreffers im Finale der FIFA Frauenfussball-Weltmeisterschaft 1999 berühmt wurde, als sie sich das Trikot über den Kopf zog und im Sport-BH posierte. Außerdem trugen Ed Coan und Alex Stone, Marketingleiter bzw. Medienverantwortlicher des englischen Fussballverbandes, ihre Beiträge vor. Auch Doris Fitschen (Marketing-Managerin beim DFB) und Heike Ullrich (DFB-Abteilungsleiterin für Frauenfussball) sowie der Journalist Mark Gleeson waren mit von der Partie.

David Borja, FIFA Development Manager für Asien und Ozeanien, lobte die fünftägige Konferenz als großen Erfolg. Für ihn war es vor allem die Anwesenheit von Frau Clark, die der Veranstaltung ihren Stempel aufdrückte und bei allen Teilnehmern Optimismus im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung des Fussballs in Neuseeland auslöste. "Die Tatsache, dass die Premierministerin an der Auftaktveranstaltung teilgenommen hat, ist etwas sehr Außergewöhnliches", so Borja. "Es ist großartig, dass die Regierungschefin hier deutlich gemacht hat, dass der Fussball auf die volle Unterstützung der Regierung zählen kann. Ich bin der festen Überzeugung, dass Neuseeland sich hervorragend zur Entwicklung des Frauenfussballs eignet. Das Land bewegt sich etwa auf derselben Ebene wie die USA und Kanada, wo die Tatsache, dass Frauen Fussball spielen, keinerlei Probleme aufwirft. In Europa oder Südamerika ist es schwieriger, weil hier der Männerfussball die absolute Nummer 1 ist und alles andere in den Schatten stellt."

Unterdessen hat Reynald Temarii, Präsident des OFC und Vizepräsident der FIFA, ein großes Dankeschön an Clark für ihr Erscheinen und für ihr Engagement im Pacific Island Forum, an dem 16 Inseln teilnehmen und deren Ziel es ist, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungen durch den Fussball voranzutreiben, ausgesprochen. Temarii betonte seinen Wunsch, dass dies in Zusammenarbeit mit dem FIFA-Programm "Win in Oceania with Oceania" geschehe. Dabei erinnerte er daran, dass "Fussball ein Mittel ist, um Gemeinschaften zu bilden."

In der kommenden Woche wird im Rahmen der Vorbereitung auf die Ausrichtung der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft 2008 ein ähnliches Seminar in Chile veranstaltet. Die Südamerikaner können sich am Optimismus in Neuseeland sicher ein Beispiel nehmen, und zwar nicht nur was die Ausrichtung der U-17-WM angeht. Die A-Nationalmannschaft Neuseelands hat sich außerdem für die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft im September qualifiziert.

"Das scheint mir einfach eine Frauensportart zu sein, die wirklich auf dem Vormarsch ist", so das Fazit von Clark. "Der Fussball im Allgemeinen ist in Neuseeland auf dem Vormarsch." Wenn man nach den Ereignissen der letzten Woche geht, geht dieser Vormarsch sicherlich in einem Tempo vonstatten, das in der ganzen Welt noch für einige Überraschung sorgen dürfte.