Freitag 18 März 2022, 15:00

Der raketenhafte Aufstieg von Malu Gaspar

  • Malu Gaspar schrieb Geschichte, als sie am Sonntag ihr Debüt in der ersten Mannschaft von Braga feierte

  • Die 15-Jährige hatte bis vor kurzem noch nie bei einem Klub unter Vertrag gestanden

  • Ihr sensationeller Aufstieg führte sie unter anderem in die portugiesische U-16-Auswahl

Noch einmal 14 sein - das wünschen sich sicher viele.

"Ich habe diese Zeit in meinem Leben geliebt", sagt Maria Luiza Gaspar mit einem nostalgischen Lächeln im Gesicht.

Malu, wie sie meist genannt wird, genoss es, an den malerischen Stränden von Vila do Conde, einem kaum bekannten Paradies im Norden Portugals, entlangzuschlendern, mit ihren Freunden abzuhängen, die Sozialen Medien zu durchforsten, Netflix zu schauen und an den Wochenenden mit einem Ball herumzukicken.

"Das alles scheint schon eine Ewigkeit her zu sein", sagte sie gegenüber der FIFA. Dabei genoss sie diese Lebensweise noch vor wenigen Monaten, auch wenn man es kaum glauben mag. Doch eines der genannten Hobbys führte dazu, dass sie heute für keines der anderen mehr genügend Zeit hat.

Malu wurde im November 15 Jahre alt, erhielt im Dezember ihre erste internationale Berufung, gab im Januar ihr Debüt für die portugiesische U-16-Auswahl, wurde im Februar in den B-Kader von Braga berufen und brach am Sonntag einen 101 Jahre alten Rekord beim Sporting Clube de Braga, indem sie die jüngste Spielerin wurde, die je in der ersten Mannschaft spielte.

"Ich kann gar nicht glauben, dass mir das alles passiert ist", sagte Malu im Gespräch mit der FIFA. "Es ist wirklich unfassbar. (lacht) Alles ist so unglaublich schnell passiert. Wir alle haben natürlich unsere Träume, aber dass das alles so schnell passieren könnte, überstiegt selbst meine kühnsten Träume."

Malu wurde im brasilianischen Niteroi geboren, das durch die Guanabara-Bucht von Rio de Janeiro getrennt ist und als "Stadt des Lächelns" bekannt ist. Und für die kleine Malu gab es eine Sache, die sie ganz besonders zum Lächeln brachte: "Schon seit ich ganz klein war, war das Einzige, was ich tun wollte, wenn ich nicht in der Schule war, mit einem Fussball herumzuspielen", sagt sie. "Das hat mich glücklicher als alles andere gemacht. Solange ich denken kann, habe ich es geliebt, mit meiner Schwester einen Ball durch die Gegend zu kicken."

Malus Lächeln erstarb allerdings 2016, als ihr Vater der Familie plötzlich mitteilte, dass sie nach Portugal umziehen würden, wo seine Eltern lebten, während er sein Masterstudium abschloss.

Die Schwestern waren anfänglich zwar skeptisch, doch dann verliebten sich schnell in ihr neues Land. Und auch die Eltern sahen schon bald keinen Grund mehr für eine Rückkehr nach Brasilien. Aus dem eigentlich nur für sechs Monate geplanten Aufenthalt wurde ein Dauerzustand. Malu lebte das typische Leben eines Teenagers... bis vor kurzem.

"Mein Leben hat sich drastisch verändert", erklärt sie. "Dieses Jahr wurde ich in den Kader der ersten Mannschaft berufen und habe jeden Tag Training.

Ich muss zur Schule gehen und danach dann gleich zum Training. Meine Freundinnen und Freunde beschweren sich immer, dass ich gar nicht mehr mit ihnen abhängen kann. Ich wünschte wirklich, ich könnte es, denn ich vermisse sie. Aber das ist es, was ich vom Leben will, und ich weiß, dass ich mich voll und ganz reinhängen muss.

Mein Ziel war es nie, die jüngste Spielerin zu werden oder irgendeinen Rekord zu brechen. Mein Ziel war es immer, Fussballprofi zu werden.

Das ist natürlich ein sehr schöner Meilenstein und ich bin sehr glücklich, aber ich werde mir das nicht zu Kopf steigen lassen. Ich weiß, dass ich weiter hart trainieren muss, um immer besser zu werden, damit ich mehr Chancen bei Braga und im Nationalteam bekomme."

Ihre erste internationale Berufung wird Malu nie vergessen.

"Es war wirklich unglaublich", sagt das Mädchen, das Cristiano Ronaldo verehrt. "Es ist der Traum aller Fussballer, für sein Land zu spielen. Ich war überglücklich. Ich habe mir vor Freude die Augen aus dem Kopf geweint.

Es war eine lustige Situation, denn ich hatte gerade mit dem Mittagessen angefangen, als die Nachricht kam. Ich war völlig perplex. Ich wusste nicht einmal, dass man beim Nationalteam überhaupt meinen Namen kannte. Und natürlich war ich auch ziemlich nervös – aber diese angenehme Nervosität, wissen Sie? – so nervös, dass ich gar nichts mehr essen konnte! (lacht)

Malu Gaspar lines up with the Portugal U-16s

Das Mittagessen mag vergeudet gewesen sein, aber Malus erste Auftritte mit der Selecção das Quinas waren es ganz sicher nicht. Sie glänzte mit starken Leistungen, als Portugal drei Siege aus vier Spielen holte, darunter im Februar einen, der Geschichte schrieb.

"Noch nie hatte eine portugiesische Frauenmannschaft, egal welcher Altersklasse, jemals Deutschland besiegt", sagte Malu über den 2:0-Sieg im Februar. "Gegen Deutschland zu gewinnen, war einfach unglaublich. Es war eine wirklich außergewöhnliche Leistung. Ich kann nicht mit Worten beschreiben, wir glücklich wir waren.

Aber der Erfolg war das Ergebnis unserer harten Arbeit. Der Trainerstab und die Spielerinnen haben bewiesen, dass wir jedes Nationalteam besiegen können."

Die nächste Altersgruppe will den Staffelstab übernehmen und muss sich dafür zunächst für die FIFA U-17-Frauen-WM Indien 2022™ qualifizieren. Portugal gehörte zwar zu Topf 3, konnte sich jedoch mit 6:0 klar gegen Finnland (aus Topf 2) durchsetzen und zog damit in die nächste Runde der UEFA-Qualifikation ein. Die starke Ines Simas konnte in dieser Partie zwar nicht spielen, doch es reichte am Mittwoch dennoch für einen 2:1-Sieg gegen Italien in Gruppe A7.

"Ich habe gerade den Sprung in die U-16-Auswahl geschafft und bin sehr glücklich", sagte sie. "Aber ja, natürlich träume ich von der U-17-Weltmeisterschaft. Das wäre fantastisch."

Malu hat aber noch einen größeren Traum: Sie möchte bei einer UEFA EURO und einer FIFA Frauen-WM an der Seite ihrer Schwester Maria Antonia spielen, einer 20-jährigen Stürmerin, die hervorragend schießen und Portugal schon in der Jugend vertreten hat.

"Meine Schwester ist meine beste Freundin", sagt sie voller Zuneigung. "Alles, was ich im Fussball gelernt habe, verdanke ich ihr. Alle Spielzüge, die Mentalität, einfach alles. Sie hat sich immer die nötige Zeit genommen, mir alles zu erklären – was gut war, aber auch, was ich verbessern kann. Das war sehr wichtig für meine Entwicklung und ich werde ihr immer dankbar sein.

Sie ist eine hervorragende Spielerin. Ich habe schon immer mit ihr gespielt, aber ich habe erst jetzt angefangen, mit ihr Spiele zu bestreiten. Das ist unfassbar. Sie ist gerade erst nach einer langwierigen Verletzung zurückgekehrt, und es war etwas ganz Besonderes, mit ihr zu spielen. Mit ihr zusammen zu einem großen Turnier zu fahren, wäre absolut unglaublich."