Samstag 05 August 2023, 03:00

Kluft im Frauenfussball schrumpft gemäss zweimaliger Weltmeistertrainerin Jill Ellis

  • Ausgang des Turniers nach den Überraschungen in der Gruppenphase gemäss der ehemaligen US-Trainerin Jill Ellis offen

  • Grosse Ausgeglichenheit zwischen den Teams bei der Frauen-WM 2023 gemäss der Leiterin der technischen Studiengruppe der FIFA

  • Besseres Niveau dank Dominoeffekt bei den WM-Debütanten und Inspiration für die Fans

Für Jill Ellis, die als Trainerin zwei Mal die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ gewann, war der Ausgang des Turniers wohl noch nie so offen wie 2023. Die Gruppenphase in Australien und Aotearoa Neuseeland hat deutlich gezeigt, dass sich das Niveau im Frauenfussball weltweit immer mehr ausgleicht.

So sind die USA, die unter Ellis die letzten beiden Ausgaben der Frauen-WM gewannen, mit dem Ziel ins Turnier gestartet, den dritten Titel in Folge zu holen. Die ersten Partien haben jedoch gezeigt, dass dies angesichts der grossen Fortschritte zahlreicher Teams alles andere als ein Selbstläufer wird.

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"Vorbei sind die Zeiten der vorhersehbaren Ergebnisse“, analysierte Ellis, die die technische Studiengruppe der FIFA (TSG) beim Turnier leitet. "Die Spiele sind äusserst ausgeglichen und umkämpft. Die WM-Debütanten sorgen für Furore, während grosse Nationen straucheln. Vermutlich war der Ausgang einer Frauen-WM noch nie so offen.“

Gleich sieben Nationen feierten ihren ersten WM-Sieg, während erstmals Teams aller sechs Konföderation ein Spiel gewannen. Nigeria blieb als erstes afrikanisches Team in der Gruppenphase ungeschlagen und erreichte zum erst zweiten Mal die K.-o.-Phase, in die auch WM-Debütant Marokko vorstiess.

Kolumbien ist erst das zweite südamerikanische Team, das seine Gruppe gewinnen konnte, während Jamaika als erst drittes Concacaf-Team ins Achtelfinale einzog. Im entscheidenden Gruppenspiel gegen Brasilien sorgten die Reggae Girlz dafür, dass der WM-Finalist von 2007 in der Gruppenphase erstmals seit 1991 und 23 Spielen in einem Spiel kein Tor erzielte und zusammen mit dem zweimaligen Weltmeister Deutschland ausschied. Mit Japan wurde nur einer der vier ehemaligen Weltmeister, die ins Turnier starteten, Gruppensieger.

"Die Kluft zwischen den grossen Fussballnationen und den Teams, die ihre ersten Auftritte auf der Weltbühne haben, ist kleiner geworden und wird dank der Förderung des Frauenfussballs weiter schrumpfen“, erklärte Ellis.

"Früher gab es nur vereinzelte überragende Spielerinnen, heute haben alle Teams eine Spielerin, die den Unterschied ausmachen kann und in jedem Team spielen könnte. Dies ist ein wichtiger Schritt und zeugt von erfolgreicher Entwicklungsarbeit. Dank der guten Organisation und den ausgeklügelten Abwehrstrategien der Teams sind die Spiele deutlich umkämpfter.“

In der entscheidenden Phase der K.-o.-Phase kommt diesen Aspekten noch mehr Bedeutung zu. Ellis freut sich vor allem, dass die Nationen, die neu im Konzert der Grossen mitspielen, aus dieser Erfahrung lernen und künftige Spielergenerationen, die zu Hause mitfiebern, inspirieren können.

"Die Teams müssen besser werden, ganz nach dem Prinzip 'Eisen schärft Eisen'. Das gefällt mir. Wenn alle anderen besser werden, musst auch du besser werden. Dies löst bezüglich Wachstum einen Dominoeffekt aus. Das ist sehr erfreulich und nicht zuletzt für die Fans eine echte Inspiration“, betonte Ellis, die auch Präsidentin des National-Women’s-Soccer-League-Teams San Diego Wave FC ist.

"Die Spielerinnen bei Teams wie Haiti, Marokko oder Portugal werden zu Hause als Heldinnen gefeiert, weil sie bei diesem Turnier gross aufspielen und ihr Talent präsentieren können.“

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