Donnerstag 08 September 2016, 06:00

Zwei Großmächte ziehen alle Blicke auf sich

Sieben Turnierauflagen und immer die gleichen Gewinner: Seit der ersten FIFA Futsal-Weltmeisterschaft 1989 in den Niederlanden bis zur letzten Auflage in Thailand haben stets Brasilien oder Spanien das letzte Wort gehabt. 2008 und 2012 fiel die Entscheidung zwischen den Brasilianern und den Spaniern sogar erst im Finale.

Mit taktischer Disziplin, technischer Finesse und großer mentaler Stärke haben die beiden Futsal-Großmächte ihren Status regelmäßig bestätigen können. Den anderen Kandidaten blieb bisher nichts weiter übrig, als die Arbeit der Ballkünstler aus der Ferne zu beobachten und von ihnen zu lernen. Doch in den letzten Jahren haben sie in einer Disziplin, die weltweit auf dem Vormarsch ist, große Fortschritte gemacht. Während sich die beiden Schwergewichte in der Vergangenheit auch mal einen schwächeren Auftritt erlauben durften, werden sie von ihren Herausforderern heute immer häufiger auf eine harte Probe gestellt. Werden wir möglicherweise Zeugen einer Zeitenwende?

Die Antwort auf diese Frage wird vom 10. September bis 1. Oktober in Kolumbien gegeben. 24 Teams werden bei der achten Auflage des weltweiten Kräftemessens an der Startlinie stehen. Calí, Medellín und Bucaramanga sind die Schauplätze des Turniers, bei dem sich die großen Favoriten erneut duellieren werden. Aber auch alle anderen Futsal-Größen werden bei der FIFA Futsla-Weltmeisterschaft Kolumbien 2016 mit von der Partie sein. Im Gepäck haben sie ihre wachsende Erfahrung und einen immer größer werdenden Appetit. Sie wollen verhindern, dass sich die Geschichte erneut wiederholt.

Podium der Favoriten Brasilien und Spanienaber haben die Konkurrenz schon einmal vorgewarnt und zeigen noch immer großen Siegeshunger. Die Südamerikaner haben ihre Vorherrschaft beim kontinentalen Qualifikationsturnier mit einem deutlichen 4:0-Finalerfolg gegen den Erzrivalen Argentinien verteidigen können. Die Europäer sicherten sich im Endspiel der UEFA Futsal-EM gegen Russland den Titel. Die Hinspielpartie der Playoff-Runde der Europaqualifikation gegen Slowenien war für die Spanier zwar ein kleiner Schreckmoment, dennoch konnten sie sich souverän des Ticket nach Kolumbien sichern.

Falcao wird mit seinen 39 Jahren weiter an seiner Legende stricken und dabei von alten Weggefährten wie Je und Fernandinho unterstützt. Aufseiten der Spanier kennen Akteure wie Juanjo, Ortiz oder Fernandao bereits den Weg zum Gipfel, der WM-Titel fehlt ihnen jedoch noch. Italien wird auf eine gute Mischung aus Jugend, Stabilität und erfahrenen Einzelkönnern bauen. Dies brachte dem Team bei der letzten WM den dritten Platz ein, nachdem die Italiener bereits 2004 das Finale erreichen konnten. Im Kader stehen unter anderem Marco Ercolessi, der kürzlich die Marke von 100 Länderspielen knackte, sowie Sergio Romano, Gabriel Lima oder Stefano Mammarella, die es ihm schon bald gleichmachen könnten.

Details verbessern Hinter den drei Topfavoriten gibt es mehrere Teams, die sich berechtigte Hoffnungen darauf machen, die Reihenfolge auf dem Podium durcheinanderwirbeln zu können. Angefangen beim Team aus Russland um den großartigen Eder Lima, Torschützenkönig in Thailand 2012. Die Russen können aber vor allem auf eine starke Defensive bauen. Jedoch hat ihnen bei den großen Turnieren bisher ein wenig das Glück und die erforderliche Nervenstärke gefehlt. Im Finale der UEFA Futsal-EM im Februar 2016 verlor Russland zum dritten Mal in Folge gegen Spanien, gegen das es auch in Thailand eine schmerzvolle Niederlage erlitt und ausschied. Zweifellos verfügen die Russen aber über die Qualität und die Spieler, um den Gipfel zu erreichen. Wenn sie auch mental stark bleiben, könnte in Kolumbien ein Wendepunkt der Futsalgeschichte zu beobachten sein.

Portugal und die Ukraine dürfen sich ebenfalls Hoffnungen machen, wenn es ihnen gelingt, sich in einigen Details zu verbessern. Sowohl die Portugiesen als auch die Ukrainer beherrschen das Futsal-ABC, dennoch hat ihnen bisher stets noch etwas gefehlt, um die Besten bis zum Ende zu ärgern. Dies zeigte sich auch beim letzten kontinentalen Wettbewerb. AserbaidschanundKasachstanverfügen zwar nicht über die gleiche Erfahrung, entwickeln sich aber mit Riesenschritten weiter. Kolumbien 2016 wird für diese Länder eine weitere Möglichkeit darstellen, neue Höhen zu erklimmen.

Die südamerikanischen Vertreter wiederum sind es langsam leid, regelmäßig auf die Plätze verwiesen zu werden. Die Beziehung von Paraguay und Argentinien zur Futsal-WM ist frustrierend: Stets sind sie einem Erfolg gegen die Favoriten nah, dennoch gelingt ihnen nie der Sprung auf einen Podiumsplatz. Umgekehrt verhält es sich mit Kolumbien. Der Gastgeber der diesjährigen Auflage schaffte gleich bei seinem Debüt vor vier Jahren den Einzug ins Halbfinale. So verwundert es nicht, dass die Spieler im Vorfeld der zweiten WM-Teilnahme von noch besseren Ergebnissen träumen, zumal das Turnier auf heimischem Boden stattfindet. Die leidenschaftlichen Fans erwarten jedenfalls nichts anderes und könnten in den entscheidenden Momenten den Unterschied ausmachen.

Stetiger Fortschritt Der mit elf kontinentalen Titeln unbestrittene Herrscher seiner Region, Iran, kann es kaum erwarten, dass auch auf der weltweiten Bühne endlich seine Stunde schlägt. Bei der letzten Asienmeisterschaft stellte das Team Melli die beste Defensive und den besten Angriff. Es ist heute stärker und hungriger denn je und wird besonders motiviert nach Kolumbien reisen. Australien wiederum muss ähnlich wie Thailand, das vor vier Jahren im eigenen Land immerhin das Achtelfinale erreichte, noch einiges lernen. Usbekistan und Vietnam nehmen zum ersten Mal am weltweiten Gipfeltreffen teil.

Aus der CONCACAF-Zone reisen die üblichen Verdächtigen nach Kolumbien. Panama und Guatemala haben jeweils schon einmal ein Achtelfinale erreicht, was Kuba und dem regionalen Meister Costa Rica als Inspiration dienen sollte. Sie haben bei ihren bisherigen Teilnahmen bisher keine guten Leistungen gezeigt.

Unter den afrikanischen Vertretern wird insbesondere Marokko bestrebt sein, in Kolumbien ein gutes Bild abzugeben. Das Team will Wiedergutmachung leisten für das misslungene Debüt 2012, als es nach drei Niederlagen in der Vorrunde ausschied, und zudem seinem Status als Afrikameister alle Ehre machen. Ägypten wiederum gehört zwar zu den regelmäßigen WM-Gästen, konnte jedoch noch nicht überzeugen. Mosambik wird sich zum ersten Mal auf der weltweiten Bühne mit der Konkurrenz messen.

Das Team der Salomon-Inseln sicherte sich den Titel in Ozeanien, hat jedoch außerhalb des Kontinents Mühe, sich durchzusetzen. Gleichwohl wird die Inselnation in Kolumbien die Gelegenheit haben, die 2012 gezeigten Fortschritte zu bestätigen.

Von Luxusschlitten, die weiterhin in der vordersten Reihe glänzen wollen, über PS-starke Boliden, die ihnen diesen Platz streitig machen, bis hin zu kleinzylindrigen Herausforderern, die zunehmend Fahrt aufnehmen: Die FIFA Futsal-Weltmeisterschaft Kolumbien 2016 ist bereit für einen Paukenschlag. Das Fest möge beginnen!