Mittwoch 27 Januar 2016, 11:12

Wölfe erobern neues Jagdrevier - diesmal virtuell

Im vergangenen Sommer ließ der VfL Wolfsburg mit einigen Transfers aufhorchen und untermauerte damit seine Ambitionen, sich in der deutschen Spitze zu etablieren. Unter anderem verpflichtete man den ehemaligen brasilianischen Nationalspieler Dante vom FC Bayern München, den deutschen Nationalspieler Max Kruse von Borussia Mönchengladbach und Weltmeister Julian Draxler von Schalke 04. Ein Name sorgte jedoch für viele Fragezeichen bei allen Experten: Benedikt Saltzer.

Der 23-Jährige wird die Wölfe auch weder in der Offensive noch in der Defensive verstärken, sondern ist sozusagen sein eigenes Team. Er spielt professionell EA Sports FIFA 16 und soll die grünweißen Farben des aktuellen Vizemeisters vertreten. Den Niedersachen gelang damit ein Novum, denn noch nie hat ein Profiverein einen Konsolenspieler unter Vertrag genommen.

Eine spontane Entscheidung war dies jedoch nicht, wie "SaLz0r", so der Spielername von Saltzer, im exklusiven Interview mit FIFA.com erklärte: "Der VfL war schon länger vom Thema E-Sports fasziniert und daran interessiert. Ich bin sehr froh, dass wir uns einigen konnten und ich für den VfL spielen darf."

Welches Potenzial im Bereich Gaming steckt, zeigt auch die Qualifikation für den FIFA Interactive World Cup 2016, an der weltweit über zwei Millionen Spieler teilnahmen. Die Wolfsburger haben das erkannt und nehmen nun eine "Vorreiterrolle" ein, so Saltzer, der selbst vor circa 9 Jahren zum E-Sport kam, nachdem seine Freunde nicht mehr gegen ihn verlieren wollten. "Es gibt eine riesengroße Community im E-Sport. In Deutschland wurde das Potenzial von den meisten noch nicht erkannt. Märkte wie Asien und Amerika, wo E-Sport schon als Sport anerkannt ist, sind da schon viel weiter. Da schauen Millionen von zuhause per Stream bei den Turnieren zu."

Win-Win-SituationDoch wie sieht die Kooperation genau aus? "Ich werde in allen Bereichen unterstützt. Sei es bei der Ausrüstung oder dass ich zuhause optimale Trainingsbedingungen habe. Zum Beispiel mit einem neuen Gamepad oder einem Stuhl, so dass das Spielen für mich noch komfortabler ist."

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Im Gegenzug tritt der Lehramt-Student bei Turnieren wie der "Virtuellen Bundesliga" im Trikot und mit der Mannschaft des VfL Wolfsburg an. Demnach ist es für beide Seiten eine Win-Win-Situation. "FIFA wird von Jahr zu Jahr realistischer und findet auch bei unseren Fans großen Anklang. Vor allem unsere jungen Anhänger erreichen wir mit dem E-Sport - das freut uns sehr. Mit unserem ständig wachsenden Engagement wollen wir beide Welten zukünftig noch enger zusammenführen", beschreibt Geschäftsführer Klaus Allofs gegenüber FIFA.com die Vorteile für den Verein.

Dabei gibt es noch viel mehr Möglichkeiten. Saltzer, der im realen Fussball in der siebten Liga als Stürmer aktiv ist, hat sich dazu schon seine Gedanken gemacht. Die virtuelle Variante könnte den Rasensport in taktischen Elementen unterrichten. "Die künstliche Intelligenz des Computers macht so gut wie keine Fehler, wenn man sie richtig einstellt. Die Abwehr verschiebt phänomenal, die Räume werden richtig eng gemacht. So könnte man im echten Fussball ein FIFA-Spiel analysieren und schauen, wie die Spieler in der Defensive laufen."

Das Grand Final als Ziel Und andererseits schaut sich "SaLz0r", der seinen eigenen Spielstil auf dem Rasen mit dem von Mario Gomez vergleicht, natürlich einiges von den Wölfen ab, denn er hat große Ziele. Trotz vier deutscher Meistertitel und eines Europameistertitels fehlt ihm noch ein spezieller Triumph: Eine Teilnahme am FIWC. "Das Turnier ist das prestigeträchtigste und größte im Bereich FIFA. Ich versuche mich dafür zu qualifizieren. Aber die Online-Qualifikation, die weltweit ausgetragen wird, ist relativ schwer", meinte er und fügte an: "Mir sind Offline-Qualifikationsturniere viel lieber."

Über ein solches Live-Event hat sich Daniel Butenko im letzten Jahr für den FIWC in München qualifiziert. Die beiden E-Gamer verstehen sich privat sehr gut und daher war es keine Frage, dass Saltzer den Auftritt des jungen Deutschen aufmerksam verfolgte. "Skilltechnisch ist er auf einem sehr guten Level. Er ist noch ein sehr junger Kerl und man merkt bei seiner Spielweise, dass ihm beim FIWC etwas die Erfahrung gefehlt hat."

Geht es nach dem angehenden Lehrer, so wird Butenko "bald eine gute FIFA-Performance zeigen". Vielleicht könnte er ja dann der Nächste sein, der von einem Bundesligisten unter Vertrag genommen wird. Denn der Wolfsburger ist sich sicher, dass "FIFA-E-Sport in Deutschland noch viel größer wird. Ich kann mir schon denken, dass 2016 zwei oder drei weitere Vereine diesen Schritt gehen werden".

Demnach könnten Fussballvereine neben den Titeln auf dem Platz also auch bald um Titel an der Konsole kämpfen. Das Rennen ist eröffnet und der VfL Wolfsburg hat sich einen kleinen Vorsprung erarbeitet. Erst in der vergangenen Woche vermeldeten die Wölfe die Verpflichtung von David "DaveBtw" Bytheway, der beim FIWC 2014 in Rio Vizeweltmeister wurde. In Wolfsburg wird man dem Ansturm der übrigen Profiklubs entspannt entgegenblicken – dank eines weiteren spektakulären Transfers.