Donnerstag 17 Oktober 2019, 10:43

Van Dijk: Nicht jeder erlebt einen perfekten Weg an die Spitze

Es braucht schon etwas Besonderes, um als Verteidiger die uneingeschränkte Bewunderung der gesamten Fusballwelt zu erringen. Denn gegnerische Tore in einem Spiel zu verhindern, ist nun einmal bei Weitem nicht so auffällig, wie Chancen herauszuarbeiten und den Ball ins Netz zu jagen. Umso mehr Respekt gebührt Virgil van Dijk, der nach herausragenden Leistungen in der Saison 2018/19 zu den besten Defensivkräften aller Zeiten gezählt werden kann.

Seit fast drei Jahrzehnten ehrt die FIFA den jeweils besten Spieler der Welt, und nur vier Mal gehörte ein Verteidiger zur Dreier-Endauswahl. Von diesen vier Spielern waren indes nur zwei waschechte Verteidiger (Fabio Cannavaro, der die Auszeichnung 2006 gewann, und Paolo Maldini, der 1995 Zweiter wurde). Lothar Matthäus (Gewinner 1991) wurde später zum Libero umfunktioniert, und Roberto Carlos (Zweiter 1997) konzentrierte sich ohnehin stets mehr auf seine Offensivaufgaben. Entsprechend gehört Van Dijk zu einer höchst seltenen Spezies.

FIFA.com traf den hünenhaften Verteidiger des FC Liverpool und der Niederlande, der bei der Beantwortung unserer Fragen ebenso ruhig blieb, wie mitten im Geschehen in einem Premier-League-Spiel oder einer Partie in der UEFA Champions League.

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FIFA.com: Es ist schwer, als Verteidiger unter die besten Drei bei der Wahl des The Best – FIFA-Weltfussballers vorzustoßen. Wie würden Sie einen jungen Spieler davon überzeugen, nicht Stürmer sondern lieber Verteidiger zu werden?

Virgil van Dijk: Ich denke, für junge, vielleicht acht- oder neunjährige Spieler, ist es am Wichtigsten, möglichst viel Spaß am Fussball zu haben. Wer sich als Verteidiger wohl fühlt, sollte sich genau auf diese Aufgabe konzentrieren und versuchen, so wenig gegnerische Chancen wie möglich zuzulassen. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass längst nicht jeder einen perfekten Weg an die Spitze erlebt. Die Wege der einzelnen Spieler nach oben unterscheiden sich enorm. Sicher ist es etwas leichter, wenn man mehr Talent hat als andere, aber es gehören noch sehr viele weitere Dinge dazu, harte Arbeit, Einsatzwillen, Entschlossenheit. Und natürlich braucht man auch ein wenig Glück. Niemals aufgeben und für die Verwirklichung deiner Träume kämpfen – das ist meine Botschaft.

Sie haben es unter die letzten Drei geschafft, denn Sie haben eine fantastische Saison 2018/19 gespielt. Welche Momente waren Ihre besten in der vergangenen Saison?

Wir hatten während der gesamten Saison viele fantastische Spiele mit großartigen Toren und tollem Fussball. Wir haben in der Saison auch viele individuelle Auszeichnungen abgeräumt. Wir haben den Goldenen Handschuh bekommen, hatten die wenigsten Gegentore in der Liga, wir hatten zwei Mal den Goldenen Schuh, und unser Torhüter Alisson hat die Copa América gewonnen und auch dort den Goldenen Handschuh geholt. Es gab viele fantastische Erfolge. All das ist der harten Arbeit zu verdanken, die wir leisten, und unserer Spielweise, sowohl in der Defensive wie auch in der Offensive. Ich freue mich sehr über unsere großartige Saison und am allermeisten natürlich über den Titelgewinn in der Champions League.

Ihr Trainer Jürgen Klopp [der zum The Best – FIFA-Welttrainer gewählt wurde] ist immer sehr positiv gestimmt, gut gelaunt und fröhlich. Er hat immer ein Lächeln auf den Lippen und einen Lacher in petto. Mal ganz im Vertrauen, so glücklich kann er doch gar nicht immer sein? Gibt es überhaupt irgendetwas an ihm, das nervtötend ist?

Ich bin jedenfalls nie sauer auf ihn! Aber natürlich gibt es durchaus Situationen, in denen er nicht glücklich und zufrieden ist, sondern ruft und schreit und allen Anweisungen gibt. So ist er. Er ist der Boss. Man sieht es ja im Fernsehen, wie er ist. Er ist überaus leidenschaftlich. Er will jedes Spiel gewinnen. Er würde am liebsten um jeden Meter auf dem Platz kämpfen, wenn das ginge. Also, er lacht keineswegs immer und er macht auch nicht ständig Witze, definitiv nicht! Er ruft und schreit, er lässt uns ziemlich hart trainieren und manchmal holt er auch die Peitsche raus.

Die drei Finalisten Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Sie selbst, das sind drei ganz verschiedene Spielertypen und Persönlichkeiten. Was haben Sie alle drei gemeinsam, was Sie zu den drei besten Spielern der Welt macht?

Da fällt mir als wichtigster Punkt der Einfluss ein, den wir in unseren Klubteams und auch in der jeweiligen Nationalmannschaft haben. Ich kann natürlich nur für mich selbst sprechen. Ich bin sehr glücklich und stolz, zu diesen Spielern zu gehören, zu den besten Fussballern der Welt. Alle haben gesagt, dass ich es nach dieser Saison mit Liverpool und Holland verdient habe, dabei zu sein.

In der neuen Saison sind Sie in der Premier League wieder auf Titeljagd und versuchen zudem, den Titel in der Champions League zu verteidigen. Außerdem steht im Dezember auch noch die FIFA Klub-Weltmeisterschaft in Katar an. In der Copa Libertadores laufen die Halbfinals zwischen Boca Juniors und River Plate und Flamengo und Grêmio Porto Alegre. Welcher Gegner wäre Ihnen in Katar am liebsten?

Das sind alles fantastische Teams. Jeder kennt diese Klubs und jeder weiß, wie leidenschaftlich die Fans sind. Es kann ein jeder dieser Klubs werden und die Atmosphäre wird in jedem Fall fantastisch. Viele Fans werden die Reise dorthin antreten. Wir werden sehen, wie es dann tatsächlich läuft!