Passarella: "El Gran Capitán"

Anlässlich des 67. Geburtstages von Daniel Passarella am 25. Mai blickt FIFA.com auf die Karriere des legendären argentinischen Verteidigers zurück, der zweimal die FIFA-Weltmeisterschaft gewonnen hat.

Daniel Passarella war ein kompromissloser Verteidiger von der Sorte, mit der es auch der couragierteste Stürmer nicht gern zu tun bekommt. Aber er war nicht nur bei den gegnerischen Angreifern gefürchtet: Mit seinem famosen linken Fuß und einer Sprungkraft, um die ihn jeder Basketballer beneidete, war der torgefährlichste Innenverteidiger in der Geschichte des argentinischen Fussballs nämlich auch der Schrecken der gegnerischen Torhüter.

Seine barsche Gestik, der torgefährliche Linksfuß sowie die Kapitänsbinde wurden zum Markenzeichen dieses Spielers. Aber es gibt noch ein weiteres Bild Passarellas, das in die Fussballgeschichte eingegangen ist und ihn lachend und ausgesprochen glücklich zeigt. Es zeigt ihn vor dem Hintergrund seines geliebten Estadio Monumental mit der Nummer 19 auf dem Rücken und dem FIFA WM-Pokal in der Hand. "Wenn man diesen Pokal bekommt, ist das wie ein anhaltender Orgasmus", erklärte er später gegenüber FIFA.com.

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Der geborene Sieger

Wenn man die lange Karriere Passarellas beleuchten möchte, könnte man es sich einfach machen, und seine zahllosen Titel und persönlichen Auszeichnungen auflisten. Vielleicht würde es auch ausreichen, Diego Maradona zu zitieren, der mehr als ein Mal mit dem Gran Capitán aneinandergeraten war und trotzdem nur Lob für ihn hatte: "Er ist der beste Verteidiger, den ich in meinem ganzen Leben gesehen habe. Außerdem ist er der kopfballstärkste Spieler, im Angriff ebenso wie in der Abwehr", so Maradona.

Nicht umsonst hat Passarella es auf die prestigeträchtige Liste FIFA 100 geschafft, die die besten Spieler der Fussballgeschichte beinhaltet. In der ersten argentinischen Liga erzielte er 99 Treffer und war auch eine Bereicherung für die italienische Liga, in der bekanntlich die besten Abwehrspieler des Planeten glänzen. "Ich war vor den Spielen immer nervös. Aber wenn ich dann das Spielfeld wie üblich mit dem rechten Fuß zuerst betreten hatte, verwandelte ich mich. Ich vergaß alles und wollte nur noch gewinnen", erklärt er.

Mit seiner Einstellung und Sicherheit gewann Passarella alsbald das Vertrauen von César Luis Menotti, der eine schlagkräftige Nationalmannschaft zusammenstellen sollte, die auf heimischem Boden um den WM-Titel spielen könnte. "Ich habe nicht gezögert, ihm die Kapitänsbinde zu geben. Er hatte etwas Mitreißendes und war sehr professionell. Er war ein echter Führungsspieler", so der Trainer anerkennend. Der aus der Stadt Chacabuco stammende Spieler rechtfertigte das in ihn gesetzte Vertrauen prompt: Er erwies sich während der sieben Partien, die Argentinien in diesem Turnier bestritt, als perfekter Führungsspieler und setzte sich mit dem Team im Finale mit 3:1 gegen die Niederlande durch.

Aber auch die große Freude, die an diesem kalten 25. Juni 1978 Einzug hielt, konnte die "harte" Seite des Mannschaftskapitäns nicht ganz auslöschen, der die Trophäe mit Zähnen und Klauen verteidigte. Mario Kempes, der Torschützenkönig des Turniers, erinnert sich: "Daniel wollte den Pokal nicht aus der Hand geben. Noch nicht einmal ich habe ihn angefasst. Wie es seine Art ist, hat er die Trophäe mit ausgefahrenen Ellenbogen vor allen abgeschirmt. Er hat sich sogar geweigert, sie dem Sicherheitsbeauftragten zu übergeben, der in die Kabine kam, um sie abzuholen!"

Enttäuschung in Mexiko

Nachdem Argentinien den Titel 1982 in Spanien trotz seiner Tore gegen El Salvador und Italien nicht verteidigen konnte, hatte Passarella ein klares Ziel vor Augen: Er wollte seine beachtliche Länderspielkarriere bei der WM 1986 in Mexiko abschließen. Allerdings hatte das Schicksal für ihn ein anderes Ende parat. Ein plötzlich auftretender Darmvirus zwang Passarella in Mexiko zu einem achttägigen Krankenhausaufenthalt. Damit konnte er das Turnier vergessen.

"Ich hatte eine kleine Sitzbank in meinem Zimmer im Mannschaftslager. Nachts habe ich das Bänkchen zum Trainingsplatz getragen, mich allein dort hingesetzt und stundenlang geheult", verrät der Gran Capitán.

Sein Ersatz war kein Geringerer als José Luis Brown, der im Finale gegen Deutschland im Aztekenstadion den ersten Treffer erzielen sollte. Auch wenn er im Finale nicht selbst auf dem Platz stehen konnte, hatte Passarella in der Qualifikation für Mexiko 1986 eine Schlüsselrolle gespielt. In der entscheidenden Partie gegen Peru brauchte Argentinien in Buenos Aires einen Punkt, um die WM-Teilnahme perfekt zu machen. Zur Halbzeit führten die Peruaner mit 2:1, und die Stimmung im Estadio Monumental war auf dem Tiefpunkt. "In der Kabine herrschte Grabesstille. Wir hatten unserem Fitnesstrainer Profe Echeverría vorher gesagt, er solle sich eine Wohnung kaufen, die er dann von dem Bonus bezahlen könne, den wir für die WM-Qualifikation erhielten", erinnert sich Passarella.

"Wir brauchten vor der zweiten Halbzeit unbedingt Aufmunterung, und so bin ich aufgestanden, habe dem Trainer auf die Schulter geklopft und ihm gesagt, er solle sich keine Sorgen machen. Wir würden uns schon noch qualifizieren und er könne die Wohnung auf jeden Fall kaufen." Gesagt, getan: Wenige Minuten vor Spielende sicherte sich Passarella im peruanischen Strafraum den Ball und zog ab. Sein Schuss ging zwar nur an die Latte, aber der Ball tropfte ab, Ricardo Gareca holte ihn sich und schob ihn in den Kasten. Damit war die WM-Qualifikation in trockenen Tüchern.

"Ich habe in Mexiko zwar die Weltmeistermedaille bekommen und war auch bei der Übergabe des Pokals bei der Mannschaft, aber ich fühle mich nur wie ein Meister, wenn ich selbst auf dem Platz stehe", erklärte Passarella einige Jahre später. Trotz dieser bittersüßen Erfahrung in Mexiko kann er auf bei WM-Endrunden insgesamt auf eine beeindruckende Bilanz zurückblicken: Er hat insgesamt zwölf Partien bestritten und dabei eine Bilanz von sieben Siegen, vier Niederlagen und einem Unentschieden vorzuweisen. Er hat sich drei Mal in die Torschützenliste eingetragen, ein Mal den Pokal in die Höhe gereckt und zwei Goldmedaillen für seinen privaten Trophäenschrank mit nach Hause genommen. Aber einem Faktor kommt noch größere Bedeutung zu als der Statistik: Er ist zur Legende geworden, zu einem gefürchteten Verteidiger, vor dem die gegnerischen Angreifer ebenso viel Respekt hatten wie die Torhüter - el Gran Capitán eben.

Gewusst?

  • Als Trainer gewann Passarella drei Titel mit River Plate, einen mit Monterrey und ein Mal die Panamerikanischen Spiele mit der argentinischen Juniorenauswahl.

  • In seiner letzten Partie als Profi, am 27. Juli 1989, gegen die Boca Juniors wurde Passarella des Feldes verwiesen. Der Schiedsrichter in dieser Partei war Juan Bava. Derselbe Schiedsrichter hatte ein paar Monate zuvor einen Treffer von ihm nicht anerkannt, der sein 100. in der argentinischen Erstliga gewesen wäre.

  • Passarella nahm noch an einer vierten WM teil, dieses Mal allerdings als Trainer. Er trainierte die argentinische Mannschaft, die 1998 in Frankreich im Viertelfinale gegen die Niederlande unterlag.

  • Im Dezember 2009 wurde Daniel Passarella zum Präsidenten von River Plate gewählt. Er vereinte sechs Stimmen mehr auf sich als sein größter Kontrahent. Kurioserweise stimmt diese Zahl mit der Rückennummer überein, die er als Spieler vorwiegend trug.

  • Als Trainer gewann Passarella drei Titel mit River Plate, einen mit Monterrey und ein Mal die Panamerikanischen Spiele mit der argentinischen Juniorenauswahl.

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