Mittwoch 23 März 2016, 11:04

Luxemburger Erfolge mit portugiesischer Note

Seit mehr als 50 Jahren unterhält Luxemburg enge Beziehungen zu Portugal. Die ersten Einwanderer kamen in den 1960er-Jahren auf der Flucht vor der Diktatur unter Salazar ins Land. Maximino Da Mota hingegen machte sich 1980 auf den Weg ins Großherzogtum, "um ein besseres Leben zu finden", wie sein Sohn Daniel berichtet. Dieser ist der lebende Beweis dafür, dass sein Vater sein Ziel erreicht hat.

Der ehemalige Landwirt und Zimmermann aus dem nordportugiesischen Dörfchen Rego gründete in der neuen Heimat eine Familie, und sein Ältester steht sinnbildlich für den Erfolg in der Fremde. "Wir haben eine sehr gute Erziehung genossen. Unser Vater sagte immer zu uns, dass wir auf keinen Fall die gleiche Arbeit machen sollten wie er", erzählt Daniel Da Mota im Gespräch mit FIFA.com. Er selbst arbeitet wie einer seiner Brüder bei einer Bank, während der andere Bruder als Buchhalter und seine Schwester als Lehrerin tätig ist. "Er hat uns geraten, keine körperlich schwere Arbeit auszuüben und der Schulbildung den Vorrang zu geben, damit wir einen besseren Beruf ohne körperliche Beanspruchung finden. Wir sind seinem Rat gefolgt, um nicht wie er auf Dächern oder im Wald arbeiten zu müssen."

Daniel mag tatsächlich nicht im Wald arbeiten, verbringt aber dennoch einen Großteil seiner Zeit in einem Umfeld, das Viele als Dschungel bezeichnen würden: im Fussball. Er ist zwar Bankangestellter in Vollzeit, aber auch Stürmer der luxemburgischen Nationalmannschaft und von F91 Dudelange, einem der größten Klubs des Landes. "Ich arbeite von Montag bis Freitag von 7:30 Uhr bis 17:30 Uhr. Vier Mal in der Woche habe ich Training von 18:15 Uhr bis 20:30 Uhr. Dazu kommen die Spiele am Sonntag und die Nationalelf. Da bleibt nicht viel Freizeit übrig", räumt er lachend ein. Er ist sich dessen bewusst, dass dies in einem Land, in dem es nur Amateurfussball gibt, dennoch keine beklagenswerte Situation ist. "Meine Arbeit ernährt mich jeden Monat, und der Fussball ist meine Leidenschaft. Beides ist miteinander verknüpft, denn ohne einen festen Job kann ich gar nichts machen."

Eines Ballon d’Or würdig Seit der 30-Jährige 2008 zu Dudelange stieß, gelingt ihm dieser berufliche Spagat auf märchenhafte Weise. Trotz seines vollen Terminkalenders nehmen sowohl seine Erfolge als auch seine inzwischen mehr als 60 Länderspieleinsätze kontinuierlich zu. Der Linksfuß ist vierfacher Meister und zweifacher Pokalsieger in seinem Land, doch den glanzvollsten Moment erlebte er in einer Qualifikationspartie zur FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2014™. Ein bis zum Bersten gefülltes Josy-Barthel-Stadion, in dem neben seiner Familie fast 15 Prozent der 100.000 Einwohner der Stadt Luxemburg anwesend waren, sowie ein namhafter Gegner bildeten den Rahmen.

In der 13. Minute der Partie gegen das portugiesische Team um Cristiano Ronaldo am 7. September 2012 erhielt Dan auf dem linken Flügel nach einem Diagonalpass von Aurélien Joachim den Ball. Eine perfekte Annahme, ein kleiner Haken und kurzentschlossen zog Da Mota mit seinem schwächeren rechten Fuß einfach ab - das Leder schlug im Winkel des von Rui Patricio gehüteten Tores ein. "Am Vorabend hatte mich ein luxemburgischer Journalist gefragt, ob ich bei einer Torchance ins Zweifeln kommen oder mich trauen würde, ein Tor zu schießen", erinnert sich der älteste Sohn einer Familie von FC-Porto-Fans. "Gleichgültig, gegen welche Mannschaft man spielt - wenn man Nationalspieler ist und das Trikot seines Landes trägt, schießt man natürlich ins Tor, wenn sich die Gelegenheit bietet!"

Da Mota ließ diesen Worten Taten folgen und brachte mit dem Führungstreffer eine Selecçao zum Zweifeln, die sich am Ende dennoch knapp mit 2:1 durchsetzte. "Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Noch fantastischer war aber, dass das Stadion voller Portugiesen war, die alle aufgesprungen sind, um das Tor zu bejubeln", freut sich Da Mota, der bei seiner Auswechslung in der 79. Minute sogar stehende Ovationen erhielt. Vier Tage später gelang ihm erneut ein Husarenstück. In der Partie gegen Nordirland erzielte er den Ausgleichstreffer zum 1:1-Endstand. Hinzu kam, dass dies sein Geburtstag war und er ein unvergessliches Geschenk erhielt. "Wir sind mit der Familie zum Abendessen ausgegangen und meine Brüder haben mir im Restaurant einen goldenen Ball geschenkt, den sie selbst gebastelt haben. Das war eine sehr schöne Geste."

Zwei glückliche Länder? Einerseits hat Da Mota den Traum von einer Profierfahrung noch nicht endgültig abgehakt, "auch wenn es nur für ein Jahr wäre, um die Profi-Welt kennenzulernen und um zu sehen, bis zu welchem Grad ich mithalten kann." Andererseits ist Dan ein Realist und räumt ein, dass die Spiele mit der Nationalmannschaft wohl die einzige Möglichkeit bleiben werden, mit dem Spitzenfussball in Berührung zu kommen. Immerhin macht die luxemburgische Auswahl kontinuierlich Fortschritte. "Als ich 2007 anfing, wussten wir ehrlich gesagt schon beim Einlaufen ins Stadion, dass wir verlieren werden", sagt der Akteur, der bei Etzella Ettelbruck in seinem Geburtsort mit dem Fussballspielen begann. "Doch seit vier oder fünf Jahren zeigen wir einen schönen Fussball und erarbeiten uns Torchancen. Uns fehlt natürlich der Rhythmus, um über die gesamte Spieldauer einer Partie mitzuhalten, und das nutzen die Profiteams aus. Doch jede Mannschaft, die nach Luxemburg kommt, weiß, dass sie uns respektieren muss und wir gefährlich werden können."

Davon können sich in den Freundschaftsspielen Ende März die Teams aus Bosnien-Herzegowina und Albanien überzeugen. Anschließend werden die nächsten Gegner der Roten Löwen in der Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ - Niederlande, Frankreich, Schweden, Bulgarien und Belarus - diese Erfahrung machen. Vielleicht gelingt dem Außenseiter die eine oder andere Überraschung. "Ich denke, dass uns in fünf oder sechs Jahren die Qualifikation für ein großes Turnier gelingen kann", wagt der Bankangestellte vorauszusagen. "Viele junge Spieler sind im Ausland in den Reserveteams der Profimannschaften aktiv. Es hängt von ihrer Entwicklung ab, doch wenn sie dabeibleiben, selbst wenn es nur die zweite oder dritte Liga in Deutschland sein sollte, ist das immer noch ein höheres Niveau als in Luxemburg. Es ist gut, dass sie sich jedes Wochenende daran gewöhnen können. Vielleicht werden wir also schon bald die Möglichkeit haben, in einer Qualifikation ein Wörtchen mitzureden."

Sollte dieser Tag kommen, wird ein ganzes Land in Jubel ausbrechen. Vielleicht sogar zwei, wenn Da Mota noch dabei ist...