Mittwoch 17 August 2016, 12:36

Luan komplettiert brasilianisches Angriffsquartett

Brasilien führte mit 1:0 gegen Kolumbien und hatte das Spielgeschehen mehr oder weniger unter Kontrolle, es fehlte jedoch ein zweiter Treffer, um den Sack zuzumachen. In dieser Situation setzte sich Luan bei einem Konter im Mittelfeld durch. Der offensive Mittelfeldspieler rückte mit dem Ball am Fuß immer weiter vor und überwand den kolumbianischen Torwart Cristian Bonilla mit einem wunderschönen Heber und viel Effet. Damit machte er den 2:0-Sieg und den Halbfinaleinzug der Brasilianer beim Olympischen Fussballturnier der Männer Rio 2016 perfekt.

In solchen Situation stellen wir Unvermögenden immer wieder gern die Frage, ob dieser Abschluss so beabsichtigt war, oder ob möglicherweise auch das Glück eine entscheidende Rolle gespielt hat. Im Gespräch mit FIFA.com erklärt der Akteur von Grêmio Porto Alegre, dass das ganze pure Technik war. "Das war schon so geplant. Nachdem ich den Ball unter Kontrolle hatte, bemerkte ich, dass der Torwart sich in die andere Ecke bewegte. Daraufhin habe ich in der Bewegung noch versucht, den Fuß so weit wie möglich zu drehen. Gott sei Dank hat es funktioniert. Ich habe den richtigen Effet hinbekommen und den Torwart verladen", erklärt er. Klingt ganz einfach, aber versuchen Sie jetzt bitte nicht, das Ganze zu Hause nachzumachen.

Es war der bislang größte Augenblick für Luan im brasilianischen Nationaltrikot – in diesem Turnier und überhaupt. Doch durch diesen Spielzug wurde den brasilianischen Fans auch bewusst, dass sie sich getäuscht hatten, als sie dachten, sie verfügten im Kampf um olympisches Gold über ein vielversprechendes Angriffstrio. In Wahrheit handelt es sich jetzt nämlich um ein Quartett, denn der 23-jährige Spieler aus São Paulo komplettiert die aus Gabriel Jesus, Gabriel Gabigol Barbosa und Superstar Neymar bestehende Angriffsformation.

Vom Zuschauer zum Hauptdarsteller Zu Beginn des Olympischen Fussballturniers saß Luan noch auf der Ersatzbank, während sein Team gegen defensivstarke Mannschaften wie Südafrika und Irak mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Es mag Zufall sein, doch seit er in der Startelf zum Einsatz kommt, anfangs als falscher Mittelstürmer, produziert die Angriffsabteilung reichlich Tore. In den letzten beiden Spielen gegen Dänemark und Kolumbien konnten die Brasilianer sechs Treffer für sich verbuchen.

Angesichts seines Talents ist es keinesfalls überraschend, dass Luan in der Olympiaauswahl vertreten ist und mit seinem Team vor heimischem Publikum um die Goldmedaille kämpft. Doch vor fünf Jahren hätte er sicher noch nicht darauf gewettet. Damals schien nämlich nach einigem Hin und Her mit der Rasenvariante in seiner Heimatstadt São José do Rio Preto zunächst alles auf eine Futsal-Karriere hinauszulaufen. Und dann erhielt er in letzter Minute noch eine Einladung vom lokalen Klub América, an der traditionellen Copa São Paulo für Junioren teilzunehmen. Dort machte er mit einer hervorragenden Leistung die Verantwortlichen von Grêmio auf sich aufmerksam und die Dinge nahmen ihren Lauf.

"Bis zu meinem 18. Lebensjahr habe ich nicht vorgehabt, meinen Kindheitstraum weiterzuverfolgen. Doch dann setzte ich mir in den Kopf, dass ich einen Versuch unternehmen wollte. Und plötzlich ging alles ganz schnell. Nach kurzer Zeit bei América konnte ich schon zu Grêmio wechseln. Ich wusste, dass dies die Chance meines Lebens war, und ich wollte sie nutzen", berichtet er.

Nervosität besiegt Nun hat er in seiner dritten Saison in der brasilianischen Liga eine Pause eingelegt, um sich der Olympiaauswahl anzuschließen. Auf dieser Bühne kann der aus dem Süden Brasiliens stammende Spieler sein Potenzial unter Beweis stellen und sich im ganzen Land einen Namen machen. "Eine Olympiade, noch dazu vor heimischem Publikum, wird in ganz Brasilien verfolgt. Dadurch bekomme ich etwas mehr Aufmerksamkeit, kann meinen Namen bekannt machen und zeigen, was ich kann", meint er.

Luan befindet sich im brasilianischen Team in guter Gesellschaft, und das erleichtert die Sache natürlich. Das Zusammenspiel mit Neymar und Co. klappt immer besser, und nachdem in den ersten 180 Spielminuten Flaute geherrscht hatte, spielt man die gegnerischen Verteidiger mittlerweile mit schönen Doppelpässen und Kombinationen schwindlig. Rückblickend vertritt er die Ansicht, dass es lediglich darum ging, die Anfangsnervosität abzulegen. Schließlich handelt es sich um eine junge Mannschaft, die unter hohem Erwartungsdruck steht. "Als wir zusammenkamen, habe ich gleich bemerkt, dass dies eine Mannschaft mit hervorragenden Spielern und gutem Zusammenhalt ist. Dadurch wird alles noch schöner, und ich hoffe, noch mehr von dieser Gesellschaft profitieren und meinen Beitrag dazu leisten zu können, dass wir die Medaille holen."

Eine Kampfansage? Die Verteidiger und Torhüter gegnerischer Teams sollten jedenfalls gewarnt sein. Wenn Luan freie Bahn hat, besteht immer die Gefahr, dass er einen seiner Kunstschüsse abgibt, die manchmal schwer zu erklären sein mögen, für ihn aber einfach nur eine Frage der Technik sind.