Mittwoch 16 September 2020, 09:54

Danilo: "Cristiano hat eine sehr menschliche Seite"

  • Danilo spricht über seine Trainer Zinédine Zidane, Pep Guardiola und Andrea Pirlo

  • Viel Lob für Kevin De Bruyne, Neymar und Cristiano Ronaldo

  • Der Brasilianer spricht über seinen Wunsch, auch 2022 in Katar dabei zu sein

"Ich bin überglücklich, dass ich jetzt in England, Spanien und Italien die Meisterschaft gewonnen habe", sagte Cristiano Ronaldo bei einer Champagnerdusche 2019 in Turin. "Es ist immer ein tolles Gefühl, als einziger Spieler der Fussballgeschichte etwas Bestimmtes geleistet zu haben."

Mit dem Dreifach-Erfolg steht Ronaldo allerdings nun dank eines alten Freundes nicht mehr allein da. Denn Danilo gewann die spanische Meisterschaft zusammen mit Ronaldo, wurde mit Manchester City zwei Mal in Folge englischer Meister und komplettierte mit Juventus Turin nun ebenfalls das magische Tripel.

Der 29-jährige Brasilianer unterbrach kurz die Yogaübungen mit Jonny, seiner französischen Bulldogge, um über seine Teamkameraden Ronaldo und Neymar, seinen Ex-Teamgefährten Kevin De Bruyne, Andrea Pirlos Anfänge als Trainer bei Juve und seine Erfahrungen unter Zinédine Zidane und Pep Guardiola zu sprechen… und natürlich über seine Teilnahme an der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™.

Wie war es, unter Zinédine Zidane und unter Pep Guardiola zu arbeiten?

Sie sind vollkommen gegensätzlich in ihrer Arbeitsweise, waren aber beide für meine fussballerische Entwicklung extrem positiv. Zidane ist ein sehr ruhiger Typ, einzigartig und sehr charismatisch. Er holt das Beste aus seinen Spielern heraus, indem der dafür sorgt, dass sie sich wohl fühlen und entspannt sind. Es war wirklich cool, unter ihm zu arbeiten, und für Real Madrid war es eine sehr erfolgreiche Phase. Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu ihm entwickelt. Guardiola ist das genaue Gegenteil. Er ist überaus intensiv und holt über diese Intensität das Beste aus seinen Spielern heraus. Ich habe zwei Jahre unter ihm gespielt und auch das war eine sehr erfolgreiche Zeit. Er hat mir mit seiner Intensität geholfen, in jeder einzelnen Minute eines Spiels mein Maximum zu geben. Genau das ist seine Arbeitsweise.

Bei Manchester City haben Sie an der Seite von Kevin De Bruyne gespielt. Was halten Sie von ihm?

Für mich ist Kevin ganz ohne Zweifel einer der besten Spieler der Welt auf seiner Position. Wenn man seine Spielweise analysiert, all seine Vorlagen und seine Tore, dann wird klar, dass er sehr viel leistet, dem Team auch taktisch enorm hilft und stets sehr gut positioniert ist. Er ist bei Manchester City eine echte Führungsfigur. Ganz ohne Zweifel ist er einer der formstärksten Spieler der Welt, wenn nicht sogar der allerbeste. Und das ist nicht erst jetzt so. Er hält sich schon seit einigen Jahren auf diesem Niveau. Das sind die Früchte seiner harten Arbeit, wie er seinen Beruf lebt, wie er den Fussball lebt. Ich denke, dass er sich sogar noch etwas weiter entwickeln kann und in den kommenden Jahren der wichtigste Mann bei Manchester City sein kann.

Wie war Ihre erste Saison bei Juventus Turin?

Ich denke, das war ein gutes Jahr. Es war ein Jahr der Anpassung. Ich kam aus der Premier League, die sich taktisch und auch physisch sehr von der italienischen Liga unterscheidet. Ich habe versucht, mich so schnell wie möglich anzupassen. Ich habe viele Spiele bestritten und wir haben den Scudetto gewonnen. Aber es ist ja klar, dass bei Juventus das Ziel ist, die Champions League zu gewinnen – und das haben wir nicht geschafft. Ich hoffe, mein zweites Jahr wird noch besser, und dass ich von Verletzungen verschont bleibe.

Was hielten Sie von Andrea Pirlo als Spieler?

Er war ein Spieler ohne Gleichen. Er war nicht unbedingt der Schnellste, aber er war ein großartiger Denker und enorm stark am Ball. Er hat in den vergangen Tagen ein paar Mal aktiv beim Training mitgespielt und er ist immer noch unglaublich gut – seine Übersicht, seine Technik… Wenn wir ein paar Verletzungen haben, wer weiß? (lacht) Fussballerisch hat er es auf jeden Fall noch drauf.

Welche ersten Eindrücke haben Sie von ihm als Trainer?

Er ist sehr entspannt. Er versteht die Mentalität der Spieler auf dem Platz perfekt, schließlich hat er ja erst vor kurzem aufgehört, selbst zu spielen. Und natürlich kennt er Juventus in- und auswendig. Er weiß, wie er seine Botschaft rüberbringt, wie er in Einzelgesprächen auf die Spieler einwirken kann, wie er das Beste aus ihnen herausholen kann. Und er hat eine ganze Reihe wirklich guter taktischer Ideen umgesetzt und sehr klare Vorstellungen, wie das Team spielen soll. Das gefällt mir sehr gut. Die ersten Tage unter Andrea waren eine wirklich sehr gute Erfahrung.

Was sagen Sie zu Cristiano Ronaldo?

Cristiano ist unbestreitbar ein ganz Großer. Was er in den Spielen leistet und seine Zahlen sagen ja alles. Er ist auch im Training immer mit vollem Einsatz dabei und das überträgt sich auch auf die Spiele. Er hat überaus viele Stärken. Was ihn auszeichnet, ist dass er wirklich in jedem Aspekt stark ist. Und er ist ein wirklich cooler Typ. Ich habe ein wirklich gutes Verhältnis zu ihm. Wir waren ja schon zwei Jahre zusammen bei Real Madrid, und jetzt auch bei Juventus. Wir sprechen über alles Mögliche. Er hat eine sehr menschliche Seite. Immer wieder fragt er mich über Brasilien. Er will beispielsweise ständig wissen, wie die Situation bezüglich COVID-19 in Brasilien ist. Er macht sich Gedanken und Sorgen darüber. Er ist wirklich sehr menschlich, sehr nett.

Sie haben in Spanien, England und Italien gespielt. Welche dieser Ligen halten Sie für die beste?

Das ist sehr schwer zu sagen. Das sind völlig verschiedene Ligen. Was die Qualität und das Niveau angeht wohl Spanien. Große Teams, kleine Teams – alle versuchen immer, offensiv zu spielen, die Schwächen des Gegners auszunutzen, schönen Fussball zu spielen und zu siegen. In England geht es viel robuster zur Sache, mit mehr Körpereinsatz, Leidenschaft, Intensität. Hier ist immer etwas los, es gibt kaum Verschnaufpausen. Diese Art des Fussballs liebe ich sehr. In Italien wiederum ist alles sehr taktisch geprägt, vielleicht auch ein bisschen intelligenter, durchdachter. Es ist sehr schwer [für Angreifer], Räume zu finden. Jede dieser Ligen ist wegen ihrer speziellen Charakteristik so beliebt.

Für Brasilien soll im kommenden Monat die Qualifikation für Katar 2022 beginnen. Wie haben Sie Russland 2018 erlebt?

Es waren sehr gemischte Gefühle. Ich war überaus glücklich über mein WM-Debüt, die Atmosphäre bei einer WM erleben zu können. Dann jedoch kam die Enttäuschung über die zwei Verletzungen, die mich ausfallen ließen. Aber insgesamt war es eine wirklich fantastische Erfahrung. Es ist ein einzigartiges Erlebnis. Die WM ist schließlich das Ziel jedes Fussballers. Wenn man dort dabei ist, genießt man das Gefühl, einen Traum wahr gemacht zu haben. Nach dieser Erfahrung und der Enttäuschung, nicht spielen zu können, obwohl ich unbedingt wollte, will ich nun bei der nächsten WM unbedingt wieder dabei sein.

Sie haben bisher 25 Mal für Brasilien gespielt. Und wer weiß, wie viele Einsätze Sie schon hätten, wäre da nicht ein gewisser Daniel Alves. Ist es nicht frustrierend, wenn ein solch großer Spieler einem so lange im Weg steht?

Nein, das ist nicht frustrierend, auf keinen Fall. Ich bin schon seit einem Jahrzehnt immer mal wieder in der Nationalmannschaft dabei und dann wieder nicht. Ich halte das für einen sehr wichtigen Meilenstein meiner Karriere, eine Leistung. Und zwar wegen meiner Herkunft und meiner Laufbahn. Nicht selten wird ein Mangel an Rechtsverteidigern in Brasilien beklagt. Aber eigentlich stimmt das gar nicht, im Gegenteil. In den vergangenen zehn Jahren hatten wir beispielsweise Maicon und Daniel Alves. Das Niveau der Rechtsverteidiger ist enorm hoch und der Kampf um die Plätze ist sehr intensiv.

Was sagen Sie zu Neymar?

Neymar steht für mich ohne Zweifel ganz oben unter den besten Spielern der Welt, auf dem Gipfel, wo nur für sehr wenige Spieler Platz ist. Ich kenne ihn ja schon über zehn Jahre. Wir waren zusammen bei Santos und dann auch in der Seleção. Ich habe aus nächster Nähe gesehen, was er für unglaubliche Dinge kann. Und wenn er etwas Neues zeigt, überrascht mich das meistens nicht, weil ich weiß, dass er ein Talent hat, das alle anderen aktiven Spieler übertrifft.

Wird Brasilien die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ gewinnen?

(lacht) Das hoffe ich! Die Qualifikation wird sehr schwer. Der Fussball hat sich taktisch und physisch unglaublich entwickelt. Das spielerische Niveau ist jetzt viel ausgeglichener. Aber natürlich ist der Gewinn der WM unser Ziel. Wir haben viele sehr talentierte und sehr erfahrene Spieler im Team.

Welche Teams werden die größten Rivalen Brasiliens im Kampf um den Titel?

Spanien ist in starker Form, Frankreich hat eine sehr starke Spielergeneration am Start und ich sehe auch Belgien unter den Favoriten, sowie auch die Niederlande, die gerade in letzter Zeit sehr, sehr stark aussehen. Und dann sind da natürlich noch die etablierten Teams, wie Italien, Argentinien... Bei einem Turnier wie der WM wiegt neben der Qualität auch die Tradition enorm schwer.