Mittwoch 29 August 2018, 14:56

Löw: "Bei der WM zwei Hauptfehler gemacht" - das sind die Konsequenzen

  • Spielweise und Einstellung als Hauptproblem für das Vorrunden-Aus

  • Kader für Spiele gegen Frankreich und Peru benannt

  • Personell kein großer Umbruch

Rund zwei Monate nach dem historischen Vorrundenaus der deutschen Nationalmannschaft als Titelverteidiger bei der FIFA Fussball-WM Russland 2018™ hat Bundestrainer Joachim Löw öffentlich die Aufarbeitung des Ausscheidens vorgenommen.

Dabei blickte er auf Gründe für den Misserfolg zurück und benannte gleichzeitig seinen Kader für die im September stattfindenden Länderspiele gegen den neuen Weltmeister Frankreich (UEFA Nations League) und Peru (Testspiel).

Problem 1: Die Spielweise

Der Bundestrainer stellte zunächst fest, dass die Meister der großen europäischen Ligen, wie Bayern München, Manchester City, Paris Saint-Germain oder der FC Barcelona alle auf Ballbesitz ausgerichtet seien, wies dann aber auch darauf hin, dass Turniere wie die UEFA Champions League (Real Madrid) oder die WM 2018 (Frankreich) von Mannschaften gewonnen wurden, die andere Schwerpunkte in ihrem Spiel gesetzt haben.

"2010 [bei der WM in Südafrika] war unsere Mannschaft auf Konter ausgerichtet, 2014 hatten wir in allen Daten die goldene Mitte gefunden, doch danach spielten immer mehr Mannschaften immer defensiver gegen uns, 2018 sind wir immer mehr eine Mannschaft geworden, die über Ballbesitz, über totale Dominanz ihre Spiele zu gewinnen versucht", erklärte der 58-Jährige.

"Mein größter Fehler war, dass ich geglaubt habe, dass wir mit diesem Ballbesitz-Fussball durch die Vorrunde kommen. Diese Rahmenbedingungen haben in diesen Spielen bei uns nicht gepasst. Das war fast schon arrogant von mir. Ich wollte das auf die Spitze treiben und perfektionieren."

Außerdem präsentierte der WM-Sieger von 2014 Daten, die untermauerten, dass seine Mannschaft zwar viel gelaufen sei, es aber zum Beispiel an Sprints in die Tiefe oder schnellem Passspiel gemangelt habe.

Die Konsequenz: Die deutsche Nationalmannschaft wird auch in Zukunft oft dominant und mit Ballbesitz auftreten, dabei aber je nach Gegner und Spielphase wohl variabler, teils defensiver und direkter, mit schnellerem Umschaltspiel nach vorne auftreten. Teilweise war dies schon beim FIFA Konföderationen-Pokal 2017 der Fall.

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Problem 2: Fehlendes "Feuer"

Es ist nicht neu, dass es für Fussballmannschaften schwieriger ist, Erfolge zu wiederholen, als sie erstmalig zu erringen. Das bekannte man beim DFB schon vor der WM-Endrunde und ist sicher auch ein Grund dafür, dass nun die letzten drei Weltmeister bereits in der Gruppenphase des nächsten Turniers die Segel streichen mussten.

Auch Löw und seinem Team gelang es nicht, dem genug entgegenzusetzen: "Wenn man ein Turnier gewinnen will, braucht man viel Enthusiasmus, das Feuer, das von Runde zu Runde mehr wird. Wir haben es nicht geschafft, neue Schlüsselreize zu setzen. Wir hatten schon eine kleine Flamme, und meine Spieler haben normalerweise Feuer. Es wäre natürlich meine Aufgabe gewesen, das mehr einzufordern." Gerüchte über Grüppchenbildung bei der WM wies er zurück.

Die Konsequenz: "Die Mannschaft wird ganz anders auftreten", ist sich Löw sicher, der auch bei sich selber festgestellt hatte, dass "wir weiterhin - nach 14 Jahren, nach dieser langen Zeit - die große Motivation, Energie und Kraft haben, um das, was wir in Russland verbockt haben, wieder auf ein gutes Fundament, um das Schiff wieder auf Kurs zu bringen." An diesen Worten wird er ganz sicher gemessen werden.

Evolution ja, Revolution nein

Es wird ein paar personelle Änderungen im Umfeld geben, die vielleicht markanteste ist jene, dass der bisherige Co-Trainer Thomas Schneider hauptverantwortlich die Scoutingabteilung übernehmen wird, doch schon der Kader für die Partien gegen Frankreich und Peru zeigt, dass der Neuanfang auf dem Rasen größtenteils mit dem bisherigen Personal bestritten werden soll. Sami Khedira wurde nicht berufen, Mesut Özil und Mario Gomez sind zurückgetreten, Mario Götze fand erneut keine Berücksichtigung.

  • 17 der 23 Nominierten fuhren schon für den DFB nach Russland

  • 3 Spieler ohne Länderspiel stehen im neuen Kader: Innenverteidiger Thilo Kehrer (21 Jahre), gerade erst aufsehenerregend zu PSG gewechselt, Außenverteidiger Nico Schulz (25) und der offensive Mittelfeldspieler Kai Havertz (19)

  • 9 Spieler in Löws Kader sind 23 Jahre oder jünger alt

  • 1 Spieler ist 30 oder älter - Manuel Neuer.

"Wir müssen nun den richtigen Mix finden zwischen erfahrenen und jungen, dynamischen, hungrigen Spielern. Erfahrung ist weiterhin ein ganz wichtiger Faktor für den Erfolg", so Löw. "Mit der guten Mischung zwischen Erfahrung und Jugend werden wir dieses 'Jetzt erst recht'-Gefühl wieder hinbekommen."

Die Konsequenz: Der Bundestrainer war noch nie ein Mann für Schnellschlüsse und die ganz große Revolution. Insofern ist es konsequent, dass er sich da selber treu bleibt und nicht den großen Umbruch um des Umbruchs Willens wagt. Die nahe Zukunft wird zeigen, ob seine Spieler das in sie gesetzte Vertrauen auch rechtfertigen.

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