Freitag 22 Januar 2021, 08:25

Ripoll – Der Goldgräber

  • Auf den Tag genau in sechs Monaten beginnt das Olympische Fussballturnier der Männer

  • Gespräch mit Sylvain Ripoll, Trainer der französischen U-21-Auswahl

  • "Ich gehöre einer Generation an, die vor den Olympischen Spielen ins Träumen geraten ist"

Am Freitag, 22. Januar, sind es auf den Tag genau sechs Monate bis zum Anstoß des Olympischen Fussballturniers der Männer. Bei dieser Gelegenheit kehrt Frankreich nach 25-jähriger Abwesenheit wieder auf die olympische Bühne zurück. Bei der letzten Teilnahme, 1996 in Atlanta, war das Team im Viertelfinale ausgeschieden.

Wie lässt sich diese lange Abwesenheit der Équipe Tricolore erklären? "Ich kann Ihnen nicht genau sagen, woran das liegt, weil ich nicht dabei war", so Sylvain Ripoll, der seit 2017 die französische U-21-Auswahl trainiert. "Die Qualifikation für ein so prestigeträchtiges Turnier ist für jeden Verband ein lohnendes Ziel. Aber in den letzten Jahren scheinen wir keinen Erfolg damit gehabt zu haben. Auf jeden Fall sind wir sehr zufrieden, dass Frankreich jetzt wieder bei einem so großen Sportereignis wie den Olympischen Spielen dabei ist", betont der 49-jährige Trainer.

"Ich gehöre zu einer Generation, die vor den Olympischen Spielen ins Träumen geraten ist und habe bei jedem Gespräch darüber glänzende Augen bekommen", so der Trainer, der knapp 13 Jahre alt war, als Les Bleus 1984 in Los Angeles die Goldmedaille holten. "Ich glaube, bei meinen Spielern ist das auch der Fall", fügt er hinzu. "Das ruft so viele Erinnerungen und große Momente wach, dass es ganz automatisch eine Ehre ist, an diesem Turnier teilzunehmen."

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Doch im Augenblick ist es noch zu früh, den Blick nach Tokio zu richten, denn in den kommenden Monaten stehen für die Junioren und die A-Nationalmannschaft noch andere Turniere auf dem Plan. "Da wäre die EURO kurz vor dem Olympischen Fussballturnier . Die beiden Turniere reihen sich aneinander. Davor sind wir noch für die U-21-EURO qualifiziert, die im März in Ungarn beginnt und erst im Juni endet! Also ist es am besten, ein Turnier nach dem anderen anzugehen."

Ripoll will sich daher noch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und denkt auch noch nicht darüber nach, welche drei Spieler über 23 er in sein Team integrieren könnte, wie im Reglement des Männerturniers vorgesehen. "Priorität hat natürlich immer die französische A-Nationalmannschaft, das ist logisch", erklärt er, ist aber durchaus empfänglich für das Angebot von Kylian Mbappé, der letztes Jahr seine Olympia-Ambitionen verkündet hat. "Wir können uns in Frankreich nur freuen, einen Spieler vom Kaliber eines Mbappé zu haben, der so denkt."

Der unersättliche Talentscout hat gut 60 Spieler unter enger Beobachtung, von denen etwa 20 im Ausland aktiv sind. Dabei arbeitet er eng mit Weltmeistertrainer Didier Deschamps zusammen, der immer auf der Suche nach neuen Gesichtern ist, um mehr Dynamik in sein Team zu bringen. "Mit Didier habe ich einen regen Austausch über das Potenzial der Spieler, die in der U-21 spielen und den Sprung in die A-Nationalmannschaft schaffen können. Ins A-Team schaffen es nur diejenigen, die auf höchstem Niveau beständige Leistungen bringen. Das kann bei den U-21-Spielern schneller gehen", meint er.

"Didier und seine Mitarbeiter verfolgen die U-21 sehr aufmerksam und schauen sich viele Spiele an. Wir tauschen uns häufig über die Einstellung, den Einsatz und das Potenzial der Spieler aus", erklärt der Trainer, den es immer mit Stolz erfüllt, wenn einer seiner Spieler den Sprung ins A-Team schafft. Darüber hinaus unterhält er sich regelmäßig mit den Trainern der Nachwuchsteams, um den am weitesten entwickelten Spielern den Aufstieg in die nächste Klasse zu ermöglichen.

Wenn man dann noch die Ausnahmeregelung für den Jahrgang 1997 berücksichtigt, der im letzten Sommer spielberechtigt war, dann kann der Trainer bei der Zusammenstellung seines endgültigen Kaders aus einem großen Spielerpool wählen.

Doch Ripoll hat bereits jetzt allen Grund, mit seinem aktuellen Team zufrieden zu sein. "Das ist die zweite Generation, die seit meiner Amtsübernahme vor vier Jahren durch meine Hände geht. Sie ist nicht nur talentiert, denn talentierte Generationen hat man in Frankreich, wo es einen riesigen Spielerpool gibt, seit vielen Jahren. Diese Spieler sind darüber hinaus mit großem Ernst und viel Einsatz bei der Sache. Im Augenblick habe ich den Eindruck, dass meine Spieler hoch konzentriert auf ihre Ziele hinarbeiten. Ich hoffe, das bleibt auch so", meint der Trainer lächelnd, der noch keine Namen für Tokio nennen möchte.

"Es gibt viele Kriterien, die bei der Zusammenstellung eines Kaders für ein solches Turnier zu berücksichtigen sind. Zum einen spielen natürlich die Leistungen einer Rolle, zum anderen liegt die Priorität aber auf der Bildung des bestmöglichen Teams und das bedeutet nicht immer, dass wir die besten Einzelspieler auswählen. Wir müssen auch eingehend analysieren, welche Spieler sich gut ergänzen und gut zusammenpassen", so Ripoll abschließend.