Mittwoch 17 Januar 2024, 17:00

Marta: "Ich habe einen Traum"

  • Marta wandelt mit dem The Best – FIFA Special Award auf den Spuren von Pelé

  • Die sechsmalige Weltfussballerin des Jahres ist auf und abseits des Feldes ein Vorbild

  • „Ich freue mich über die Gewissheit, dass dieser Preis nicht nur Marta, sondern allen Frauen im Namen der Gleichberechtigung verliehen wird“ - Marta

„A Rainha“ - die Königin.

Für viele ist Marta die beste Fussballerin aller Zeiten, und dies mit gutem Grund. Es ist nicht dem Zufall zu verdanken, sondern ihrem absolut unvergleichlichen Talent, dass sie zwischen 2006 und 2018 sechs Mal zur FIFA-Weltfussballerin gewählt wurde.

Zwei Jahrzehnte lang war sie das Gesicht des Frauenfussballs und wurde auf dem Platz bewundert und verehrt. Doch selbst ihre eingefleischtesten Fans wissen längst nicht alles über die Frau hinter der Spielerin.

„In letzter Zeit habe ich angefangen, immer öfter über etwas nachzudenken, was ich mir schon lange gewünscht habe – nämlich, Mutter zu werden. Ich weiss nicht, wie lange ich noch spielen werde. Ich will mich jetzt nicht auf ein oder zwei Jahre festlegen, doch ich würde meine Karriere sehr gerne als Mutter beenden. Also, wenn die Fans das noch nicht wussten, dann wissen sie es jetzt“, sagte sie gegenüber FIFA.com.

„Viele Leute denken, ich als Fussballerin, die ständig spielt und mit vielen Dingen beschäftigt ist, und weil es früher ein eher männlich dominierter Sport war, dass ich nicht davon träume, Mutter zu werden, oder dass ich das nicht will.“

Marta selbst hat seit 2003 und ihrer ersten von insgesamt sechs Teilnahmen an FIFA Frauen-Weltmeisterschaften™ indes eine wichtige Rolle dabei gespielt, die Sichtweise auf den Frauenfussball zu verändern.

In dieser Zeit wurde sie mit 17 Treffern zur Rekordtorschützin bei WM-Endrunden (Männer und Frauen) und erzielte in 175 Länderspielen 115 Tore für Brasilien – mehr als ihre gefeierten Landsmänner Pelé, Ronaldo oder Neymar.

Es sagt alles über ihre herausragenden Erfolge auf und abseits des Spielfelds, dass sie bei den FIFA Football Awards™ 2023 nicht nur mit dem FIFA Special Award ausgezeichnet wurde, sondern dass künftig jedes Jahr die Schützin des schönsten Tores im Frauenfussball einen nach ihr benannten Preis erhalten wird.

Nachdem sie die Auszeichnung entgegengenommen hatte, sprach Marta hinter den Kulissen über diesen ganz besonderen Abend.

„Ich denke, diese Auszeichnung ist sogar noch spezieller, denn sie fasst einen ganzen Kampf zusammen, sie fasst ein Leben zusammen, das dieser Sportart gewidmet ist, die wir alle so sehr lieben. Und wenn wir etwas mit Liebe tun, werden wir am Ende die Früchte ernten und viele Komplimente bekommen.

Die Früchte sind natürlich die Wettbewerbe, die Meisterschaften, die man dank entsprechender Leistungen gewinnen kann – in meinem Fall also beim Fussball spielen. Die Komplimente bilden dieses gewisse Extra, etwas Besonderes, das durch Anerkennung entsteht.

Man plant nicht dafür, eine solche Auszeichnung zu bekommen. Sie ist nicht dafür, was man im Laufe des Jahres als Sportlerin geleistet hat, sondern dafür, was man für die Gesellschaft im Allgemeinen leistet. Und das ist für mich unbezahlbar.“

Die Siegermedaille einer FIFA Frauen-WM blieb Marta stets verwehrt – eine erstaunliche Lücke in ihrer beeindruckenden Erfolgsbilanz, die nach ihrem emotionalen Abschied von diesem Wettbewerb nach Brasiliens Ausscheiden in der Gruppenphase bei der WM 2023 bleiben wird.

Ihre Karriere im Nationalteam ist nunmehr vorüber und auch ihre Tage im Klubfussball sind gezählt, wie sie selbst angesichts ihres im Februar bevorstehenden 38. Geburtstags einräumt. Doch sie hat dafür gesorgt, dass es nun völlig normal ist, dass Kinder auf dem Rücken ihrer Trikots den Namen „Marta“ statt „Messi“ tragen.

„Es erfüllt mich mit Stolz, und wenn ich so etwas von Leuten höre, die mich auf der Strasse ansprechen, dann ist das etwas ganz Besonderes“, so Marta im Rückblick auf den Moment während der FIFA Fussball-WM 2023, als sie davon erzählte, dass sie nicht selten von den Eltern von junge Mädchen angesprochen wird, die davon träumen, wie sie zu werden.

LONDON, ENGLAND - JANUARY 15: (EDITORS NOTE: Image has been digitally enhanced.) FIFA Special Award Winner, Marta Vieira da Silva, poses for a photo during The Best FIFA Football Awards 2023 at The Apollo Theatre on January 15, 2024 in London, England. (Photo by Michael Regan - FIFA/FIFA via Getty Images)

Ich habe den Traum und den Wunsch, Kinder zu haben, sie zum Training zu bringen, mir einen Stuhl zu schnappen und am Spielfeldrand zu sitzen, um beim Training und beim Spiel zuzusehen. Das ist mein Traum und ich hoffe, dass er wahr werden kann.“

Marta

„Wenn wir gut 20 Jahre zurückblicken, also auf die Zeit, als ich mit dem Fussball anfing, drehte sich alles um die Welt der Männer. Die Leute sahen den Fussball damals einfach als Sportart für Männer an.

Im Laufe der Zeit ist es uns gelungen, diese Sichtweise zu verändern, und ich denke, dass die ergriffenen Massnahmen, die Investitionen in den Frauenfussball und die erzielten Fortschritte sehr viel dazu beigetragen haben. Deshalb sollte man diesem Beispiel folgen und versuchen, einen Punkt zu erreichen, an dem wir der sozialen Gleichstellung wirklich nahe sind.“

Auf dieses Ziel will Marta auf einer breiteren Bühne hinarbeiten, denn ihre Leistungen auf dem Spielfeld verschaffen ihr eine Plattform, von der aus sie zum gesellschaftlichen Wandel beitragen kann.

Bereits seit 2010 ist sie als Botschafterin für die Vereinten Nationen aktiv, in den vergangenen fünf Jahren in der Rolle einer UN-Goodwill-Botschafterin für Frauen und Mädchen im Sport, die sich für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau in der Welt einsetzt. Für diese Tätigkeit wird sie mehr Zeit finden, wenn sie die Stiefel endgültig an den Nagel gehängt hat.

„Ich möchte mich für soziale Bewegungen engagieren. Ich bin UN-Botschafterin und hatte daher die Möglichkeit, an humanitären Einsätzen teilzunehmen und Zeit mit Menschen zu verbringen, um diese Botschaft der Hoffnung weiterzugeben und meine Geschichte mit ihnen zu teilen, damit ich auf irgendeine Weise dazu beitragen kann, das Leben dieser Menschen zu verbessern. Ich kämpfe weiterhin für Stärkung und Gleichberechtigung und gebe vielen Frauen eine Stimme, die leider keine eigene haben. Ich habe die Pflicht, diesen Menschen eine Stimme zu geben“, so Marta, die den Wunsch empfindet, mit ihrer Karriere vor allem eine zukünftige Generation zu inspirieren, nämlich ihre eigenen Kinder.

„Ich bin sicher, dass es viele Geschichten und Interviews mit mir im Internet geben wird, doch ich werde mich bemühen, ihnen meine Geschichte selbst zu erzählen, damit sie sich davon inspirieren lassen und ihren eigenen Weg gehen können, sei es im Fussball oder auf einem ganz anderen Gebiet. Ich hoffe, dass sie Fussball spielen und damit eine Familientradition ins Leben gerufen wird. Das ist mein Traum. Ich habe den Traum und den Wunsch, Kinder zu haben, sie zum Training zu bringen, mir einen Stuhl zu schnappen und am Spielfeldrand zu sitzen, um beim Training und beim Spiel zuzusehen. Das ist mein Traum und ich hoffe, dass er wahr werden kann.“

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