Dienstag 05 Januar 2016, 10:47

Lemar: "Neymar klopft laut und vernehmlich an die Tür"

Den Soul- und Pop-Sänger Lemar kann man mit Fug und Recht als Veteran der englischen Musikszene bezeichnen, schließlich steht er bereits seit 2003 im Rampenlicht. Der im Norden Londons geborene Künstler rührt kräftig die Werbetrommel für sein neuestes Album, doch nebenher findet er noch genug Zeit, das Geschehen rund um seinen Lieblingsklub Tottenham Hotspur zu verfolgen.

Lemar, der nur einen Steinwurf entfernt von der White Hart Lane sozusagen im Schatten des Stadions aufwuchs, freut sich über die kleine Revolution, die Trainer Mauricio Pochettino bei den Spurs eingeleitet hat. Der Star sprach exklusiv mit FIFA.com über die aktuelle Mannschaft und seine Kindheitserinnerungen an Paul Gascoigne. Außerdem erklärte er, warum Neymar schon bald die Vorherrschaft von Lionel Messi und Cristiano Ronaldo beim FIFA Ballon d'Or durchbrechen könnte.

Seit wann sind Sie Fan der

Spurs*?Ich bin in Tottenham, nur einen Steinwurf vom Stadion entfernt, geboren und aufgewachsen. Daher bin ich sozusagen automatisch Spurs-Fan. Und das gilt für die ganze Familie. Ich glaube nicht, dass ich mich jemals bewusst dafür entschieden habe! Ich bin einfach als Spurs-Fan aufgewachsen, das ist alles. Bei den Heimspielen konnte ich das Publikum an meinem Fenster hören.

Es war eine großartige Zeit für Tottenham, als Sie aufwuchsen - mit Spielern wiePaul Gascoigne, Chris Waddle, Gary Lineker, Ossie Ardiles, die alle bei dem Klub waren...Oh Mann, Gazza! Ich halte ihn immer noch für einen der besten Spieler, Punkt! Für mich ist er einer der besten Spieler, die je für Tottenham und England gespielt haben. Ich finde, er war einfach ein absolutes Ausnahmetalent im internationalen Fussball. Erst kürzlich war ich zusammen mit Ossie Ardiles bei einem Spiel. Es war einfach eine glorreiche Zeit mit diesen glorreichen Spielern. Aber auch jetzt haben wir keine schlechte Serie!

Was im Moment an der White Hart Lane abläuft, sorgt für ziemlich viel Begeisterung.Gefällt Ihnen die Richtung, in die Pochettino das Team führt?Ja, auf jeden Fall! Ich finde, Pochettino leistet wirklich sehr gute Arbeit. Das Team ist ziemlich jung und hat viel Potenzial. Langsam aber sicher wächst die Mannschaft immer besser zusammen. In der zweiten Saisonhälfte dürfte es schwerer werden, wenn sich bei den Spielern die Erschöpfung bemerkbar macht, denn wir haben einen Stürmer zu wenig. Nach einem relativ verhaltenen Saisonauftakt bringt jeder Sieg mehr Selbstvertrauen und schweißt das Team enger zusammen. Es gab eine Phase mit zu vielen Trainerwechseln. Für die jungen Spieler ist es viel besser, dass wir die Trainer jetzt länger halten und so eine bessere Entwicklung ermöglicht wird.

Waren Sie zu Beginn der Saison besorgt, weil Kane seine Torgefährlichkeit noch nicht wieder erlangt hatte, oder haben Sie stets auf ihn vertraut?Ich habe hinter ihm gestanden. Einige Leute fragten: 'Hat Kane es noch drauf, oder war es nur ein Strohfeuer für eine Saison?' Ich habe eigentlich immer daran geglaubt, dass der Knoten bald platzen würde. Ich halte das für eine wichtige Bewährungsprobe für einen guten Spieler. Man muss in der Lage sein, mit diesem Druck fertig zu werden. Der Unterschied zwischen gut und großartig zeigt sich doch unter Druck. Dann muss man seine Klasse beweisen. Das konnte man auch sehen, als Bolt bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft gegen Gatlin gelaufen ist. Gatlin war eigentlich schneller, doch als es darauf ankam und der Druck richtig groß war, hat Gatlin den Bogen überspannt.

Wie sehen Ihre realistischen Erwartungen für diese Saison aus und wie Ihre Träume?Der Traum ist natürlich der erste Platz! Und Arsenal landet nur auf dem sechsten Platz oder so! Realistisch sieht es so aus, als könnten wir den vierten Platz schaffen, wenn die Erfolgsserie für den Rest der Saison anhält und wir noch einen Stürmer holen können. Wenn wir keinen Stürmer holen, wird wohl nicht mehr als der fünfte Platz drin sein. Ich hoffe auf Platz vier und wäre damit absolut hochzufrieden, weil wir normalerweise stets knapp außerhalb der ersten vier Plätze landen.

Sie haben vor vielen Tausend Zuschauern in großen Hallen wie der O2 Arena gespielt. Denken Sie, der Mix aus Adrenalin und Nervosität bei einem solchen Auftritt ist dem auf dem Fussballfeld vergleichbar?Das halte ich für ziemlich vergleichbar, ja. Ein Stürmer, der ein Tor erzielt, oder ein Torhüter, der einen Elfmeter hält - das dürften ähnliche Emotionen sein, wie wenn man auf der Bühne steht. Ich weiß nicht, was genau es ist, ob es diese Liebe ist, diese Energie, die man spürt, wenn die Menschen hinter einem stehen - das kann man nicht richtig erklären. Daher schießen Stürmer so gern Tore. Natürlich geht es ums Toreschießen, aber es ist auch dieses euphorische Gefühl, die Massen auf seiner Seite zu haben. Das ist eine riesige Sache. Menschen lieben es eben, geliebt zu werden.

Wer wird Ihrer Meinung nach den FIFA Ballon d'Or mit nach Hause nehmen?Mein Favorit, den ich für den besten Spieler des Jahres halte, ist Messi. Ich finde es einfach unglaublich, was er macht und wie er es macht. Allerdings hatte er in dieser Saison etwas mit Verletzungen zu tun und fiel eine Zeitlang aus, so dass Ronaldo möglicherweise vorn liegen wird, aber für mich ist es Messi.

Halten Sie es für möglich, dass die Vorherrschaft von Messi und Ronaldo bald zu Ende geht?Ich denke, im kommenden Jahr dürfte Neymar der erste Kandidat werden. Bisher waren es immer Messi und Ronaldo, ganz klar, aber jetzt tritt Neymar auf den Plan. Ich weiß nicht, ob es damit zu tun hat, dass Messi ein bisschen in den Hintergrund getreten ist, doch ich denke, dass Neymar ähnliche Fähigkeiten hat, oder zumindest zeigt, dass er sie bald haben wird. Es gibt jedenfalls definitiv einen dritten Kandidaten, und das nicht nur kurzfristig. Er klopft laut und vernehmlich an die Tür.