Freitag 06 August 2021, 10:30

Javier Saviola: "Olympische Spiele verändern dein Leben für immer"

  • Javier Saviola gewann Gold beim Olympischen Fussballturnier der Männer in Athen 2004

  • Er erzählt uns, wie es sich anfühlt, eine Goldmedaille für sein Land zu holen

  • Er sprach mit FIFA.com über das besondere Gefühl, an den Spielen teilzunehmen

Im Vorfeld des Olympischen Fussballturniers der Männer 2004 war es für die Argentinier alles andere als perfekt gelaufen. Am 11. August jenes Jahres rollte der Ball erstmals in der griechischen Hauptstadt, aber knapp zwei Wochen zuvor hatte Argentinien im Elfmeterschießen das Finale um die Copa América in Peru gegen die Auswahl Brasiliens verloren.

Das galt es noch zu verdauen und dennoch setzte sich das von Marcelo Bielsa betreute Team in Gruppe C in beeindruckender Weise durch. Neun Punkte und der Gruppensieg bedeuteten das Erreichen des Viertelfinales. Es war den argentinischen Nationalspielern gelungen, die bittere Niederlage in Peru hinter sich zu lassen und sie befanden sich auf dem Weg zum Gewinn der ersten Goldmedaille seit dem Erreichen des Endspiels im Jahr 1928.

"Wir waren gerade erst Zweiter bei der Copa América geworden und dann ging es sofort zu den Olympischen Spielen. Da waren wir natürlich besonders motiviert. Wir hatten die Copa América in den letzten Minuten verloren und wollten das wiedergutmachen. Wir brauchten ein Erfolgserlebnis", erzählt Javier Saviola FIFA.com, als er sich an das Turnier in Athen erinnert.

Die Magie der Olympischen Spiele erfasste bald auch den vielversprechenden Kader der Argentinier, in dem neben Saviola große Talente und spätere Stars wie Carlos Tévez, Maxi Rodríguez, Lucho González standen. Viele von ihnen hatten bereits die FIFA U-20-Weltmeisterschaft 2001 gewonnen. Dazu kam noch die Routine eines Roberto Ayala und ein meisterhafter Trainer auf der Bank mit Marcelo Bielsa – beste Voraussetzungen also für den großen Triumph.

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"Wir waren ein großes Team, geführt von Bielsa, einem Coach, der uns alle sehr beeinflusst hat. Außerdem spielten wir spektakulär, denn wir hatten Spieler von hoher Qualität in unseren Reihen. Es war eine hervorragende Generation, die eigentlich noch mehr Titel hätte holen können", betont Saviola in der Erinnerung an ein argentinisches Team, das das Olympische Fussballturnier mit sechs Siegen und einem Torverhältnis von 17:0 für sich entschied.

Es war ein denkwürdiges Turnier für alle Mannschaftsmitglieder und auch für ganz Argentinien, das das Team von der Heimat aus verfolgte. "Olympische Spiele verändern dein Leben für immer. Außerdem hatten wir unser großes Ziel erreicht, die Goldmedaille zu gewinnen, was schließlich jeder Sportler anstrebt", erklärt Saviola, der bei Vereinen wie dem FC Barcelona, Real Madrid CF und Benfica Lissabon unter Vertrag stand.

"Für mich war es eine einzigartige Erfahrung, denn bei den Spielen fühlte ich mich mehr als Sportler und nicht nur als Fussballspieler. Wir waren dort zusammen mit den Athleten anderer Sportarten, sahen andere Wettbewerbe … Ich fühlte mich äußerst wohl und war sehr glücklich. Ich habe das alles in großen Zügen genossen, denn ich wusste, dass ich wohl kein weiteres Mal dort spielen würde."

Saviola hat diese Erfahrung besonders geprägt. Für den damaligen Angreifer des FC Barcelona waren die Olympischen Spiele ein besonderes Erlebnis.

"Es war einfach beeindruckend. Wir saßen dort zusammen beim Essen, wir teilten gemeinsame Augenblicke mit den besten Tennisspielern der Welt … Man achtete auf so viele Dinge, es gab so viele andere Wettbewerbe. Ich war immer schon ein großer Sportfan und erinnere mich daran, dass ich dort fast verrückt geworden wäre. Ich war einfach glücklich, in einen Bus zu steigen, der voller Sportler ist, diesen Geist von Menschen zu spüren, die ihren Sport lieben, und dieses Gemeinschaftsgefühl und die gemeinsamen Gespräche zu erleben", erinnert sich Saviola mit einem Lächeln.

Javier Saviola during a match in Athens 2004

Saviola versetzt sich in die Situation der Teams von Brasilien und Spanien, die am Samstag im Spiel um die Goldmedaille stehen und erinnert sich an die Tage vor dem Finale, in denen der Wunsch, mit der Goldmedaille in die Heimat zurückzukehren, allmählich Gestalt annahm.

"Dieses Warten ist für jeden Sportler furchtbar. Unser Land stand natürlich Kopf und wollte uns unbedingt ganz oben auf dem Siegertreppchen sehen. Es war eine wunderbare Atmosphäre und am Ende ist alles gut ausgegangen und wir haben gewonnen und unser Ziel erreicht. Als wir die Goldmedaille um den Hals hängen hatten, wussten wir, wie bedeutend das war, was wir erreicht hatten.

Die Auswahl brauchte dieses Gold unbedingt nach dem harten Schlag bei der Copa América, weswegen es etwas ganz Besonderes war, die Goldmedaille zu gewinnen. Ich kann mich an unsere verschworene Gemeinschaft erinnern. Es war einfach wunderbar und für alle so wichtig. Wir waren da schon lange Zeit zusammen gewesen."

Was seine eigenen Gefühle angeht, merkt er noch an: "Diese Goldmedaille kann man nicht erklären. Du versuchst zwar, es dir vor dem Turnier vorzustellen, aber wenn du deine Hymne hörst und man dir die Medaille umhängt, dann ist das eigentlich unbeschreiblich. Man muss es erlebt haben, um dieses wunderbare Gefühl zu verstehen."

Man denkt natürlich auch an ein fussballverrücktes Land mit einer großen olympischen Tradition. "Wenn man dort teilnimmt, weiß man auch wieviel Freude, man den Leuten in Argentinien machen kann, weil man weiß, wie sie dort mitfiebern. Da kam sehr viel zusammen … Man denkt auch an die Spiele und die zahlreichen hervorragenden Sportler, die dort erfolglos geblieben sind, die nie eine Medaille geholt haben, und dann merkt man, wie schwierig das alles ist."

Saviola hat natürlich auch das Turnier in Tokio verfolgt. "Nach dem Spiel gegen Spanien war es schon traurig, die argentinische Mannschaft nicht mehr im Turnier zu sehen. Aber man konnte sehen, dass das Niveau sehr hoch ist. Es gibt dort sehr starke Mannschaften und am Ende stehen die beiden stärksten Teams im Finale, ganz ohne Zweifel", erklärt er.

Er macht keinen Hehl daraus, wen er für den Favoriten auf die Goldmedaille hält: "Spanien hat das Team, das mir am besten gefällt. Ich bin begeistert davon, wie sie spielen. Sie haben einige Spieler im Mittelfeld und im Angriff, die den Ausschlag geben können, weil sie technisch äußerst stark sind. Von den vier Teams, die das Halbfinale erreicht haben, würde ich Spanien am stärksten einschätzen", meint er zum Abschluss.