Freitag 23 Dezember 2016, 12:37

Ein ungewöhnliches Jahr für Lionel Messi

2016 war für Lionel Messi ein eigentümliches Jahr. Es begann sehr gut, denn er sonnte sich im Nachhall seines dritten Titelgewinns bei der FIFA Klub-Weltmeisterschaft, und auch das Ende war wieder sehr positiv, da er das Kalenderjahr als weltbester Torschütze abschloss.

Doch zwischen diesen beiden Höhepunkten gab es einige interessante Episoden, die wir hier beleuchten möchten. Vor allem geht es um ein Ereignis, das für La Pulga in den letzten zwölf Monaten einen Wendepunkt darstellte: die Copa América Centenario in den USA.

Bis dahin lief für Lío nämlich alles ganz normal. Mit dem FC Barcelona sicherte er sich zum achten Mal den Titelgewinn in der spanischen Liga und steuerte zu diesem Erfolg 20 Tore und 16 Vorlagen bei. Damit führte er die Liste der besten Vorlagengeber gemeinsam mit seinem Teamkameraden Luis Suárez an. Mit seinen beiden Vorlagen für Suárez in der Partie gegen Deportivo La Coruña brach er außerdem den Allzeit-Vorlagenrekord der Liga, den der Madrilene Michel hielt (120 Assists).

Doch das war noch nicht alles. Messi musste sich mit Barça zwar in der UEFA Champions League bereits im Viertelfinale geschlagen geben, doch dafür gewann er mit dem Team sowohl die Copa del Rey als auch den spanischen Superpokal.

Fruchtbarer Boden Mit der Nationalmannschaft schien es auch gut zu laufen. Nachdem Messi verletzungsbedingt die ersten vier Spieltage der Südamerika-Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™ verpasst hatte, spielte er bei seiner Rückkehr ins Team an den beiden Spieltagen im März eine entscheidende Rolle. Den Argentiniern gelang es nämlich, die Auswärtspartie gegen Chile und das Heimspiel gegen Bolivien für sich zu entscheiden. Damit schob sich das Team auf einen direkten Qualifikationsplatz vor.

Dann stand im Juni die Copa América Centenario auf dem Programm. Dort erregte zunächst der "neue Look" Messis Aufmerksamkeit. Er ließ sich nämlich einen Bart stehen, den er fortan nicht mehr abrasierte. Sein Beispiel machte sogar unter den argentinischen Fans und seinen Teamkameraden Schule und wurde zu einer Art Talisman.

"Es hat sich so ergeben, und ich werde ihn bis zum Finale tragen. Ich werde ihn pflegen. Die bringen mich um, wenn ich ihn jetzt abnehme", erklärte Messi nach dem Viertelfinale gegen Venezuela. An diesem Tag hatte er Gonzalo Higuaín eine wunderschöne Vorlage geliefert und avancierte zum besten Vorlagengeber der Wettbewerbsgeschichte (8 Assists).

Im Halbfinale gegen die USA erzielte er per Freistoß den Treffer, mit dem er Batistuta (54 Tore) als Rekordtorschützen der Nationalmannschaft ablöste. Zu diesem Zeitpunkt fehlte ihm nur noch ein Titelgewinn mit der Nationalmannschaft, um die bitteren Finalniederlagen bei der WM 2014 in Brasilien und bei der Copa América 2015 vergessen zu machen. "Diese Mannschaft hat es verdient", erklärte er nach dem Halbfinale.

Rückschlag und Rückzug Im 120-minütigen Finale gegen Chile wurde Messi eng gedeckt und unter Druck gesetzt und konnte so keinen entscheidenen Einfluss nehmen. Doch das Schlimmste sollte noch kommen. Im Elfmeterschießen vergab er seinen Elfer und war nach der Partie untröstlich. "Das war's für mich in der Nationalmannschaft", erklärte er in der Mixed Zone. "Ich glaube, es ist für alle besser so. Ich habe wirklich viel versucht. Ich verabschiede mich, ohne mit der Nationalmannschaft einen Titel errungen zu haben."

Die Nachricht von Messis Rücktritt aus dem Nationalteam schlug weltweit Wellen, doch vor allem mobilisierte er die argentinische Fangemeinde und die Experten. Während zuvor kritische Stimmen seine Führungsschwäche bemängelt und gefragt hatten, "warum er in den Endspielen mit Argentinien nicht so gut spiele wie in denen mit Barcelona", gab es nun massive Unterstützung. Die Fans organisierten sich sogar, und in den sozialen Netzwerken wurden Kampagnen viral, die ihn zur Rücknahme seiner Entscheidung bewegen sollten.

Messis Signale waren nicht eindeutig. In einem seiner ersten öffentlichen Auftritte überraschte er mit einem platinblonden Haarschopf. "Hinter dem neuen Look steckt vieles...die Verrücktheit des Augenblicks, der Wunsch, etwas zu ändern, bei Null anzufangen… Ein Neuanfang nach der Copa América, die wir erneut im Elfmeterschießen verloren haben", erklärte er.

Rückkehr und erfolgreicher Jahresabschluss Gleich nachdem Edgardo Bauza das Amt des Nationaltrainers von Gerardo Martino übernommen hatte, versuchte er Messi zu einer Meinungsänderung zu bewegen. Angesichts der uneingeschränkten Unterstützung kündigte Messi schließlich in einer Pressemitteilung seine Rückkehr in die Nationalmannschaft an. "Am Tag des letzten Finales sind mir viele Dinge durch den Kopf gegangen, und ich hatte ernsthaft vor, aufzuhören. Doch mein Land und dieses Trikot bedeuten mir zu viel. Ich danke all diesen Menschen, die möchten, dass ich weiterhin für Argentinien spiele."

So kehrte Messi letztendlich in die Albiceleste** zurück, ohne ein einziges Spiel zu verpassen. Er nahm im September an der WM-Qualifikation teil und spielte erneut eine entscheidende Rolle, als er das Siegtor gegen Uruguay erzielte.

Der abschließende Beweis für seine große Bedeutung für das Team wurde erbracht, als er die folgenden drei Qualifikationsspiele verletzungsbedingt pausieren musste. Argentinien holte lediglich zwei von neun Punkten nach Unentschieden gegen Venezuela und Peru und der ersten Heimniederlage aller Zeiten gegen Paraguay.

Am Doppelspieltag im November präsentierte sich Messi erneut mit verändertem Look: Er hatte die Tätowierung an seinem rechten Bein fast komplett überstechen lassen, und sie ähnelt nun einem Fussballstutzen. Gegen Brasilien wusste er in Belo Horizonte nicht zu überzeugen. Argentinien unterlag der Seleção deutlich, und dieser erneute Tiefschlag ließ sämtliche Alarmglocken schrillen. Gegen Kolumbien steuerte er dann allerdings ein Tor und zwei Vorlagen bei und brachte die Zweifler damit wieder zum Schweigen. Zum Jahresende rangiert Argentinien nun auf dem Playoff-Platz.

Beim katalanischen Derby legte Messi – erneut mit neuer Frisur – einen brillanten Auftritt hin und erzielte einen der 59 Treffer, mit denen er zum dritten Mal in seiner Karriere bester Torschütze des Kalenderjahres wurde (51 für Barça, acht für Argentinien).

Messi hat sowohl auf Vereins- als auch auf Nationalmannschaftsebene eine entscheidende Rolle gespielt. Daher überrascht es nicht, dass er zu den Finalisten um die Auszeichnung The Best – FIFA-Weltfussballer 2016 gehört. Selbst in einem so eigenartigen Jahr wie diesem.