Montag 05 Februar 2018, 16:36

Die Architekten des Erfolgs

  • Die FIFA möchte die Rolle und den Stellenwert der Technischen Direktoren in den Nationalverbänden stärken

  • Der Fokus eines Technischen Direktors sollte nicht auf dem kurzfristigen Erfolg, sondern auf dem Entwicklungsprozess liegen

  • Beim Workshop für technische Führungskräfte in Doha präzisierten FIFA-Experten Kursinhalte für deren Ausbildung

Pep Guardiola wurde während seiner Zeit beim FC Barcelona als Volksheld verehrt. Sowohl als Spieler als auch als Trainer feierte er große Triumphe und führte den Klub an die Spitze. Dennoch blieb er bescheiden: "Johan Cruyff baute die Kathedrale. Unsere Aufgabe ist es, sie zu erhalten und zu renovieren."

Als sich FIFA-Experten zum Workshop der Technischen Direktoren in Doha trafen, startete Hansruedi Hasler, ehemals in dieser Funktion beim Schweizer Fussballverband tätig, mit jenem Guardiola-Zitat die Gesprächsrunde. Ihm gegenüber saßen Technische Direktoren, die auf über 150 Jahre Berufserfahrung blicken konnten und zustimmend nickten. Alle Anwesenden waren sich einig, dass der Vergleich mit einem Architekten zutreffend ist und die Rolle des Technischen Direktors sehr gut definiert, schließlich muss er eine gute Balance finden und viele Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zusammenbringen, um bestenfalls eine Kathedrale – zumindest aber ein stabiles Haus zu bauen.

Seit 2009 ist in den FIFA-Regularien festgehalten, dass ein Land nicht von FIFA-Entwicklungsprogrammen profitieren kann, wenn es keinen Technischen Direktor hat. Daraufhin wurden in vielen Verbänden Technische Direktoren eingestellt, ohne dass jedoch näher auf ihr Profil und ihre Aufgabengebiete eingegangen worden wäre. "Die Arbeitsbedingungen sind insgesamt sehr schwierig. Es fehlt das grundsätzliche Verständnis für die Bedeutung der Entwicklung und damit auch für die Position des Technischen Direktors", erklärt Hasler. Oftmals richtet sich der Blick der Verantwortlichen allein auf prestigeträchtige Infrastrukturprojekte und die Leistung des Nationalteams.

Der Weltfussballverband möchte dem entgegenwirken und bietet Kurse an. "Wir haben seit 2016 nahezu 180 Technische Direktoren geschult", sagt Jürg Nepfer, Head of Technical Development Services der FIFA. "Leider wurde die Hälfte davon bereits wieder ausgetauscht. Dadurch fehlt es an Konstanz und Kontinuität."

Dennoch setzt die FIFA ihre Bemühungen fort. "Dieser Workshop dient uns dazu, die nächste Runde der Kurse für die Technischen Direktoren zu präzisieren und eine endgültige Form zu finden. Die Teilnehmer sind alles Leute mit einer großen Erfahrung. Diese Erfahrung wollen wir nutzen“, sagt Hasler, während Nepfer ausführt: "Neben den Standardkursen für alle neuen Technischen Direktoren wird die Ausbildung in zwei Module unterteilt, die sich auf spezifische Bereiche konzentrieren. Beim ersten Modul geht es um die Rolle des Technischen Direktors, die Struktur der Abteilung, Mitarbeiterführung und Projektmanagement. Das zweite Modul bezieht sich auf die technische Entwicklung sprich auf die Definition einer nationalen Fußballphilosophie, die Trainerausbildung und den Jugendfussball im Elitebereich."

Das Ziel ist es, basierend auf einem Standardangebot maßgeschneiderte Programme für alle Regionen zu entwickeln, um das Profil des Technischen Direktors weltweit zu schärfen und seine Position zu untermauern. "Meines Erachtens muss ein Technischer Direktor zunächst einmal ein guter Kommunikator sein", sagt Eric Abrams, der in Australien arbeitet. "Er muss erklären können, was gemacht werden soll und wie. Aber am Wichtigsten ist es für ihn darzulegen, warum. Nur so können Veränderungen herbeigeführt und festgefahrene Strukturen gelockert werden." Dem stimmt Ulric Mathiot, Technischer Direktor der Seychellen, zu. "Meine Hauptaufgabe sehe ich darin, viele Menschen zu überzeugen, die keinen Fussballhintergrund haben. Deshalb geht es darum, ihnen den Sachverhalt einfach und verständlich näherzubringen", ergänzt er.

In Doha wurden Erfahrungen und Ideen zu den Verantwortlichkeiten ausgetauscht. Die Herausforderungen variieren. Der eine Mitgliedsverband ist kleiner und kann nur auf geringe Ressourcen zurückgreifen. Der Technische Direktor ist dort oftmals auf sich alleine gestellt und nimmt daher eine ganz andere Rolle ein als einer, der bei einem größeren Verband beschäftigt ist und dort vielleicht mehr um seine Einflussnahme und Akzeptanz kämpft. Dennoch verbindet die Technischen Direktoren weltweit die Themengebiete, mit denen sie sich auseinandersetzen. So wurde beim Workshop über die Talenterkennung und biologische Differenzen aufgrund des Geburtsmonats der Spieler sowie deren Auswirkung auf die Teilnahme an Jugendturnieren diskutiert. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Trainerausbildung und der Schaffung einer nachhaltigen nationalen Fussballidentität.

"Oftmals kommen die Technischen Direktoren eines Verbandes aus dem Ausland. Daher ist es essentiell, die nächste Generation von Mitarbeitern aus dem Land bei den Planungen miteinzubeziehen. Nur so kann ein Vermächtnis entstehen, das den Fussball nachhaltig voranbringt", resümiert Abrams.

Ab April können nun die von der FIFA im Verbund mit ihren Experten erarbeiteten Pilotkurse für Technische Direktoren starten. Pep Guardiola wird mit seinem Zitat Teil davon sein, denn ob Architekt, Arbeiter oder Finanzier – am Ende müssen alle in den Verbänden und Konföderationen eng zusammenarbeiten und die Synergien nutzen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen: eine Kathedrale zu bauen, die langfristigen Erfolg für alle Beteiligten verspricht.