Donnerstag 21 Juni 2012, 17:24

Boxx: "Es ist wichtig, darüber zu reden"

"Ich habe mit dieser Diagnose so lange hinter dem Berg gehalten, weil ich nicht wollte, dass sie jemand als Entschuldigung anführt. Ich wollte sie noch nicht einmal selbst als Entschuldigung anführen", erklärt die U.S.-Mittelfeldspielerin Shannon Boxx, bei der vor über zehn Jahren die Autoimmunerkrankung Lupus diagnostiziert wurde.

Die routinierte U.S.-amerikanische Nationalspielerin, die im Sommer bei den Olympischen Spielen 2012 in London ihr drittes Olympisches Fussballturnier bestreiten wird, hat kürzlich ihren Kampf gegen Lupus öffentlich gemacht. Dabei handelt es sich um eine chronische Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem "irrtümlich" das gesunde Körpergewebe angreift. Gelenkschmerzen, Schwellungen sowie extreme Erschöpfung sind nur einige Symptome dieser Krankheit, so dass nun nach dem Bekanntwerden eine Frage unvermeidbar ist: Wie hat Boxx es unter diesen Bedingungen geschafft, international weiterhin auf höchstem Niveau zu spielen?

Boxx erläutert daraufhin dass es unterschiedliche Schweregrade dieser Krankheit gibt, und dass sich der Verlauf bei ihr eher im "leichten bis mittleren" Bereich bewegt. Gegenüber FIFA.com erklärt sie, dass Lupus sich aber dennoch auf ihren Alltag auswirkt. "Es gibt trotzdem noch Dinge, die ich jeden Tag beachten muss", meint sie. "Lupus tritt in Schüben auf. Wenn man gerade keinen Schub hat, fühlt man sich ziemlich normal."

Krankheit kein Hindernis "Bei mir gibt es Symptome, die ich in der Vergangenheit schon hatte und die darauf hindeuten können, dass ein Schub im Anmarsch ist. Meine Handgelenke schmerzen und meine Gelenke machen etwas mehr Ärger als vorher. Wenn mir das auffällt, lasse ich es die nächsten zwei Tage vielleicht etwas ruhiger angehen. Wenn man gerade in einem Trainingslager ist, kann man es natürlich nicht ruhiger angehen lassen, aber ich kann außerhalb der Trainingszeiten schlafen und Dinge tun, bei denen ich nicht stehen muss."

Auf die Frage, ob sie Bedenken hatte, mit ihrer Diagnose kurz vor einem großen Turnier an die Öffentlichkeit zu gehen, erklärte Boxx, sie hielte dies für den richtigen Zeitpunkt und mache sich keine Sorgen mehr, dass man ihr deshalb Chancen verbauen würde. "Mein Karriereende rückt näher, und mir ist mit der Zeit wirklich bewusst geworden, wie wichtig es ist, darüber zu sprechen. Ich denke, dass meine Stimme durch die Position, in der ich mich als Profisportlerin befinde, gehört wird."

"Im Hinblick auf die Olympischen Spiele war ich früh genug dran, so dass das Thema nicht im Mittelpunkt stehen wird", fügt Boxx hinzu. "Ob ich möchte, dass die Leute sich der Sache bewusst sind? Ja. Ich möchte, dass den Leuten klar wird 'Wow, sie kämpft sich da durch' und dass das eine Inspiration ist."

Erfolgreiche Karriere auf allen Ebenen Die mittlerweile 34-Jährige kann auf internationaler und auch auf Vereinsebene auf eine unglaubliche Karriere zurückblicken. Angesichts der zusätzlichen Einblicke in ihren ganz persönlichen Kampf, wäre ein Erfolg beim Olympischen Turnier 2012 in London sicherlich noch viel mehr wert. Ein dritter Triumph in Folge bei den Olympischen Spielen mag vielen als ein für die USA zu hoch gestecktes Ziel erscheinen. Boxx betont indes, dass die Mannschaft keinesfalls in Erinnerungen an die Vergangenheit schwelgt, sondern als neu zusammengestelltes Team darauf hofft, selbst Geschichte zu schreiben.

"Die USA sind vor diesen großen Turnieren immer mit Druck konfrontiert, weil jeder von uns ein gutes Abschneiden erwartet. Ich glaube, das Besondere an dieser aktuellen Mannschaft ist, dass wir untereinander eine so enge Beziehung haben. Das konnte man schon letztes Jahr bei der -Weltmeisterschaft sehen. Ich finde, wir sind auf dem Spielfeld und abseits davon eine geschlossene Einheit. Dadurch sind wir schwer zu schlagen."

"Wir wissen, dass wir dieses Jahr alle an einem Strang ziehen müssen, um den Titel bei den Olympischen Spielen zu verteidigen. Es reicht nicht, wenn eine Person dominiert. Hier wird jeder Einzelne gebraucht", betonte Boxx.

Schwierige Aufgaben in London Die Stars and Stripes haben eine knifflige Auftaktpartie vor sich. Sie müssen gegen Frankreich antreten, gegen das sie sich im Halbfinale der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft letztes Jahr in Deutschland durchsetzen konnten. Nachdem die U.S.-Girls sich gegen die Französinnen zunächst schwer getan hatten und Chancen Mangelware gewesen waren, sicherten sie sich mit einem Sturmlauf gegen Ende der zweiten Halbzeit noch einen 3:1-Sieg und damit den Einzug ins Finale gegen Japan.

Boxx hofft nun, dass die Amerikanerinnen in London mit einem Erfolg ins Turnier starten können, denn ein Sieg gegen Frankreich würde dem Team vor den anderen Gruppenspielen gegen Kolumbien und die DVR Korea eine gute Ausgangsposition verschaffen.

Und nach den Olympischen Spielen ist es gar nicht mehr lang bis zum nächsten großen Turnier. Boxx ist guter Dinge und schließt nicht aus, dass es auch nach London noch weiter geht. "Ich genieße das Ganze im Augenblick einfach. Ich fühle mich körperlich noch immer sehr fit."

"Eine Zeit lang habe ich gedacht: 'Nach der Olympiade, werde ich wohl die Nase voll haben', aber die Zeit ist vergangen, und jetzt habe ich einfach so viel Spaß daran, auf diesem Niveau zu spielen. Ich bin jetzt schon so lange dabei und habe im Fussball so viele denkwürdige und fantastische Erfahrungen gemacht."