Freitag 27 Januar 2017, 03:44

Stephanie Al Naber: Jordanien will zur WM

"Das wird ein spannendes und emotionales Jahr. Wir werden alles daran setzen, unser Ziel zu erreichen und uns für die FIFA Frauen-WM 2019 zu qualifizieren", lautet die Ansage der Spielführerin der jordanischen Frauen-Nationalmannschaft, die sich bereits auf den AFC Asien-Pokal der Frauen freut. Tatsächlich könnte die junge Frau bei dem Turnier im April 2018 in ihrem Heimatland ihre lange Karriere mit einem Ticket für die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Frankreich 2019™ krönen.

Die Familie von Stephanie Al Naber ist eng mit der weltweiten Sportart Nummer eins verbunden. Ihr Vater ist Mitglied der Vereinsführung von Shabab Al Ordon und ihr Bruder Yousef, der beim prominenten Klub Al Faisaly unter Vertrag steht, ist jordanischer Nationalspieler. Sie selbst hat ihre Liebe zum Fussball zweifellos ihren Genen zu verdanken. Auf dem Platz machte sie bislang vor allem durch ihren starken linken Fuß von sich reden. Stephanie begann an der Seite ihres Bruders und weiterer Verwandten schon sehr früh mit dem Fussball spielen – wenngleich zunächst nur auf der Straße. Später spielte sie dann in der Schulmannschaft, bevor sie sich Jahr für Jahr weiter nach oben arbeitete. In ihrer jordanischen Heimat leistete sie einen großen Beitrag zur Einführung und Verbreitung des Frauenfussballs. Seit der Gründung der jordanischen Frauen-Nationalmannschaft im Jahr 2005 zählt sie zu deren wichtigsten Stützen. Überdies war Al Naber die erste Jordanierin, die für einen ausländischen Klub spielte. Bisher hatte die Mittelfeldspielerin Engagements in Dänemark, in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Libanon.

Losglück auf Seiten Jordaniens Stephanie war mit einigen ihrer Nationalmannschaftskolleginnen bei der Auslosung der Qualifikation für den AFC Asien-Pokal 2018 der Frauen dabei, die vor wenigen Tagen in Amman über die Bühne ging. Und obgleich Jordanien als Gastgeber automatisch für das Turnier qualifiziert ist, spürten sie und ihre Mitspielerinnen an diesem Abend auch ein bisschen Stress. Al Naber klärte uns darüber auf, warum diese Auslosung für sie und ihr Team so wichtig war. "Auch wenn wir automatisch qualifiziert sind, zwei Dinge sind für uns dennoch von grundlegendem Interesse. Einerseits wollten wir erfahren, wer unsere Gegner in Gruppe A sind, da wir mit Zustimmung der asiatischen Konföderation trotzdem an der Qualifikation teilnehmen, um Spielpraxis zu sammeln. Andererseits verfolgen wir natürlich auch die Zusammensetzung der anderen Gruppen. Da sind einige große Kaliber dabei. Weiterkommen kann von ihnen aber nur eine Mannschaft. Das kommt uns entgegen. Damit erhöhen sich unsere Chancen für ein WM-Ticket."

"In den vier Gruppen gibt es jeweils mindestens zwei konkurrenzfähige Teams", so Al Naber weiter. "Dass die Republik Korea und die DVR Korea beide der Gruppe B zugelost wurden, bedeutet gleichzeitig, dass eine von beiden Mannschaften nach der Gruppenphase ausscheidet. Das Gleiche gilt für Vietnam und Myanmar in Gruppe D sowie Thailand und Chinese Taipei in Gruppe C.

All diese Teams haben beim AFC Asien-Pokal mehr Erfahrung als wir. Je weniger davon übrig bleiben, umso höher ist unsere Chance auf den Einzug in die nächste Runde. Wir wissen, dass wir beim AFC Asien-Pokal als Gruppenkopf gesetzt sein werden, ebenso wie Japan als amtierender Titelträger. Die Auslosung hat uns ein Aufeinandertreffen mit Australien und der VR China bereits in der Gruppenphase erspart. Dadurch haben wir durchaus Chancen, uns für die FIFA Frauen-WM zu qualifizieren."

Eine gute Vorbereitung Seit 2005 war Stephanie bei allen großen Turnieren, bei denen Jordaniens Frauen-Nationalmannschaft vertreten war, mit von der Partie. Bislang triumphierte sie drei Mal bei der Westasien-Meisterschaft und ein Mal im Arabischen Pokalwettbewerb. Außerdem vertrat sie ihr Land bei den jüngsten drei Auflagen (2006, 2010 und 2014) der Asien-Spiele. Überdies verhalf sie Jordanien in der Qualifikation für den AFC Asien-Pokal 2014 der Frauen zur erstmaligen Teilnahme am kontinentalen Turnier.

"Wir alle waren damals fest entschlossen, uns für den ersten AFC Asien-Pokal der Frauen zu qualifizieren", erinnert sich Al Naber im Gespräch mit FIFA.com. "Wir haben uns perfekt auf die Qualifikation vorbereitet und am Ende unser Ziel auch erreicht. Unsere Freude darüber war riesig, die Vorbereitung auf das Turnier selbst war indes weitaus weniger intensiv. Prompt unterlagen wir in der Auftaktpartie gegen Vietnam mit 1:3. Danach hatten wir mit dem gleichen Ergebnis gegen Australien das Nachsehen. Mir persönlich gelang in dieser Begegnung unser einziger Treffer im Turnier. Und im letzten Gruppenspiel kassierten wir gegen Japan eine deftige 0:7-Niederlage.

Diese Niederlagen tun weh, vor allem die gegen Japan. Allerdings sollte man dabei bedenken, dass es unsere erste Teilnahme an einem größeren Turnier war. Die Japanerinnen hingegen hatten 2011 bereits die WM-Krone geholt und die Australierinnen waren 2010 Asienmeister geworden. 2015 in Kanada gab es auch hohe Niederlagen. Das ging bis 0:10. So gesehen war es nicht ungewöhnlich, dass wir nach einer schlechten Turniervorbereitung solche Ergebnisse eingefahren haben."

Die richtigen Lehren ziehen Stephanie hat daraus folgende Schlussfolgerung gezogen: "In unserer Mannschaft haben wir acht Spielerinnen, die seit 2005 dabei sind. Die anderen sind bei den nachfolgenden Turnieren in unser Team gekommen. Nun gilt es, von den bisher gesammelten Erfahrungen zu profitieren und den Fokus auf die WM-Qualifikation zu legen. Das wird keine leichte Aufgabe. Doch wir werden unsere Vorbereitung in den kommenden 14 Monaten intensivieren, um so unsere Chancen zu erhöhen. Der jordanische Fussballverband wird uns dank zahlreicher Trainingslager weiter voranbringen. Diese dienen dazu, uns im physischen und technischen Bereich zu verbessern. Auch werden wir Testspiele gegen Mannschaften absolvieren, die uns vom Niveau her überlegen sind. Wir haben weder Angst vor Japan noch vor Australien. Auch nicht vor europäischen Nationalteams oder Klubs. Solche Spiele sind schon deshalb notwendig, weil wir zum richtigen Zeitpunkt bereit sein wollen.

Gern hätte ich die Zeit um mehrere Jahre zurückgedreht und an der FIFA U-17-Weltmeisterschaft 2017 teilgenommen, deren Gastgeber unser Land vor ein paar Monaten war. Bei diesem Turnier herrschte eine wunderbare Atmosphäre. Einige Spiele habe ich hautnah im Stadion verfolgt. Die Zuschauer haben die Ränge gefüllt und die jordanischen Spielerinnen lautstark unterstützt. Wir hoffen, dass sie auch weiterhin voll hinter uns stehen, damit wir unser Ziel gemeinsam erreichen können. Den Schwung aus diesem Turnier müssen wir jetzt nutzen, um uns eine strahlende Zukunft aufzubauen."

Der Traum von der WM-Teilnahme Stephanie scheut sich nicht, uns ihren wohl verrücktesten Traum zu verraten. "Seit bekannt ist, dass wir den AFC Asien-Pokal ausrichten, üben sich unsere Spielerinnen permanent in Prognosen, reden über andere Mannschaften oder fragen sich, wie wir eines der fünf zu vergebenden WM-Tickets ergattern können. Die WM-Qualifikation wäre eine fantastische Anerkennung für all die Anstrengungen der vergangenen Jahre."

"Normalerweise verpasse ich kein einziges großes Turnier", so Al Naber, die sich schon als Kind für den Fussball interessierte. "Die Spiele der WM in Deutschland 2011 haben wir mit der gesamten Mannschaft auf einem Großbildschirm im Stadion verfolgt. Das Ambiente war fantastisch. Bei der jüngsten Turnierauflage 2015 in Kanada habe ich vor allem die technischen Details, die Leistungen der einzelnen Spielerinnen und die taktischen Strategien beobachtet. Ich bin ein bekennender Fan von Brasilien und Frankreich.

Brasilien hat viele talentierte Spielerinnen wie Marta in seinen Reihen. Die schaltet und waltet auf dem Platz nach Belieben. Zudem verfügt sie über eine außergewöhnliche Technik. Und sie spielt seit über zehn Jahren auf höchstem Niveau. Die Französinnen setzen mehr auf die mannschaftliche Geschlossenheit. Meine Lieblingsspielerin ist allerdings Louisa Necib Cadamuro, die mich an den Stil von Zinédine Zidane erinnert. Und was die U.S.-Amerikanerin Carli Lloyd anbelangt, so war deren Leistung in Kanada 2015, vor allem im Finale, schlichtweg überragend. Sie hat schon alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Nicht umsonst ist sie kürzlich erneut als FIFA-Weltfussballerin des Jahres ausgezeichnet worden."

Stephanie Al-Naber und ihre Mitspielerinnen werden also alles in ihren Kräften Stehende tun, um den AFC Asien-Pokal 2018 der Frauen in Bestform anzugehen und den jordanischen Frauenfussball so gut wie möglich zu vertreten. Und natürlich verbinden sie damit die Hoffnung, ihren Traum von der Qualifikation für die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2019™ und damit der ersten WM-Teilnahme ihres Landes, verwirklichen zu können.