Montag 05 November 2018, 08:37

Bond-Flasza, Jamaikas Elfmeterheldin

  • Bond-Flasza verwandelte den entscheidenden Elfmeter, der Jamaika das Ticket für die Frauen-WM bescherte

  • Die "Reggae Girlz" feiern 2019 in Frankreich ihr Turnierdebüt

  • Die Verteidigerin von PSV Eindhoven spricht über ihr Engagement in Europa und Jamaikas WM-Ambitionen

Auf dem Weg von der Mittellinie zum Elfmeterpunkt wusste Dominique Bond-Flasza genau, was auf dem Spiel stand: Bei einem Tor würde Jamaika erstmals zur FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ fahren.

Entsprechend groß war der Druck. Doch die 22-Jährige ließ sich von all dem nicht beeindrucken, trat selbstbewusst an den Elfmeterpunkt und setzte die Kugel vorbei an Panamas Torhüterin Yenith Bailey in die Maschen. Damit landeten die Reggae Girlz bei der CONCACAF-Frauen-Meisterschaft im Oktober auf dem dritten Platz, der gleichbedeutend mit dem Ticket für Frankreich 2019 war. Die kompromisslose Verteidigerin war indes optimal auf diesen entscheidenden Moment vorbereitet.

"Vor dem Spiel haben wir den gesamten Ablauf genau so trainiert – den ganzen Weg von der Mittellinie bis zum Elfmeterpunkt, und dann natürlich den Schuss selbst – für den Fall, dass genau dies passieren würde", erzählt Bond-Flasza im Gespräch mit FIFA.com. "Es ist sehr viel leichter, wenn man weiß, dass man gut auf eine bestimmte Situation vorbereitet ist. Daher war ich ziemlich selbstsicher, als ich zum Elfmeterpunkt ging.

"Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, dass ich Jamaika erstmals zur Teilnahme an der FIFA Frauen-WM verholfen habe", so die Verteidigerin weiter. "Unsere Torhüterin Nicole [McClure] hat zwei Elfmeter gehalten und damit natürlich viel Druck von den Schützinnen genommen."

Und während die Reggae Girlz in Frisco (Texas) auf dem Spielfeld jubelten, taten dies auch ihre Landsleute auf der ganzen Welt. In den Sozialen Medien freuten sich alle gemeinsam über diesen historischen Erfolg und schickten Glückwünsche an das Team, allen voran der Premierminister und Olympia-Legende Usain Bolt.

Für viele unter den älteren Fans stellte sich das Gefühl eines Déjà vu ein. Denn vor 21 Jahren feierten die Reggae Boyz ihre erste und bislang einzige WM-Teilnahme – 1998 in Frankreich. Und genau dort werden 2019 nun auch die Reggae Girlz die Farben ihres Landes hochhalten. "Das ist schon ein ziemlich verrückter Zufall", so Bond-Flasza, die bei Jamaikas erstem Auftritt auf der Fussball-Weltbühne erst ein kleines Kind war.

Fussball – die universelle Sprache

Bond-Flasza wurde 1996 als Tochter eines polnischen Vaters und einer jamaikanischen Mutter in New York geboren. Sie wuchs in Kanada auf, bis ihre Familie erneut umzog, dieses Mal in den Süden Kaliforniens. Damals war Bond-Flasza gerade erst ein Teenager.

"Dank des Fussballs habe ich mich überall gut einfügen können, denn er ist einfach die universelle Sprache schlechthin", sagt sie. "Es ist leicht, neue Freunde zu finden, wenn man die gleiche Leidenschaft teilt. Daher waren diese Umzüge für mich eigentlich ein großer Spaß. Denn es ist eine gute Sache, den Fussball an verschiedenen Orten in verschiedenen Arten kennenzulernen."

Im Juli 2018 machte Bond-Flasza dann einen großen Schritt und wechselte von den Seattle Sounders nach Europa, zur Frauenabteilung des PSV Eindhoven. Sie hat sich bereits gut an das Leben und den Fussball in den Niederlanden gewöhnt.

"Das fussballerische Niveau ist hier sehr hoch", so ihre Einschätzung. "Die Spielerinnen sind technisch sehr hochklassig. Das hilft auch mir, mich weiter zu verbessern. Ich denke, dass ich ganz gut hierher passe. Das Niveau der Liga wirkt sich sehr gut auf mein Können aus.

Worin bestehen ihrer Meinung nach die Unterschiede im Fussball zwischen Nordamerika und Europa? "Eigentlich ist der Unterschied gar nicht so groß. Hier wie dort versucht man, ein Aufbauspiel mit vielen Anspielstationen aufzuziehen – das klassische Tiki-taka eben.

Aber das Tempo ist in der niederländischen Liga höher. Daran musste ich mich in den ersten Wochen erst einmal gewöhnen."

Nächster Halt: Frankreich

Im kommenden Monat erfahren die Jamaikanerinnen, auf welche Teams sie in Frankreich in der Gruppenphase treffen. Am 8. Dezember findet in Boulogne-Billancourt, nahe Paris, die Auslosung der Gruppen für Frankreich 2019 statt. Von den 18 bislang qualifizierten Nationen ist das Team von Trainer Hue Menzies in der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste am schlechtesten platziert: Derzeit belegen die Jamaikanerinnen Rang 64.

Dennoch wird Jamaika mit großen Ambitionen nach Frankreich fahren, so Bond-Flasza.

"Wir geben uns nicht mit der Qualifikation zufrieden. Wir wollen beweisen, dass wir dazu gehören und mithalten können", versichert sie. "Wir werden kämpfen, um den Sprung aus der Gruppenphase zu schaffen und der Welt damit zu zeigen, dass wir viel besser sind, als viele Leute wohl denken. Man sollte uns nicht unterschätzen."

Bei den Reggae Boyz herrschte während der WM 1998 eine echte Familienatmosphäre. Auch bei den Reggae Girlz spielt der herausragende Teamgeist eine wichtige Rolle und dürfte der Mannschaft im kommenden Jahr sehr zugute kommen.

"Diese Kameradschaft ist sehr viel wert", so Bond-Flasza. "Die Mädchen kommen nicht nur auf sondern auch abseits des Spielfelds sehr gut miteinander aus. Es ist wichtig, dass wir alle aufeinander vertrauen können."

Bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ 1998 zeigten Jamaikas Stars wie Robbie Earle, Ricardo Gardner und Theodore Whitmore in Frankreich ihr Können. Nun schlägt bald die Stunde von Spielerinnen wie Khadija Shaw, Jody Brown und Bond-Flasza. Es ist die große Stunde der Reggae Girlz.