Samstag 13 Juni 2020, 01:07

Logarzo und Australien wenden das Blatt gegen Brasilien

  • Australiens Sieg nach Rückstand gegen Brasilien ist ein Klassiker der WM-Geschichte

  • Es war der erste WM-Sieg nach Zweitore-Rückstand seit 24 Jahren

  • Chloe Logarzo spielte zwischen zahlreichen Topstars die entscheidende Rolle

2019 in Frankreich trafen Australien und Brasilien zum vierten Mal in Folge bei einer FIFA Frauen-WM aufeinander. Die Australierinnen gingen in Topform ins Turnier, während die Brasilianerinnen vor dem WM-Auftakt sage und schreibe neun Spiele in Folge verloren hatten. Dennoch unterlagen die Matildas in ihrem Auftaktspiel gegen Italien unerwartet mit 1:2, während die Canarinhas einen glatten 3:0-Sieg gegen Jamaika einfuhren.

In beiden Teams standen reichlich Topstars: Die legendäre Marta war im Auftaktspiel nicht dabei gewesen, konnte jedoch gegen Australien nach einer Verletzung zunächst wieder spielen. Bei den Matildas ruhten die Hoffnungen in erster Linie auf Sam Kerr, die wenige Tage zuvor ihr erstes WM-Tor erzielt hatte.

Eine weitere Niederlage hätte ein Ausscheiden Australiens mehr als wahrscheinlich gemacht. Die Brasilianerinnen wiederum wollten Revanche für das Ausscheiden im Achtelfinale gegen Australien vier Jahre zuvor in Kanada nehmen. Bei den Olympischen Spielen von Rio 2016 hingegen hatten die Brasilianerinnen sich im Elfmeterschießen gegen die Matildas durchgesetzt und waren damit in die Medaillenrunden eingezogen. Danach wiederum hatte Australien vier Mal in Folge gegen Brasilien gewonnen und dabei nicht weniger als 14 Tore erzielt.

Es gab also reichlich Gesprächsstoff und es ging um viel. Würde die Partie halten, was man sich von ihr versprach? Die Antwort: Weit mehr als das. Es entwickelte sich ein wahrer Klassiker der WM-Geschichte.

Die Brasilianerinnen gingen durch Tore von Marta (Elfmeter) und Cristiane (Kopfball) im Abstand von elf Minuten mit 2:0 in Führung. Cristiane hatte bereits 2007 in China den Siegtreffer gegen Australien erzielt. Die Matildas starrten somit bereits in den Abgrund. Nur ein einziges Mal hatte ein Team ein WM-Spiel nach einem Zweitore-Rückstand noch gewinnen können.

Doch dann leiteten die Australierinnen wenige Momente vor der Pause mit dem Anschlusstreffer die Wende ein. Marta musste in der Pause ausgewechselt werden, ebenso wie die unermüdliche Formiga. Mitte der zweiten Halbzeit lagen die *Matildas* dann tatsächlich vorn. In der Schlussphase gab es noch reichlich Action in beiden Strafräumen, doch weitere Tore fielen nicht mehr, so dass die Australierinnen am Ende einen 3:2-Sieg bejubeln konnten.

FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Frankreich 2019™ - Gruppe C 13. Juni Australien 3 (Caitlin Foord, 45.+1, Chloe Logarzo, 58., Monica (Eigentor, 66.) Brasilien 2 (Marta, 27. (Elfm.), Cristiane, 38.) Stade de la Mosson, Montpellier

Die Spielerin

Auf beiden Seiten standen zahlreiche Topstars auf dem Rasen, von denen die meisten bereits 2015 in Kanada dabei gewesen waren. Die beste Spielerin war jedoch eine der wenigen Ausnahmen.

Chloe Logarzos Weg war ein völlig anderer als derjenige der meisten Stars auf dem Rasen, von denen viele bereits ein Jahrzehnt internationaler Erfahrung vorweisen konnten. Logarzo hingegen hatte den Sieg der *Matildas* gegen Brasilien 2015 in einer Bar in Griechenland verfolgt. Damals war sie als Rucksacktouristin in Europa unterwegs.

Vier Jahre später erzielte sie dann das Ausgleichstor und bereitete einen weiteren Treffer vor. Damit war sie die entscheidende Figur für den Sieg.

"Ich habe zu keinem Zeitpunkt gedacht, dass wir dieses Spiel verlieren würden", sagte Logarzo gegenüber FIFA.com und bewies damit ihre kämpferische Art.

"Ich denke, das ist der australische Kampfgeist. Trainer Ante Milicic sagte in der Halbzeit in der Kabine genau das Gleiche. Wenn wir mit dem Rücken zur Wand stehen, dann drehen wir voll auf. Wir kamen mit so viel Leidenschaft zurück aufs Feld – es war einfach unglaublich."

Mittelfeldspielerin Logarzo ist für Trainer ein Traum. Sie ist von eher kleiner Statur, doch dafür hat sie ein wahres Kämpferherz. Sie leistet im Mittelfeld unglaublich intensive Laufarbeit und scheint dabei kaum ins Schwitzen zu kommen.

"Ich habe fast geweint, als ich die Mädels (bei der WM 2015 in Kanada) gesehen habe. Das Gefühl bei meinem Tor kann ich nicht in Worte fassen. Ein Traum wurde wahr. Und dabei waren auch noch meine Familie und viele Freunde im Stadion, einfach unglaublich!"

Zahlen und Fakten

  • Schweden war 1995 das einzige andere Team, das ein WM-Spiel nach einem Zweitore-Rückstand noch gewinnen konnte (ausgenommen Elfmeterschießen)

  • Australien hatte durch dieses Resultat in vier der letzten zehn WM-Spiele nach einem Rückstand noch ein Remis geholt oder gesiegt

  • In Brasiliens Startaufstellung standen sechs Spielerinnen über 30.

  • Marta wurde zur ersten Spielerin, die bei fünf WM-Turnieren traf

  • Cristianes Treffer war ihr elftes WM-Tor. Nur Marta, Birgit Prinz, Abby Wambach und Michelle Akers haben bei Weltmeisterschaften öfter getroffen.