Sonntag 09 Juni 2019, 11:10

Deutschlands leise Spielmacherin über Aufs und Abs

  • Leistungsträgerin, die außerhalb des Platzes eher leise ist

  • "In meinem Leben noch nie so viel Käse gegessen"

  • Einsatz gegen Spanien fraglich

Von Steffen Potter, Teamreporter Deutschland

Fast jede große Mannschaft bei der FIFA Frauen-WM Frankreich 2019 hat ein prägendes Gesicht, diese eine Spielerin, über die alle reden und die alle kennen. Manche dieser Spielerinnen genießen die Aufmerksamkeit, andere dagegen drängen sich selber nicht gerade in den Vordergrund und lassen am liebsten ihre Leistung auf dem Platz sprechen.

Zur zweiten Gruppe gehört Deutschlands Spielmacherin Dzsenifer Marozsan. "Ich bin etwas zurückhalten, wenn es um das Reden geht", lacht sie beim TV-Interview für die FIFA. "Auf dem Platz glaube ich schon, dass ich mit meiner Spielweise klare Akzente setzen und vorangehen kann. Am Ende geht es darum, zum Erfolg der Mannschaft beizutragen." Das Amt der Kapitänin, das sie unter Steffi Jones noch inne hatte, hat sie von sich aus zurückgegeben.

Die 27-Jährige, die seit 2016 für Europas erfolgreichsten Verein Olympique Lyon spielt, hat auf nationaler Eben und internationale Ebene so ziemlich alles gewonnen, wurde zuletzt in Frankreich drei Mal in Folge zur Spielerin des Jahres gewählt, doch der eine Titel, der fehlt ihr noch.

"Den WM-Titel auch noch zu gewinnen wäre ein Traum, noch dazu in Frankreich, das ist etwas sehr Besonderes für mich. Ich weiß aber auch, wie schwer das ist, viele Nationen haben aufgeholt, in der Breite ist der Frauenfussball eng zusammengerückt", sagte Marozsan zur FIFA. "Ich habe ihn mit der Jugend [U-20, 2010] zwar schon einmal gewonnen, aber das is etwas anderes." 2011 in Deutschland war sie aufgrund einer Knieverletzung nicht dabei, 2015 in Kanada litt sie das Turnier über an Knöchelproblemen.

Halbfinalspiele und das Endspiel finden in Marozsans Wahlheimat Lyon statt. "Das ist für mich ein heimisches Publikum, es wäre wunderschön, dort zu spielen", sagt sie. "Ich muss sagen, dass ich in meinem Leben noch nie so viel Käse gegessen habe wie in den letzten drei Jahren. Das Essen in Frankreich ist natürlich hervorragend, ich fühle mich hier pudelwohl."

Letzten Sommer allerdings litt sie unter einer Lungenembolie, zeitweise wurde sogar infrage gestellt, ob sie ihre Karriere beenden müssen würde. "Das war ein sehr schockierender Moment für mich und meine Familie. Aber alle standen hinter mir und haben mir sehr viel Mut und Kraft gegeben. Ende Oktober bin ich zurückgekommen, habe alle drei Titel mit meinem Verein gewonnen, ich darf bei einer WM mit Stolz den Adler auf der Brust tragen."

Vor Frankreich 2019 befand sich Marozsan in bestechender Form und auch in der Anfangsphase des Eröffnungsspiels gegen China (1:0) lief viel über sie. Nach knapp einer Viertelstunde erhielt sie jedoch einen Tritt auf den Fuß und schleppte sich zwar eher unauffällig über die restliche Spielzeit. Am Mittwoch gegen Spanien wird sie definitiv ausfallen.

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"Wir brauchen auch Lösungen, wenn es unseren Gegnern gelingen sollte, Dzsenifer Marozsan in der Spielgestaltung zu neutralisieren", hatte Potsdams Trainerlegende Bernd Schröder (zwölf Meisterschaften, zwei Siege in der UEFA Women's Champions League) vor Turnierbeginn gesagt. Vielleicht muss die Mannschaft genau diese Lösungen schon im zweiten Gruppenspiel abliefern.