Montag 12 November 2018, 04:32

Jennifer Sosa – Uruguays Torengel

  • Sie kam in den USA zur Welt und ist mit 14 Jahren die Jüngste im Team

  • Mit neun Jahren verlor sie bei einem Brand alles und nutzte den Fussball als Ablenkung

  • Heute träumt sie von einem Sieg bei der FIFA U-17-Frauen-WM in Uruguay

Jennifer Sosa ist ein fröhlicher Mensch mit einem einnehmenden Lächeln und einer für eine 14-Jährige beachtlichen Lebensgeschichte.

Die Torhüterin der gastgebenden Mannschaft der FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft Uruguay 2018 wurde in New York geboren, weil ihr Vater Héctor auf der Suche nach einem besseren Leben in die USA ausgewandert war. Sie war gerade einmal neun Jahre alt, als die Wohnung der Familie in der Bronx ausbrannte und sie alles verlor.

"Wir wollten gerade schlafen gehen, als wir Rauch unter der Tür hindurchquellen sahen. Das Haus ging in Flammen auf, und wir hatten keine Zeit mehr, etwas zu unternehmen", erklärt sie im Gespräch mit FIFA.com in fast perfektem Spanisch, wenn auch mit leichtem nordamerikanischen Akzent.

"Wir standen auf der Straße, und man brachte uns in eine Notunterkunft, in der Menschen bei der Suche nach einer neuen Wohnung geholfen wird. Einige verbrachten dort Jahre, doch wir hatten viel Glück und konnten schon nach sechs Monaten wieder ausziehen", so die Torhüterin weiter.

Zu diesem Zeitpunkt trat der Fussball in ihr Leben. "Mein Papa ging mit mir spielen, um mich abzulenken. Eines Tages stellte er mich ins Tor, ich hielt gut, und als wir nach Hause kamen, sagte er zu meiner Mutter, dass ich das Zeug zur Torhüterin hätte."

Für Jennifer war "der Fussball immer mit der Celeste und der uruguayischen Kultur" verbunden. Sie erinnert sich sogar noch daran, den Sieg bei der Copa América 2011 gefeiert zu haben. Ihre Leidenschaft für das Spiel mit dem Ball erwachte jedoch erst später, als sie vom FC New York City entdeckt worden war und viele Opfer bringen musste, um am Training teilnehmen zu können.

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Der Sprung in die U-17-Auswahl

Nachdem ihr Vater gesehen hatte, dass sie es sogar mit älteren Jungen aufnehmen konnte, erstellte er eine Facebook-Seite, auf der er Fotos und Videos von ihr veröffentlichte. So kam eins zum anderen, und Jennifer wurde Mitte 2017 für die U-17-Auswahl Uruguays nominiert.

Im Alter von 13 Jahren betrat sie zum ersten Mal uruguayischen Boden.

"Ich habe dort drei Monate lang trainiert und bin im September in die USA zurückgekehrt, um die Mittelschule abzuschließen. Das war eine tolle Erfahrung", meint Jennifer, die in Uruguay bei ihrem Patenonkel unterkam.

Im Mai kehrte sie dann anlässlich der Vorbereitungstour für China nach Uruguay zurück. Zu diesem Zeitpunkt konnte sie die Nationalhymne bereits auswendig. "Papa sagte, ich müsse die Hymne lernen, um wie die anderen Mädchen und eine echte Uruguayerin zu sein. Also habe ich immer und überall geübt."

Beim Gedanken daran, dass sie diese Hymne am Dienstag, dem 13. November, beim Debüt gegen Ghana vor einem vollen Stadion singen wird, stellt sich schon eine gewisse Nervosität ein. Gut gelaunt sucht sie sogar auf Englisch nach einem Wort, das ihr auf Spanisch nicht gleich einfällt.

"Das wird aufregend werden, aber wir haben uns gut auf diesen Tag vorbereitet. Ziel ist es, die erste Partie zu gewinnen und in die nächste Runde einzuziehen. Dann werden wir weitersehen. Wir träumen natürlich alle davon, den Titel zu gewinnen und den Frauenfussball hier voranzubringen."

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Schon gewusst?

  • Jennifer wird während des Turniers das 15. Lebensjahr vollenden.

  • Ihr Vater hat ihr den Spitznamen Torengel gegeben: "Wir sind religiös, und eines Tages erschien ihm vor einem Finale, in dem ich spielte, das Bild eines Engels. Ich habe sehr gut gehalten, daher hat er mir diesen Spitznamen gegeben."

  • Jedes Mal, wenn sie nach Uruguay zurückkehrt, nimmt sie Trikotsätze, Fussballschuhe und Material von ihrem Klub mit und spendet sie dem Club Aranchas de Melo aus dem Heimatort ihres Vaters.

  • Sie möchte Profifussballerin werden, gleichzeitig aber auch Architektur in den USA studieren: "Ich mag Kunst und zeichne und konstruiere gern Dinge. Außerdem ist die Zeit im Fussball begrenzt."