Donnerstag 12 November 2020, 03:51

Tapia: "Peru wird sich qualifizieren, ich bin absolut sicher"

Nach der Teilnahme an der WM 2018 will Peru auch in Katar dabei sein

  • Das Team macht sich Hoffnung auf einen der vier direkten Qualifikationsplätze der Südamerika-Qualifikation

  • Vor dem nächsten Doppelspieltag sprechen wir mit Renato Tapia, einem Leistungsträger des Teams

Als Peru 2017 für Aufsehen sorgte und sich zum ersten Mal seit über 30 Jahren wieder für eine FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ qualifizierte, war Renato Tapia eines der zukunftsträchtigen Nachwuchstalente der vielversprechenden Truppe von Trainer Ricardo Gareca.

Drei Jahre später weiß der defensive Mittelfeldspieler bereits, was es bedeutet, eine WM zu spielen, stand im Finale der Copa América in der Startelf und ist nach vielen Jahren im niederländischen Fussball gerade zum spanischen Klub Celta Vigo gewechselt. Der 25-Jährige präsentiert sich gerade in Hochform und steht vor seiner zweiten Teilnahme an der Südamerika-Qualifikation. Dabei strahlt er das Selbstbewusstsein eines Spielers aus, der den harten Kampf bereits einmal gewonnen hat.

Die Qualifikation für Katar 2022 hat kürzlich begonnen, und diesmal ist die peruanische Auswahl von Gareca kein Überraschungsteam und Tapia und seine Mitspieler sind keine Generation von Neulingen mehr. "Wir werden uns qualifizierten", meint er im Brustton der Überzeugung. Das Gespräch fand im Vorfeld der nächsten Spiele Perus gegen Chile und Argentinien statt.

Neues Land, neue Liga, neuer Klub, neue Teamkameraden – aber Sie sind seit ihrem Wechsel zu Celta Vigo gesetzt. Zufrieden mit der schnellen Eingewöhnung?

Ich dachte, dass es etwas schwieriger werden würde, weil alles neu war und die spanische Liga dir viel mehr abverlangt, aber jetzt gehöre ich zu denen, die am häufigsten zum Einsatz gekommen sind. Bei Feyenoord habe ich keine regelmäßige Spielpraxis bekommen. Deshalb hatte ich nicht mit einem so erfolgreichen Saisonauftakt gerechnet. Damit ist ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen.

Sie gehören zu den besten Balleroberern der spanischen Liga, aber Celta hat mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen und rangiert in der unteren Tabellenregion. Wie lässt sich das Blatt wenden?

Ich bin sehr dankbar für meine individuellen Statistiken, aber diese Zahlen sind nichts wert, wenn das Team keine drei Punkte holt. Wir haben nicht die erhofften Ergebnisse erreicht, aber noch gibt es Spiele und Möglichkeiten. Vor allem zu Hause haben wir sehr gute Leistungen gebracht. Die Meisterschaft ist lang und ich hoffe, dass sich das Blatt bald wendet. Sonst müssen wir vielleicht zittern, wie in den letzten beiden Jahren [Anm. d. Red.: In den beiden letzten Spielzeiten spielte Celta gegen den Abstieg].

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Sie haben so früh den Sprung nach Europa geschafft, dass sie in Peru nie Profifussball gespielt haben, sondern nur in den Niederlanden und jetzt in Spanien. Welche Erfahrungen haben Sie aus den Niederlanden mitgenommen?

Ich habe sehr viele Dinge erlebt, durch die ich mich schneller entwickelt habe. Mit 16 bin ich zu einem Probetraining zu Twente gereist und wurde angenommen. Ich bin immer zwischen Peru und den Niederlanden hin- und hergependelt. Das waren Jahre, in denen ich viel gereist bin, aber ich hatte auch viel Spaß. Zuerst musste ich Niederländisch lernen, aber das hat mir gefallen. Ich interessiere mich für Sprachen und andere Kulturen.

Spielerisch habe ich dort sehr viel gelernt. In Holland trauen sich die Klubs eher, sehr junge Spieler einzusetzen, damit du mit 18 oder 19 Jahren schon ungefähr 50 Spiele in der ersten Mannschaft absolviert hast. Das hat mir sehr geholfen, als ich für die peruanische A-Nationalmannschaft nominiert wurde. Du siehst das Nationalteam aus einer anderen Perspektive.

Mit 53 Spielen zählen Sie zu den Routiniers in der Blanquirroja. Was erwartet Ricardo Gareca im Mittelfeld von Ihnen?

Viel Einsatz und viel Konzentration, wenn wir in Ballbesitz sind. Ricardo ist ein sehr guter Trainer, der viel Wert auf Taktik und Technik legt. Er ist ein Lehrmeister. Er spricht viel mit uns, hilft uns, die Details der Ereignisse auf dem Spielfeld genau zu erfassen, die wir im Eifer des Gefechts nicht bemerken. Er hat mir viel beigebracht, und ich schätze ihn sehr.

Gareca hat mit Peru die WM-Qualifikation geschafft und bei der Copa América den zweiten Platz belegt. Er ist ein Idol der Fans. Welchen Charakterzug würden Sie an ihm besonders hervorheben?

Viele Leute denken, er sei sehr ernst, aber er hat einen ganz eigenen Sinn für Humor. Wenn er gut gelaunt ist, versuchen wir, unsere Scherze mit ihm zu machen, und man merkt, dass er selber Spieler war und das Umfeld kennt. Er weiß, wie man eine Mannschaft führt. In einem Team kommt es vor allem auf die Kommunikation an, und er und sein Trainerstab machen das sehr gut. Ich glaube, das hat entscheidend dazu beigetragen, dass wir ruhiger geworden sind und uns nur auf den Fussball konzentrieren.

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Das ist Ihre zweite WM-Qualifikation, und Peru tritt mit demselben Spielerstamm an, der sich schon für Russland qualifizieren konnte. Ist die Erfahrung, die Sie dort gesammelt haben, hilfreich?

Diese Qualifikation ist dreimal so kompliziert. Die anderen Teams wissen jetzt, wie Peru spielt, dass wir ein kreatives Team sind, vor allem im letzten Viertel des Spielfelds. Peru ist nicht mehr so wie früher, als das Team zu Hause schwach war und auswärts immer verloren hat ... In der Qualifikation für Russland sind Dinge passiert, die uns bewusst gemacht haben, dass wir es mit jeder anderen Mannschaft aufnehmen und überall gute Ergebnisse holen können. Wir haben zum ersten Mal in Quito gewonnen und nach zwölf Jahren wieder einen Sieg in Paraguay eingefahren. Dadurch sehen wir die WM-Qualifikation jetzt mit anderen Augen.

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Tatsächlich zählt Ihr Team mittlerweile zu den aussichtsreichen Anwärtern auf einen der vier direkten WM-Startplätze. Könnte dieser zusätzliche Druck sich negativ auswirken?

Daran muss man sich gewöhnen, oder? Wir kennen das Gefühl, Favoriten zu sein, noch nicht. Die Spitze zu erreichen, ist eine Sache, aber das Schwierigste ist, sich dort zu halten. Wenn man die letzten vier Jahre betrachtet, sollten wir uns für die WM qualifizieren, aber so läuft es bekanntermaßen nicht. Dass wir noch mit denselben Spielern antreten wie in der letzten Qualifikation, ist ein Pluspunkt. Ich glaube, wir werden uns noch erheblich steigern, und wir wollen die Playoff-Runde vermeiden und einen der ersten vier Plätze belegen.

Wir werden uns qualifizieren, das weiß ich. Ich bin absolut sicher und sage das aus voller Überzeugung, genau wie am ersten Spieltag der letzten Qualifikation. Alle werden mit vollem Einsatz darauf hinarbeiten, und wir werden es schaffen.

Welche Teams werden sich Ihrer Meinung nach qualifizieren? Wagen Sie eine Prognose?

Das ist schwierig! Ecuador hat sich zum Beispiel mit seiner U-20-Auswahl für die WM qualifiziert und seine Sache sehr gut gemacht. Das Team vollzieht gerade den Generationswechsel, den wir vor vier oder fünf Jahren hatten. Auch Venezuela verfügt über Spieler, die vor drei Jahren U-20-Vizeweltmeister geworden sind. Deshalb könnte ich nicht sagen: 'Sie werden es nicht schaffen'. Deshalb kann ich auch nicht sagen, welche Mannschaften die ersten fünf Plätze (einschließlich des Playoff-Platzes) belegen werden. Mit Sicherheit sagen kann ich nur, dass Peru dabei sein wird.

In den ersten beiden Spielen haben Sie auswärts gegen Paraguay einen Punkt geholt und trotz der Niederlage auch im Spiel gegen Brasilien einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Sie selbst haben sogar ein Tor erzielt. Welche Bilanz ziehen Sie vom Auftakt der Qualifikation?

Das Spiel gegen Paraguay hat uns nicht gefallen. Wir haben zwar am Ende ein Unentschieden erreicht, aber wir hätten genauso gewinnen oder verlieren können. Wir haben kein positives Fazit aus dieser Partie gezogen, und es hat sich auch nicht gut angefühlt, auf diese Weise ein Remis zu erreichen. Im Spiel gegen Brasilien haben wir unsere Sache sehr gut gemacht und hatten trotz der Niederlage hinterher ein gutes Gefühl. Ich konzentriere mich auf die positiven Aspekte und das Verbessern der negativen.

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Als nächstes stehen Spiele gegen wichtige Gegner an: Chile, das dringend drei Punkte braucht, und Argentinien, das auf einem guten Weg ist. Was wäre für Sie ein gutes Ergebnis dieses Doppelspieltags?

Wir wollen immer sechs Punkte holen, unabhängig vom Gegner. Chile gehört schon seit vielen Jahren zur Elite, und das Team hat sich schon in der letzten Qualifikation als schwieriger Gegner erwiesen. Es kommt darauf an, sich nicht zu verstecken und auf Augenhöhe zu kämpfen. Argentinien hat viele neue Spieler, die aber sehr hochklassig und dem Druck im Nationalteam gewachsen sind. Lautaro, Paredes, Tagliafico … Das werden zwei sehr schwere Spiele werden, aber wir werden versuchen, das optimale Ergebnis zu erreichen.

Wie würden Sie nach Ihrer Erfahrung in Russland einen möglichen Auftritt des Teams bei der WM in Katar einschätzen?

Wir werden wesentlich reifer sein. Ich glaube, wenn das Team so weitermacht, sprechen wir von einer Mannschaft, in der fast alle schon 100 Länderspiele bestritten haben. Daher würden wir mit einem ganz anderen Niveau zur WM antreten. Auf mannschaftlicher Ebene wäre das ein ganz anderes Peru.