Montag 15 März 2021, 07:58

Stocklasa setzt "Ausrufezeichen" mit Liechtenstein

  • Stocklasa hat Geschichte geschrieben

  • Liechtensteins Nationaltrainer im Interview

  • Ende März startet die WM-Qualifikation, u.a. gegen Deutschland

Es war der 3. Dezember 2020, als der Fussballverband Liechtensteins Historisches schaffte. Jenes fand allerdings nicht auf dem grünen Rasen statt, sondern abseits davon: Martin Stocklasa wurde als erster Liechtensteiner zum Trainer der Nationalmannschaft ernannt.

"Eine Nationalmannschaft trainieren zu dürfen, ist schon ein Ausrufezeichen. Für mich ist es zweifelsohne die größte Herausforderung meiner noch jungen Trainerkarriere und etwas ganz Besonderes", erzählt der 41-Jährige gegenüber FIFA.com. "Es ist eine Riesenehre mit großen Ambitionen und Zielen."

Für den früheren Abwehrspieler ist es die erste große Bewährungsprobe, nachdem er zuvor die U-21 des Landes betreut hatte. Sein Sprung ins kalte Wasser hätte dabei allerdings kaum komplizierter sein können, schließlich machte die Corona-Pandemie eine vernünftige Planung beinahe unmöglich.

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"Von Beginn an gab es eigentlich gleich nur eine Richtung für mich: Vollgas. Corona ist für jeden herausfordernd, aber ich muss gestehen, dass ich aktuell davon profitiere, weil ich die Mannschaft, die überwiegend aus Amateuren besteht, über einen längeren Zeitraum zusammen habe. Natürlich hat sich durch Corona einiges geändert. So auf die Mannschaft rein sportlich einwirken zu können, wird es wahrscheinlich nicht mehr geben – und das hoffen wir natürlich auch. Nichtsdestotrotz trifft es uns hart, keine Spiele im Amateurbereich zu haben, denn dort bewegen sich die meisten unserer Spieler."

Wie gut die Blau-Roten die gemeinsame Zeit genutzt haben, wird sich in wenigen Tagen herausstellen, wenn die europäische Qualifikation zur FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ startet. In der Gruppe J geht es für Liechtenstein gegen Rumänien, Island, Armenien, Nordmazedonien – und Deutschland. Mit der DFB-Auswahl verbindet der 41-Jährige vieles. Nicht nur, dass er gegen Bastian Schweinsteiger & Co (Bild unten) in der Vergangenheit auflaufen durfte, sondern er spielte auch einige Jahre bei Dynamo Dresden.

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"Über dieses Los habe ich mich sehr gefreut. Ich bin mit Bundesligaspielen aufgewachsen und war schon als kleines Kind in deutschen Stadien. Meine Zeit in Dresden möchte ich darüber hinaus auch nicht missen. Trotz der Minikrise ist Deutschland für mich in Europa und der Welt immer noch das Nonplusultra. Zu uns könnte der Unterschied nicht größer sein.

Insgesamt ist die Gruppe höchst spannend - nicht nur Deutschland, sondern auch Rumänien. Die konnte ich in der letzten Qualifikation beobachten. Es ist ein junges, spielerisch starkes Team. Dann sind noch Mannschaften wie Armenien und Nordmadezonien drin, die schwer einzuschätzen sind. Island hat sich enorm weiterentwickelt in den letzten Jahren."

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Was ist drin in der Gruppe?

"Gegen Deutschland und Rumänien wird es sicherlich schwer, aber die anderen Gegner können wir an guten Tagen vor größere Probleme stellen und vielleicht etwas mitnehmen. Wir wollen in dieser Gruppe Punkte holen. Im September können wir dann hoffentlich vor Zuschauern gegen Deutschland spielen. Das wird eine Art Belohnung für uns sein."

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Stocklasa in Zahlen

  • Trainerkarriere begann vor knapp sieben Jahre in der Nachwuchs-Akademie des FC St. Gallen

  • Nach drei Jahren im Juniorenbereich des Verbandes Aufstieg zum A-Nationaltrainer

  • Als Spieler unter anderem beim FC Zürich, bei Dynamo Dresden und bei der SV Ried in Österreich

  • 113 Länderspiele (5 Tore)

Wo muss sich der Fussball in Liechtenstein verbessern?

"Drei Dinge sehe ich im Fokus: Physis, Spielgeschwindigkeit, Rhythmus. Ersteres kann man sicherlich im Training verbessern. Zweites hat auch mit der Zugehörigkeit in der Liga zu tun, d.h. wo spielen die Spieler in den Vereinen und in welchen Ligen. Die Spieler müssen gewillt sein, den Extra-Meter zu gehen, die Komfortzone zu verlassen. Wir haben hier großartige Bedingungen, aber um sich verbessern, muss man woanders hingehen, um sich dort mit den Besten zu messen.

Zum Glück ändert sich die Mentalität in den letzten Jahren. Immer mehr junge Spieler wollen ihre Erfahrungen im Ausland machen. Wenn wir drei, vier Spieler haben, die das tun, hilft es dem ganzen Team. Damals gegen Portugal haben ein paar Teamkollegen woanders gespielt. So war eine solche Überraschung möglich. Da müssen wir wieder hin."

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Eben jenes Duell gegen die Seleção das Quinas ist bis heute der größte Fussballerfolg der Liechtensteiner. In der WM-Qualifikation für die WM 2006 gelang dem Fürstentum im Oktober 2004 ein sensationeller Punktgewinn – und das nach 0:2-Rückstand.

"Das sind Sachen, die hängen bleiben. Das Stadion war voll und man spielt gegen Cristiano Ronaldo, Luis Figo und andere Weltstars. Man denkt, dass sie Favorit auf den Titel sind. Und dann merkt man schnell, dass die einen nicht ernst nehmen. 2:0 liegt Portugal vorne und dann kommt dieser Moment, den man braucht: Anschlusstreffer. Hier geht was! Was im Anschluss passiert, kann man nicht beschreiben. Das 2:2 fällt, die Welt ist auf dem Kopf gestellt und ganz Europa kannte Liechtenstein."

Ob das auch gegen Deutschland oder Rumänien gelingen kann? "Jeder Punkt in einer EM- oder WM-Qualifikation ist eine Sensation. Und dies ist Ansporn für die Spieler. Ein solches Resultat wie gegen Portugal ist immer eine große Überraschung – bis heute."

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