Donnerstag 11 November 2021, 10:00

Papu Gómez: "Wir wollen Messi die Chance geben, Weltmeister zu werden"

  • Argentinien ist schon fast für die WM qualifiziert und trifft jetzt auf Uruguay und Brasilien

  • Argentiniens Selbstbewusstsein ist nach dem Gewinn der Copa América groß

  • Papu Gómez sprach mit FIFA.com über diesen Titelgewinn, den Weg nach Katar, seinen berühmten Tanz und darüber, wie es ist, mit Messi zu spielen

Als Alejandro Papu Gómez im Mai 2017 beschloss, in einem Video italienischer Youtuber mitzuwirken, wusste er nicht, dass ihn dieses Video für immer verfolgen würde. Dieser Sketch verwandelte sich nämlich in den Papu Dance. Egal, ob er einen Titel wie die Copa América, ein Tor bei der Nationalmannschaft oder seinem Klub Sevilla erzielt oder ein Kind ihn darum bittet: Er zögert nicht lange, den Tanz aufzuführen, der zu einem seiner Markenzeichen geworden ist, und zeigt so seine lustige und stets hilfsbereite Seite. Papu lebt bereits seit seinem 21. Lebensjahr in Europa. Das besagte Video wurde jedoch erst im Jahr 2017 gedreht, als er 29 Jahre alt war: Eine hervorragende Saison 2016/17 von Papu und seinem damaligen Klub Atalanta Bergamo hatten ihn und die Mannschaft in ganz Europa bekannt gemacht. Die erstmalige Berufung in die argentinische Nationalmannschaft von Jorge Sampaoli und der Wechsel nach Sevilla waren weitere Karriereschritte, die mit dem Gewinn der Copa América ihren bisherigen Höhepunkt erreichte. Jetzt, wo sein nächstes Ziel, die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™, in greifbare Nähe rückt, sprach FIFA.com exklusiv mit Papu über seinen Tanz, seine Ambitionen und darüber, was es bedeutet, mit Lionel Messi eine Freundschaft, dieselbe Kabine und dieselben Ziele zu teilen. Woher kommt der Papu Dance? Das Ganze entstand vor etwa vier Jahren. Ein paar italienische Youtuber namens Gli Autogol (die Eigentorschützen) machten viele Witze über das Spiel Fantacalcio, das es in Italien gibt. Ich habe ein paar Sketche mit ihnen gedreht und die Idee kam mir nach einem Tanz in der Garderobe, einfach so aus einer Laune heraus. Sie fragten mich, ob ich das Lied als Wohltätigkeitsaktion veröffentlichen und den Erlös an eine Organisation meiner Wahl spenden wolle. Zu damaliger Zeit war ich Pate eines Fussballvereins für behinderte Kinder in Bergamo. Wir setzten es also um und hätten nie gedacht, dass der Song so ein Erfolg werden würde. Es entstand ein richtiger Boom, es wurde sogar ein echter Sommerhit daraus, völlig unglaublich. Aber Sie führen den Tanz immer noch auf... Ich bin langsam ein bisschen gelangweilt davon! Viele Leute sagen mir: 'Komm, Papu, führ deinen Tanz auf'... Ich habe mich daran gewöhnt, obwohl ich die Fans manchmal bitte, damit aufzuhören (lacht). Als ich in Sevilla ankam, wusste ich bereits, dass sie mich darauf ansprechen würden. Ich freue mich natürlich, wenn ich meine Tore mit dem Tänzchen feiern kann. Ich mache es immer noch, vor allem, weil es den jüngsten Fans am meisten Spaß macht und ich weiß, dass sie den Tanz mögen.

Welche Erinnerungen haben Sie an die Saison 2016/17, in der Sie mit Atalanta Bergamo den Durchbruch schafften und Ihr Debüt für Argentinien gaben? Ich habe damals verstanden, dass ich mehr in die Gefahrenzone gehen muss. Atalanta war ein sehr offensiv eingestelltes Team, das auf einer festen Spielidee und meinem Abschluss basierte. Es lief sehr gut für mich. Mit Argentinien hatte ich 2007 die U-20-Weltmeisterschaft in Kanada gewonnen, wurde danach aber nie wieder nominiert. Die Italiener hätten mich gern in ihrem Team gehabt, das ging aber wegen eben dieser Weltmeisterschaft nicht mehr. Es war meine beste Saison und die argentinische Nationalmannschaft befand sich damals in Schwierigkeiten, nachdem sie in der Qualifikation für die WM in Russland nicht gut abgeschnitten hatte. Es war schier unglaublich für mich, etwas, wofür ich immer gekämpft hatte. Dort traf ich dann auf Mannschaftskameraden von 2007 wie Banega, Di María und Kun Agüero...

Argentinien wartete seit 1993 auf einen Titelgewinn, dazu Messis Tränen... was bedeutete der Titel der Copa América 2021 für Sie? Etwas Gigantisches und Historisches. Die ganze Mannschaft hatte sich gut entwickelt, sich ständig verbessert, wir waren menschlich gesehen eine intakte Gruppe, fast eine Familie und das hat dazu geführt, dass Argentinien endlich den lang ersehnten Titel gewinnen konnte. Danach gab es sehr viel zu feiern, denn eine ganze Generation von Menschen hatte Argentinien noch nie einen Titel gewinnen sehen, sondern nur die ganzen verlorenen Endspiele. Wir brauchten endlich wieder einmal einen Titel. Es war ein sehr großer Rucksack, den die Routiniers wie Messi, Agüero, Otamendi, Di María und viele andere mit sich herumschleppten: Sie hatten immer sehr gut gespielt, aber leider Gottes immer die wichtigen Endspiele verloren. Dieses Mal hatten wir das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.

Lionel Messi of Argentina lifts the trophy with teammates after winning the final of Copa America Brazil 2021 between Brazil and Argentina

Sie werden beim Erzählen emotional... Ja, denn es war etwas Einzigartiges. Ich bin nach Sevilla gekommen, um mich in dieser großen Liga zu beweisen und spielte mit dem Gedanken an die Copa América. Dort habe ich dann auch teilgenommen, konnte zwei Tore erzielen und ich bin heilfroh, dass ich im Alter von 33 Jahren und mit nur sehr wenigen Spielen in der argentinischen Nationalmannschaft auf meinem Konto einen Titel gewinnen konnte. Vielleicht wurde ich von einer Art Wunschfee geküsst. Ich weiß es nicht, es gibt keine Erklärung dafür. Jetzt haben Sie zwei schwere Spiele in der Qualifikation vor der Brust, nämlich ein Auswärtsspiel in Uruguay und danach empfangen Sie die noch ungeschlagenen Brasilianer. Wären zwei Siege in diesen Partien ein großer Schritt in Richtung WM? Wir müssen weiter hart an diesem Ziel arbeiten, das 2019 als Projekt mit jungen Spielern begann und langsam seine Früchte trägt. Es ist wichtig, dass wir uns schnell qualifizieren, damit wir danach in Ruhe weiterarbeiten und die letzten Spiele dazu nutzen können, verschiedene Dinge auszuprobieren. Uns fehlen nur noch ein paar Punkte, denn wir wissen, dass man sich im Normalfall ab 25 Punkten qualifiziert.

Wie bereichert Leo Scaloni die Nationalmannschaft? Er übernahm eine argentinische Mannschaft, als sie 2018 gerade aus der Weltmeisterschaft ausgeschieden war. Dies machte er sehr gut, auch wenn er damals fast keine Erfahrung hatte. Er hat eine Menge zu unserem Erfolg beigetragen. Er umgab sich mit Leuten wie Walter Samuel, Roberto Ayala und Pablo Aimar, die alle Experten und ehemalige Nationalspieler sind und bildeten eine feste Gruppe, die sich auf stetige Arbeit und Weiterentwicklung fokussiert hat. Sie haben Argentinien ein neues Gesicht gegeben und er verdiente sich den Trainerposten. Er hat eine klare Spielidee, gibt einem das Gefühl, wichtig zu sein, sich wohl zu fühlen und er macht die Sachen nicht zu kompliziert. Was bedeutet es, mit Lionel Messi zu spielen? Für uns ist er das wichtigste Element. Messi lässt uns auch an seinen intimsten Gefühlen teilhaben. Er ist ein Geschenk, etwas, das wir genießen, wenn wir mit ihm zusammen sind. Fussballerisch gibt es keine Adjektive mehr, um ihn zu beschreiben.... Ihn jeden Tag in mehreren Gelegenheiten und unterschiedlichsten Situationen zu sehen, macht einen fast verrückt. Man versucht, sich etwas abzugucken, aber es ist sehr schwierig, ihn zu imitieren, denn er ist ein Genie, und Genies sind mit diesem unglaublichen Talent gesegnet und werden nur alle 50 Jahre geboren. Wenn wir sehen, was er macht, lachen wir, aber am meisten freuen wir uns über die kleinen Dinge und Details, wenn wir unter uns sind. Spricht er mit Ihnen über seine Ziele für die nächste WM? Er war schon so nah dran, eine WM zu gewinnen, es fehlte nur noch das letzte Spiel... Es wird jedoch dieses Mal eine komplett andere Weltmeisterschaft sein: Weil sie im November stattfindet, weil es aufgrund des Alters wohl seine letzte WM sein könnte und weil Argentinien in einer guten Verfassung ist und mit der Copa América den schweren Rucksack der langen Jahre ohne Titelgewinn abgelegt hat. Alle Argentinier und wir Mannschaftskameraden wollen ihm helfen, wir wollen ihm die Chance geben, Weltmeister zu werden. Er bittet uns um nichts, aber wir wissen es. Ist Argentinien ein Favorit auf den Gewinn der WM? Mit unserer Tradition und unserem Selbstverständnis gehören wir sicher zu den Favoriten. Ohne überheblich zu klingen: Wir haben einige der besten Spieler der Welt und sind seit dem Gewinn der Copa América ungeschlagen. Aber wir müssen verstehen und anerkennen, dass es fünf oder sechs europäische Mannschaften plus Brasilien gibt, die auch sehr stark sind. Es wird eine sehr schöne Weltmeisterschaft werden, die sicher einige Überraschungen mit sich bringen wird. Natürlich werden wir auch das gewisse Quäntchen Glück brauchen; es wird sicher schwer werden, aber ich denke, wir haben die Qualität, sehr weit zu kommen.

Werden wir den Papu Dance auch in Katar sehen? Das ist mein Ziel. Hoffentlich wird es meine erste und letzte Weltmeisterschaft, etwas Außergewöhnliches, um meine Karriere zu krönen. Zuerst muss ich mit Sevilla eine gute Saison spielen, auf hohem Niveau bleiben und versuchen, hier helfen zu können. Die Zeit vergeht sehr schnell, es ist nur noch knapp ein Jahr bis dahin und mein Ziel ist es, unter den 23 argentinischen Spielern zu sein, die bei der Weltmeisterschaft dabei sein dürfen.