Freitag 16 Oktober 2020, 09:22

Mabil und Sisto: Aus Widrigkeiten entstehen Chancen

  • Mabil und Sisto lebten als Kinder in Flüchtlingslagern

  • Ihre Familien emigrierten nach Australien beziehungsweise Dänemark

  • Mabil spielt für die Socceroos und Sisto für Dänemark. Beide peilen Katar 2022 an

"Aus Widrigkeiten entstehen Chancen"

Dieses berühmte Zitat gilt ganz sicher für Pione Sisto und Awer Mabil. Die Eltern der beiden stammen aus Südsudan und erlebten die Schrecken des langjährigen Bürgerkriegs dort, vor dem sie schließlich in Lager in Kenia und Uganda flüchteten. Nach schweren Jahren dort verhalf ein humanitäres Hilfsprogramm Mabils Familie zu einem Umzug nach Australien und Sistos Familie zu einer neuen Heimat in Dänemark.

In einer Fussballsendung der BBC erzählte Mabil, der heute für den dänischen Klub FC Midtjylland spielt, von seiner Zeit im Flüchtlingslager: "Wir haben uns eine Hütte aus Lehm gebaut, ungefähr so groß wie ein Schlafzimmer in einem normalen Haus in der westlichen Welt. Aber man fühlt sich dort nie zu Hause. Wir hausten zu viert in dieser Hütte: meine Mutter, mein Bruder, meine Schwester und ich. Ein Mal im Monat bekamen wir von der UNO Lebensmittel: Jeder bekam genau ein Kilo Reis, somit hatten wir vier Kilo für die ganze Familie, und dazu drei Kilo Bohnen. Das war eine sehr schwierige Situation. Es gab nur eine einzige Mahlzeit am Tag, nämlich abends. Frühstück oder Mittagessen gab es nicht. Man musste einfach mit dem bisschen auskommen, was es zum Abendessen gab, und man musste dafür noch dankbar sein", fügt er hinzu.

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Mabil begann als Fünfjähriger mit anderen Kindern im Flüchtlingslager Fussball zu spielen. "Fussballspielen war der einzige Zeitvertreib, den wir hatten", so der Fan von Manchester United, der nur selten die Gelegenheit hatte, Spiele seines Lieblingsklubs zu sehen. "Ich liebe den Fussball, seitdem ich ein kleines Kind war. Ich habe auch schon immer Manchester United verfolgt. Aber es gab nur einen Fernseher, der war zwei Autostunden entfernt und man musste einen Dollar bezahlen, um dorthin zu kommen. Und wenn man nicht selbst hinfahren konnte, dann musste wenigstens einer der Freunde dort sein, um dir das Ergebnis zu sagen."

Mabil hat seine Wurzeln nie vergessen und hat mittlerweile eine eigene Stiftung "Barefoot to Boots", für die er regelmäßig nach Kakuma fährt. "Ich nehme Schuhe, Fussballausrüstung und Krankenhausbedarf mit und spende es den dortigen Flüchtlingen. Wenn ich zwei Wochen Urlaub habe, verbringe ich eine Woche dort und eine Woche bei meiner Familie", erzählt er.

Auch Sisto hatte eine schwere Kindheit

Während des langen Bürgerkriegs (1985 bis 2005) flüchteten Pione Sistos Eltern 1994 mit ihren zwei Kindern nach Uganda. Wenige Monate später wurde Pione geboren. Die ganze Familie machte sich dann auf den langen Weg nach Europa, wo die Kinder eine bessere Zukunft haben sollten.

Zu diesen Erlebnissen sagt Piones Bruder Angelo: "Meine Eltern hatten in Südsudan auf einem kleinen Bauernhof gelebt. Die Flucht nach Dänemark änderte alles. In Südsudan und Uganda fühlt man sich verlassen. Daher versuchen unsere Eltern immer, uns zu schützen und zu einem besseren Leben zu führen."

2002 begann Sisto als Siebenjähriger bei IF Tjorring mit dem Fussballspielen. Dann wechselte er zum FC Midtjylland, wo ihm der Sprung in die erste Mannschaft gelang, mit der er dann auch in der UEFA Europa League spielte. Anschließend unterschrieb er beim spanischen Klub Celta Vigo. Nach vier Jahren in Spanien kehrte er zu Midtjylland zurück.

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Katar 2022 im Blick

Sisto bekam die dänische Staatsbürgerschaft und spielt seit 2015 regelmäßig für das Nationalteam, mit dem er bereits an der FIFA Fussball-WM Russland 2018™ teilnahm. Derzeit freut er sich auf den Beginn der Qualifikation für die FIFA Fussball-WM Katar 2022™.

Mabil verfolgt ein ganz ähnliches Ziel. Er sammelte Erfahrung als Profi bei verschiedenen australischen Teams und dann ebenfalls beim FC Midtjylland. Wenige Monate nach der FIFA Fussball-WM Russland 2018™ wurde er erstmals in die australische Nationalmannschaft berufen. Nun freut er sich auf die Teilnahme an den Qualifikationsspielen für die FIFA Fussball-WM Katar 2022™ und träumt ebenfalls von einer WM-Teilnahme. Sollte dies gelingen, wäre sein Weg im Fussball genau so bemerkenswert wie der von Sisto – eine beeindruckende Leistung, wenn man bedenkt, welche Hindernisse die beiden überwinden mussten, um erfolgreiche Fussballer zu werden.

Zu seinen Einsätzen für Australien sagt Mabil: "Ich spiele für Australien, weil das Land mir und meiner Familie eine zweite Chance im Leben geschenkt hat. Australien ist ein Teil von mir, denn ich habe mein halbes Leben hier verbracht. Für mich ist es die Heimat, daher bin ich sehr stolz darauf, für Australien zu spielen."