Sonntag 09 Oktober 2016, 08:40

Silva verdient seine Brötchen mit dem Ball

"Ja, ich bin schon ein Experte in Sachen 'Brötchen'", meint Gastón Silva lächelnd. "Ich weiß jetzt vielleicht nicht mehr ganz so viel wie damals, aber es wäre kein Problem für mich, eins zu backen", berichtet er im Gespräch mit FIFA.com. Schließlich wuchs der uruguayische Abwehrspieler zwischen Mehlsäcken und Hefe der familieneigenen Bäckerei auf, die sein Vater in Salto noch immer betreibt, und half häufig mit – bis er im Alter von 15 Jahren schließlich eine Entscheidung traf. Er wollte alles auf den Fussball setzen. Sein älterer Bruder Martín fasste einen ähnlichen Entschluss, so dass beide ihren Heimatort verließen, ebenso wie ihre Schwester, die zum Studium nach Montevideo zog.

"Es war nicht leicht, uns alle drei zu unterstützen. Die harte Arbeit und Opferbereitschaft meiner ganzen Familie waren ganz entscheidend. Doch es ist noch immer eine Erfahrung, an die wir alle gern zurückdenken." Die Mama, Patricia Perdomo, ist die Schwester von El Chueco, einem Mittelfeldspieler, der 1987 mit Uruguay die Copa América und mit CA Peñarol die Copa Libertadores gewann. Sie wusste, wie aufreibend die Fussballwelt ist und wie schwer es ist, tatsächlich Erfolg zu haben. Daher traf sie mit ihren Söhnen eine Übereinkunft: Sie gab ihnen zwei Jahre Zeit, ihr Glück zu probieren.

Seither sind sieben Jahre vergangen, und offenbar haben die Brüder auf das richtige Pferd gesetzt. Martín spielt nach einem kurzen Intermezzo in Europa wieder in Uruguay, und Gastón steht seit dieser Saison beim spanischen Erstligisten FC Granada unter Vertrag, auf Leihbasis vom italienischen Klub FC Turin. Er hat sich schon in der andalusischen Stadt eingerichtet, und in seiner Wohnung fehlt eigentlich nur noch eines, etwas "Fundamentales" für jeden Uruguayer. "Die Terrasse ist ziemlich groß, und wir wollen noch einen Grill aufstellen."

Auf der Jagd nach Einsatzzeiten Seine Landsmänner in La Liga, so illustre Gestalten wie Luis Suárez, Diego Godín oder José Giménez, haben ihm vor seiner Ankunft schon wichtige Informationen zukommen lassen. "Sie haben mir gesagt, dass der Wettbewerb in dieser Liga sehr stark ist und dass man von keinem Gegner etwas geschenkt bekommt." Silva ist zuversichtlich, dass der Klassenerhalt ohne großes Zittern zu bewältigen ist. "Wir werden die vom Trainer geforderte Spielweise von Spiel zu Spiel besser umsetzen und hoffen, dass wir nicht zu viel zittern müssen."

Der Uruguayer lässt keinen Zweifel daran, was ihn nach Granada geführt hat. "Ich wollte mehr Erfahrungen sammeln, um mich als Spieler weiterzuentwickeln." Außerdem hofft er, hier die Einsatzzeiten zu bekommen, an denen es ihm in Turin gemangelt hat. Diese hält der 22-Jährige für fundamental, wenn es darum geht, die Tür zur uruguayischen Nationalmannschaft noch weiter aufzustoßen. "Ich habe mein Debüt 2014 in einem Freundschaftsspiel gegen Oman gegeben, aber ich glaube, ich habe nur deshalb nicht viele Chancen bekommen zu spielen, weil ich auf Vereinsebene nicht regelmäßig zum Einsatz gekommen bin. Das könnte sich in Granada ändern."

Es mag Zufall sein, aber nachdem er bei der Copa América Centenario zum Aufgebot gehörte, stand Silva bei den letzten Qualifikationsspielen im Startaufgebot und überzeugte gegen Argentinien und Paraguay mit guten Auftritten auf der linken Abwehrseite. Seine Lieblingsposition ist jedoch die Innenverteidigung.

"Ich bin Innenverteidiger, und auf dieser Position fühle ich mich am wohlsten. Aber ich bin auch noch jung und möchte der Mannschaft so gut wie möglich helfen, wo auch immer das möglich ist. Ich würde mich sogar ins Tor stellen! Aber ich habe mich wohl gefühlt ." Gastón Silva ist nicht besonders gesprächig, doch diese scheinbare Schüchternheit verschwindet, sobald er auf dem Platz steht. Dort überzeugt er mit seinen hoch konzentrierten Auftritten und seinem guten Stellungsspiel und zögert nicht, auch einmal die Stimme zu erheben, wenn es notwendig ist.

Ziel: Russland Silva war Kapitän der U-20-Auswahl, die 2013 Vizeweltmeister wurde und stand zwei Jahre zuvor auch im Finale der FIFA U-17-WM. Daher liegt sein nächstes Ziel auf der Hand: Er will auch bei der WM in Russland auf dem Platz stehen. "Uruguay hat eine hervorragende und sehr engagierte Mannschaft. Ich hoffe, alles läuft gut und wir können dabei sein."

In der Südamerika-Qualifikation geht es immer eng zu, und diese Auflage ist vielleicht sogar noch härter umkämpft als die vorherigen. Der nächste Gegner gehört laut Silva zu den Teams, gegen die man bis zum Schluss alles geben muss. "Kolumbien ist sehr gut, und ich glaube, das ist einer der Gegner, der wirklich hart darum kämpfen wird, sich für die WM zu qualifizieren." Er wagt sogar eine Prognose im Hinblick auf den Ausgang des Qualifikationswettbewerbs: "Das ist sehr schwer. Wir möchten natürlich dabei sein, und ich würde Uruguay an erste Stelle setzen, dann vielleicht Argentinien und dann Brasilien, Chile … und Kolumbien auf dem Playoff-Platz. So ungefähr könnte es aussehen."

Noch sind viele Spiele zu bestreiten, bis wir wissen, ob Silva mit seiner Prognose richtig liegt. Mit einem Sieg am Dienstag in Barranquilla würde der Verteidiger der Celeste seinem Ziel aber auf jeden Fall schon einen Schritt näher kommen.