Montag 13 Juni 2016, 07:47

Neuseeland erobert den Titel trotz deutlich stärkerer Konkurrenz zurück

In den Geschichtsbüchern des Fussballs wird einst lapidar der fünfte Titelgewinn Neuseelands beim OFC Nationen-Pokal verzeichnet sein. Doch eigentlich müsste die diesjährige Auflage der Ozeanienmeisterschaft in erster Linie wegen des enorm gestiegenen fussballerischen Niveaus der meisten Pazifiknationen in Erinnerung bleiben.

Die Neuseeländer gerieten im Halbfinale gegen Neukaledonien und auch im Finale gegen Gastgeber Papua-Neuguinea an den Rand einer Niederlage und wurden zeitweilig regelrecht ausgespielt – von zwei Nationen, die bislang kaum fussballerische Erfolge vorweisen können. Papua-Neuguinea verpasste den historischen ersten Titelgewinn im Elfmeterschießen. In den 120 spannenden Minuten zuvor hatten weder die Gastgeber noch die All Whites einen Treffer erzielt.

Auch wenn am Ende die Trauer über den verpassten Titelgewinn stand, dürfte das Turnier als Wendepunkt in der Geschichte des Fussballs in Papua-Neuguinea im Gedächtnis bleiben. Nie zuvor war Papua-Neuguinea bei der Ozeanienmeisterschaft in die Runde der letzten Vier vorgestoßen. Zudem waren auch die Zuschauerzahlen in Port Moresby erfreulich hoch. Im November steht dann mit der erstmaligen Ausrichtung eines FIFA-Turniers in einer melanesischen Nation, nämlich der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft, ein weiterer Meilenstein auf dem Programm.

Der OFC Nationen-Pokal fungierte gleichzeitig als zweite Runde der Ozeanien-Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Russland 2018™. Die Teams, die in den beiden Gruppen die ersten drei Plätze belegten, bleiben hier weiterhin im Rennen, nämlich Papua-Neuguinea, Neukaledonien und Tahiti in Gruppe A und Neuseeland, die Salomon-Inseln und Fidschi in Gruppe B. Gescheitert ist hingegen Samoa, was weithin erwartet worden war, und Vanuatu, allerdings nur aufgrund der Tordifferenz. Die sechs im Rennen verbliebenen Teams spielen in der nächsten Runde in Heim- und Auswärtspartien gegeneinander. Der Sieger dieser Runde trifft dann auf das fünftplatzierte Team aus der CONMEBOL-Zone. Neuseeland darf sich aufgrund des Erfolges zudem auf die vierte Teilnahme am FIFA Konföderationen-Pokal freuen.

Papua-Neuguinea feiert historischen Erfolg Das Team von Papua-Neuguinea hat in den zwei Turnierwochen enorm an Profil gewonnen. Vor diesem Turnier hatte Papua-Neuguinea erst drei Mal überhaupt an WM-Qualifikationen teilgenommen. Im vergangenen Jahr gab es erste Anzeichen für einen bevorstehenden Aufschwung, als die U-23-Auswahl des Landes bei den Pazifikspielen die Bronzemedaille gewann. Diesen Erfolg holte das Team ironischerweise unter dem früheren neuseeländischen Trainer Ricki Herbert.

Ende 2015 wurde der erfahrene Däne Flemming Serritslev zum neuen Nationaltrainer ernannt. Für beide Seiten war dies ein Sprung ins Unbekannte, da sich Serritslev bislang außerhalb seines Heimatlandes noch keinen Namen gemacht hatte. Doch die ruhige Art des 69-Jährigen erwies sich als perfekt geeignet für das Team von Papua-Neuguinea, das nahezu vollständig aus in der Heimat aktiven Spielern besteht.

Dank einer ausgedehnten Vorbereitung präsentierte sich das Team mit deutlich verbessertem Zusammenhalt und gesundem Selbstvertrauen und blieb letztlich in allen fünf Partien ungeschlagen. Verglichen mit den bisherigen Leistungen ist dies eine mehr als bemerkenswerte Steigerung. "Man konnte sehen, dass die Spieler eine ganze Menge auf dem Kasten haben, doch sie litten unter Selbstzweifeln", so Serritslev gegenüber FIFA.com. "An diesem Aspekt habe ich von Anfang an gearbeitet. Jetzt zweifeln sie nicht mehr an sich selbst, denn sie haben ja gesehen, dass sie auch auf diesem Niveau Erfolge holen können."

Papua-Neuguineas Stürmer Raymond Gunemba wurde mit fünf Treffern Torschützenkönig des Turniers und Kapitän David Muta wurde als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet.

Neukaledonien, das vor vier Jahren das Finale gegen Tahiti verloren hatte, beeindruckte mit mehreren Frankreich-Legionären im Kader erneut mit dynamischem Fussball, verlor jedoch das Halbfinale gegen Neuseeland trotz deutlicher Überlegenheit bei Ballbesitz und Torschüssen unglücklich mit 0:1.

Auch Tahiti, das 2012 den Titel gewonnen und dann beim FIFA Konföderationen-Pokal Brasilien 2017 begeistert hatte, scheiterte dieses Mal unglücklich. Der neue Trainer Ludovic Graugnard hatte nur ein Drittel des Kaders von Brasilien 2013 zur Verfügung. Dennoch konnten die Toa Aito beeindruckende Leistungen zeigen und schieden letztlich nur aufgrund der schlechteren Tordifferenz hinter Papua-Neuguinea und Neukaledonien aus.

Neuseeland gewann die andere Gruppe, in der die Salomon-Inseln, Vanuatu und Fidschi um den letzten verbleibenden Platz in der Runde der letzten Vier kämpften. Auch hier war die Tordifferenz entscheidend. Die Salomon-Inseln landeten auf dem zweiten Platz, gefolgt von Fidschi mit Trainer Frank Farina mit einer nur um einen Treffer schlechteren Tordifferenz. Fidschi zeigte mit einigen Akteuren, die auch beim Olympischen Fussballturnier der Männer in Rio zu sehen sein werden, insgesamt ansprechende Leistungen.

*Kiwis ***erneuern ihr Fundament** In Neuseeland hofft man, nach einer recht turbulenten Phase nun mit dem aktuellen Erfolg das Fundament für eine neue Ära größerer Erfolge gelegt zu haben. In den zwei Jahren seit seinem Amtsantritt hat Trainer Anthony Hudson die Mannschaft verjüngt und einige ältere Akteure haben sich verabschiedet. Der Kader für das Turnier in Papua-Neuguinea bestand größtenteils aus unerfahrenen Akteuren. Hinzu kam, dass Kapitän Winston Reid fehlte und sich Shane Smeltz kurz vor Turnierbeginn verletzte. Ersatzkapitän Chris Wood versäumte verletzungsbedingt und aus persönlichen Gründen ebenfalls mehrere Partien.

Doch die neuen Akteure nutzten ihre Chance, allen voran Torhüter Stefan Marinovic. Der 24-Jährige ließ in den fünf Partien nur einen einzigen Gegentreffer zu und hielt im Elfmeterschießen im Finale zwei gegnerische Schüsse.

Hudson sieht den FIFA Konföderationen-Pokal Russland 2017 als guten Test für sein Team, das sich dann mitten in der WM-Qualifikation befinden wird. "Dieses Turnier im kommenden Jahr bietet uns eine perfekte Gelegenheit, die Spieler in wichtigen Spielen gegen starke Gegner zu beobachten", so Hudson. "Die Teilnahme an diesem bedeutenden Turnier haben sie sich verdient, denn wir haben hier eine wirklich starke Gruppe."