Dienstag 20 April 2021, 05:24

Tarpley und Nelsen blicken voraus auf Tokio 2020

  • Die FIFA-Legenden Lindsay Tarpley und Ryan Nelsen sprachen mit FIFA.com

  • Beide sind am Mittwoch Assistenten bei der Gruppenauslosung der olympischen Fussballturniere

  • Olympia-Erinnerungen, Anekdoten und Spieler im Fokus

Lindsay Tarpley und Ryan Nelsen blicken auf Karrieren zurück, in denen sie viele Situationen unter hohem Druck erfolgreich absolvierten. An diesem Mittwoch allerdings müssen sie mit einem Druck ganz anderer Art klarkommen, denn sie werden die Teams aus den Lostöpfen ziehen um die Gruppen beim olympischen Fussballturnier der Frauen und der Männer zu bestimmen.

Beide sind für diesen wichtigen Meilenstein auf dem Weg nach Tokio 2020 die Idealbesetzung. Tarpley gewann mit der US Frauen-Nationalmannschaft zwei Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen von Athen 2004 und Peking 2008. In Athen erzielte sie im Finale den ersten Treffer.

Nelsen war Kapitän bei der ersten Teilnahme Neuseelands am olympischen Fussballturnier der Männer 2008 in Peking, wo dem Team im Auftaktspiel ein Remis gegen Gastgeber China VR gelang. Zwei Jahre später war er ebenfalls Kapitän, als Neuseeland mit einem 1:1-Unentschieden gegen die Slowakei in Südafrika erstmals einen WM-Punkt holte. Bei den Spielen von London 2012 führte er die Oly-Whites erneut als Kapitän aufs Feld. Bei dem Turnier holte das Team mit einem Remis gegen Ägypten wieder einen Punkt.

Heute ziehen beide Ex-Stars ihre Kinder groß und sind als Trainer aktiv. Nelsen gefällt es, die Spiele heute als Fan zu verfolgen. Er witzelte allerdings auch über die Realitäten im Leben nach der Karriere:

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"In der realen Welt geht es etwas anders zu als zu der Zeit, als ich noch Fussballprofi war", sagte er. "Es klingt verrückt aber man muss tatsächlich Geld bezahlen, wenn man mal im Fitnessstudio etwas Krafttraining machen will... das ist schon krass!"

Wenn sie nicht gerade versucht, ihre Tochter und ihren Sohn auf dem Fussballfeld zum Zuhören zu bewegen, ist Tarpley als Unternehmerin tätig, seitdem sie mit einigen anderen Ex-Spielerinnen eine Firma gegründet hat: "Es ist schon lustig, wie sehr der Fussball das Leben beeinflusst. Man erkennt, dass man wegen dieser Erfahrungen der Mensch geworden ist, der man ist."

Was die Auslosung angeht, hat Tarpley einen bedeutenden Vorsprung vor Nelsen, denn sie war im Herbst 2019 bereits an der Auslosung der CONCACAF-Zone für die Olympiaqualifikation beteiligt. "Bei dieser Sache werde ich mich voll und ganz auf Lindsay verlassen", so Nelsen. "Ich bin regelrecht versteinert! Ich habe einen Ruf, ständig zu stolpern und Sachen fallen zu lassen (lacht)!"

Olympia-Erinnerungen

Die beiden heutigen Legenden träumten in ihrem jeweiligen Winkel der Welt schon als Kinder davon, Olympiateilnehmer zu werden. Für Nelsen schien dieser Traum allerdings nahezu unerreichbar.

"Für mich waren die Olympischen Spiele als Kind immer unendlich weit entfernt, fast so wie auf einem anderen Planeten", erzählt er. "Dass ich letztlich selbst daran teilgenommen habe, ist wirklich unglaublich. Ich kann das gar nicht in Worte fassen. Ich hätte nie gedacht, dass dieser Traum für mich wirklich wahr werden kann. Und man ist Olympiateilnehmer fürs Leben. Das kann uns niemand jemals wegnehmen."

Tarpley blickte in ihrer Jugend zu Stars wie Mia Hamm, Julie Foudy, Joy Fawcett und Tisha Venturini auf. Diese Stars ebneten den Weg und sie selbst spielte später noch an ihrer Seite: "Die Erfahrungen, die ich auf und abseits des Feldes von ihnen lernte, kommen mir noch heute überall im Leben zugute."

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Als junges Mädchen verfolgte Tarpley begeistert die Spiele. Später kehrte sie selbst an der Seite ihrer Jugendidole mit der Goldmedaille um den Hals von den Olympischen Spielen zurück.

Nelsen sagte: "Unsere Medaillenausbeute war allerdings etwas niedriger als die der USA! (lacht) Für uns Neuseeländer ist es ja schon eine unglaubliche Leistung, es überhaupt dorthin zu schaffen. Neuseelands Gegner dort sind die besten Teams der Welt - eigentlich eine Nummer zu groß. Die Teilnehmer zeigen, dass sie sich mit ihrem Einsatz als junge Schülerinnen und Schüler ihre Träume erfüllen, und das ist etwas ganz Besonderes."

Nelsen sprach auch von der "Reinheit der Olympischen Spiele, die nicht so kommerziell ausgebeutet werden", und dass sie - wie auch die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ - eine echte Herzensangelegenheit sind. Tarpley ihrerseits betonte das Gefühl der Zusammengehörigkeit bei den Spielen.

Im Bann der Stars

Jeder Olympiateilnehmer wird sagen, dass die Eröffnungs- und Abschlusszeremonien unvergesslich sind, und das aus gutem Grund. Was die Spiele so einzigartig macht, ist die Tatsache, dass sie Athleten aus völlig verschiedenen Disziplinen an einem Ort zusammenbringen. Tarpley sprach von dem unvergleichlichen Gefühl, ihr Land gemeinsam mit Athleten aus ganz anderen Sportarten zu vertreten.

Nelsen erzählte von einem Zusammentreffen mit einem Tennis-Star, das er niemals vergessen wird.

"Ich erinnere mich, dass ich Roger Federer in Peking sah und ihn einfach nur anstarrte, als wäre ich ein Stalker oder so! Es war wirklich peinlich. Er hat es auch so empfunden, dass ich ihn zu intensiv angestarrt habe. Es war so ein unangenehmer, elektrisierender Moment, in dem er wahrscheinlich dachte, er würde umgebracht werden. Ich war vor Ehrfurcht einfach erstarrt. Ich habe von Tennis nicht viel Ahnung, aber dass Federer eine lebende Legende ist, das weiß ich."

Erwartungen und Spieler im Fokus bei Neuseeland und den USA

Tarpley und Nelsen werden bei der Auslosung natürlich ganz besonders auf den Ausgang für ihre Heimatländer achten. Das neuseeländische Männerteam ist in Tokio zum dritten Mal bei Olympischen Spielen dabei. Das Frauenteam der USA hat schon vier Mal die Goldmedaille geholt und will sich nach dem enttäuschenden Ausscheiden im Viertelfinale 2016 in Rio unbedingt wieder verbessern.

"Neuseeland hat eine ganze Reihe sehr guter junger Spieler", so Nelsen. "In meiner aktiven Zeit bestand das Team noch zur Hälfte aus Amateuren. Heute sind alle Spieler Profis. Das ist schon mal ein guter Start für Neuseeland. Das Gute ist, dass niemand von Neuseeland große Erfolge erwartet. Das ist wirklich ein Vorteil für uns.

Bei den Männern lassen die Teams ein interessantes und spannendes Turnier erwarten. Es sind einige Favoriten dabei, aber ich denke, dass ein paar Außenseiter durchaus für die ein oder andere Überraschung gut sein werden. Man sollte unbedingt Liberato Cacace im Auge behalten. Er dürfte in einigen Jahren zu den absolut besten Linksverteidigern in Europa gehören. Er ist ein extrem talentierter junger Spieler."

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Das US-Frauenteam ist alles andere als ein Außenseiter. Viele erwarten, dass die USA in Tokio ihre fünfte Goldmedaille holen.

"Es ist wichtig, sich voll und ganz auf die bevorstehenden Aufgaben zu konzentrieren", so Tarpley. "Mir gefällt die Spielweise des Teams sehr. Taktisch und technisch sind die Spielerinnen enorm talentiert. Es wird interessant, welche 18 Spielerinnen Trainer Vlatko Andonovski letztlich nominiert und wie sie sich zu einem Team zusammenfinden.

Ich freue mich schon darauf, dieses Team spielen zu sehen. Der Frauenfussball hat überall auf der Welt enorme Fortschritte gemacht. Das olympische Fussballturnier ist die perfekte Bühne für glänzende Leistungen.

Die USA haben viele erfahrene Führungsspielerinnen, aber es gibt auch viele junge Spielerinnen, die einen Einfluss haben. Ich würde unbedingt Innenverteidigerin Abby Dahlkemper und Stürmerin Sophia Smith im Auge behalten."

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Die Fans rund um die Welt und die 28 Teamdelegationen können die Auslosung von zu Hause aus auf dem YouTube-Kanal der FIFA sowie bei Twitter (@FIFA.com), Facebook, Weibo und WeChat (FIFAOfficial) verfolgen. Die per Livestream übertragene Veranstaltung wird von der britischen TV-Moderatorin Samantha Johnson vom Sender TRT World in Istanbul präsentiert. Neben ihr und den FIFA-Legenden und Assistenten Tarpley und Nelsen nehmen auch FIFA-Turnierdirektor Jaime Yarza und die leitende Beauftragte für den Frauenfussball Sarai Bareman an der Veranstaltung teil und leiten die jeweiligen Auslosungen.

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