Mittwoch 10 Februar 2016, 07:18

Iniesta: "Die Nationalmannschaft durchläuft Zeiten der Veränderung"

In einer Fussballwelt, die immer auf der Suche nach dem nächsten großen Star ist und in der diese Stars immer jünger werden, wird schon jeder mit schiefen Blicken bedacht, der die 30er-Grenze überschreitet. Der Fussball ist in letzter Zeit immer intensiver und schneller geworden, und die höheren physischen Anforderungen fordern ihren Tribut.

Doch Andrés Iniesta scheint der Zahn der Zeit nichts anhaben zu können. Wie der gute Wein, den er in seinen eigenen Kellereien produziert, scheint der Mittelfeldspieler des FC Barcelona mit den Jahren immer besser zu werden.

Seit sieben Jahren ist er als Mitglied der FIFA FIFPro World XI-Weltauswahl pausenlos auf der Bühne der Gala FIFA Ballon d'Or anzutreffen. Wenn Sie sich eines seiner letzten Spiele anschauen, versteht sich von selbst, warum das so ist. 2015 gewann er fünf der insgesamt sechs Wettbewerbe, in denen er mit seinem Klub vertreten war. Er hat bereits 29 Titel auf dem Konto und ist damit schon jetzt der spanische Spieler mit den meisten Titeln aller Zeiten.

"Das ist eine sehr schöne Statistik", meint der 31-Jährige mit einem breiten Grinsen. "Das ist etwas ganz Besonderes und hilft mir dabei, auch weiterhin Vertrauen zu haben und zu versuchen, diese Zahl noch zu erhöhen. In erster Linie auf kollektiver Ebene, denn das ist das Wichtigste, und dann auf persönlicher Ebene."

Wildes Herz Was das Kollektiv betrifft, so hatte er die Ehre, die letzten beiden Titel – nämlich die FIFA Klub-Weltmeisterschaft und den UEFA Super Cup – als Mannschaftskapitän entgegenzunehmen. Diese Aufgabe wurde ihm zuteil, nachdem Xavi Hernández den Klub verlassen hatte.

"Es ändern sich bestimmte Verantwortlichkeiten, Facetten auf mannschaftlicher Ebene und Äußerlichkeiten, aber ich selbst habe mich nicht verändert. Das ist eine sehr schöne Verantwortung. Ich habe praktisch mein ganzes Leben bei Barça verbracht, und es ist einfach einzigartig, Kapitän der ersten Mannschaft sein zu dürfen", meint er zufrieden.

Der Mittelfeldspieler ist im Gespräch mit FIFA.com ausgesprochen entspannt. Mit den Jahren hat der eher schüchterne und zurückhaltende Spieler auch gelernt, die Medienauftritte zu meistern. Als Mannschaftskapitän bleibt ihm auch kaum etwas anderes übrig.

Da nimmt es sich fast paradox aus, dass einer der Weine, die er in seinem Weingut produziert, Corazón Loco (Wildes Herz) heißt. Der Name entspricht so gar nicht dem Naturell eines so ruhigen und bescheidenen Menschen. Aber vielleicht rührt er ja von dem wilden Herzrasen, das durch seine Tore ausgelöst wird? Schließlich vergisst niemand so schnell sein Traumtor an der Stamford Bridge oder den berühmten Treffer zum WM-Sieg.

Minuto 116 Wenn es etwas gab, das Iniesta ins Rampenlicht der Medien katapultiert hat, dann war es sicher sein Tor im Finale der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010™, mit dem er Spanien zum Weltmeistertitel schoss. Der Treffer war so bedeutungsvoll, dass er den feinsten und elegantesten Wein, gekeltert aus den edelsten Trauben seines Weinguts, Minuto 116 nannte – nach der Spielminute der Verlängerung, in der er ihn erzielte.

Falls er vom Verletzungspech verschont bleibt, wird er auch bei der UEFA EURO in Frankreich wieder im spanischen Mittelfeld glänzen, wo das Team nach dem enttäuschenden Auftritt bei der WM in Brasilien versuchen wird, zum dritten Mal in Folge Europameister zu werden.

"Wir hoffen darauf, eine gute Europameisterschaft zu spielen und dem großen Ziel nahezukommen. Ich glaube, unser Kader ist der Herausforderung gewachsen. Die Nationalmannschaft durchläuft Zeiten der Veränderung, wie alles im Leben. Wir wollen einen positiven Spielansatz finden und die Fans wieder geschlossen hinter uns bringen."

Sein Talent und seine Bescheidenheit haben dafür gesorgt, dass ihm die bedingungslose Unterstützung der Fans immer sicher war. Seit jener historischen 116. Minute heimst er ohnehin überall Applaus an, selbst bei gegnerischen Fans. Iniesta ist mittlerweile über 30, und es zeigen sich erste graue Haare. Doch auf dem Spielfeld ist der Mann aus Albacete nach wie vor ein großer Meister, ein Gran Reserva des spanischen Fussballs.