Eine neue Ära ist angebrochen

Nach dem Rücktritt von Abby Wambach und angesichts der voraussichtlich längeren Verletzungspause für Christie Rampone ist Becky Sauerbrunn eine der neuen Spielführerinnen im Team USA. Im Gespräch mit FIFA.com strahlt sie viel Selbstbewusstsein und eine optimistische Ruhe aus. Sie äußerte sich über die Aussichten für das noch junge Jahr 2016 und die Vorbereitung des U.S.-Teams auf das Olympische Fussballturnier der Frauen in Rio de Janeiro nach dem historischen dritten Titelgewinn bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr in Kanada. Dabei könnte man es der erfahrenen Innenverteidigerin kaum verdenken, wenn sie angesichts der umfangreichen Neustrukturierung der Nationalmannschaft auch etwas besorgt wäre.

Schließlich hängten in den letzten Monaten des Jahres 2015 Lauren Holiday, Shannon Boxx und Abby Wambach ihre Stiefel an den sprichwörtlichen Nagel, Megan Rapinoe fiel nach einer Knieverletzung aus, Sydney Leroux erwartet ihr erstes Kind und ist ebenfalls nicht mehr bei der Mannschaft, und die mittlerweile 40-jährige Christie Rampone hat die Folgen ihrer Knieoperation noch lange nicht überwunden. Als Ersatz für einige dieser weltweit bekannten Stars kam unter anderem eine gerade einmal 17-jährige Nachwuchsspielerin zum Einsatz.

"Es stimmt, wir müssen auf viele Spielerinnen verzichten, die ihre Karriere beendet haben, verletzt sind oder ein Kind erwarten, doch wir haben trotzdem noch einen Kern im Team, der bereits WM-Erfahrung vorweisen kann. Viele von uns haben schon Erfahrungen auf diesem Niveau gemacht", so Sauerbrunn voller Selbstbewusstsein. "Hinzu kommt jetzt ein Schuss neues Blut, junge Spielerinnen, die ihr Talent einbringen können. Jetzt versuchen wir, das alles zusammenzufügen und die Entwicklung in die optimale Richtung zu lenken."

Nachdem die USA zum dritten Mal den Weltmeistertitel gewonnen hatten, gab es durchaus besorgte Stimmen, die sich fragten, ob das Team von Jill Ellis auch weiterhin so stark bleiben würde. Schließlich hat sich der Kader in den fünf Monaten nach dem 5:2-Sieg gegen Japan im Finale der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft in Vancouver massiv verändert. Rekord-Torjägerin Wambach beendete ihre Karriere und das Team musste auf dem Weg zu den Olympischen Spielen von Rio 2016 aus verschiedenen Gründen zudem auf gestandene Leistungsträgerinnen wie Rapinoe, Leroux, Boxx, Rampone und Holiday verzichten. Dennoch wollen die USA als erstes Team im Jahr nach dem Gewinn der WM auch Olympisches Gold holen.

Doch die nachrückenden Spielerinnen, von den Sauerbrunn spricht, machen einen enorm starken Eindruck und so sind die besorgten Stimmen, die einen möglichen Leistungsabfall des Teams befürchtet hatten, längst verstummt. Die Stars and Stripes brachten die Olympia-Qualifikation problemlos hinter sich, feierten den Titelgewinn beim erstmals ausgespielten She Believes-Cup und fuhren gerade erst in Connecticut einen 7:0-Kantersieg gegen Kolumbien ein. Dabei haben sich Youngsters wie Crystal Dunn, Lindsey Horan und die bereits angesprochene 17-jährige Mallory Pugh einen Namen gemacht. Sauerbrunn, die zu den erfahrensten Spielerinnen im Kader gehört, sieht in den jungen Spielerinnen denn auch eine hilfreiche und notwendige Verstärkung.

"Sie kamen ja schon als echte Profis zu uns ins Trainingslager", so Sauerbrunn über die jungen Spielerinnen. "Keiner käme auf die Idee, dass Mallory Pugh gerade mal 17 ist. Seitdem sie bei uns ist, spielt sie auf einem konstant hohen Niveau. Sie hat Klasse. Auf dem Feld erfüllt sie ihre Aufgaben, ebenso wie auch Crystal Dunn. Wir mussten sie dabei gar nicht besonders anleiten. Sie sind für ihr Alter schon sehr, sehr weit. Es geht eigentlich nur darum, ihnen bestimmte Details unserer angestrebten Spielweise zu vermitteln."

Dunn beeindruckt mit ihrer VielseitigkeitVon den jüngeren Spielerinnen hat Dunn einen ganz besonders starken Eindruck hinterlassen, obwohl – oder vielleicht gerade weil – sie in den Planungen von Jill Ellis nicht immer die gleiche Rolle spielt und entsprechend auf verschiedenen Positionen eingesetzt wird. Die 23-Jährige, die als eine der letzten Spielerinnen aus dem Kader für Kanada 2015 gestrichen wurde, scheint das kein bisschen zu stören

"Jill hat mich schon auf der Außenbahn eingesetzt, aber auch ein paar Mal weiter vorn", so Dunn. "Ich kann nicht einmal selbst sagen, auf welcher Position ich am besten ins Team passe. Aber ich bin sehr gut aufgehoben. 2016 ist für mich bisher sehr erfolgreich verlaufen."

Trotz ihrer fehlenden Stammposition hat Dunn das beste aus ihren Chancen gemacht, seit sie zum Kern des Kaders gehört. In der Olympia-Qualifikation erzielte sie im Spiel gegen Puerto Rico nicht weniger als fünf Tore. Wambach verabschiedete sich von ihren bisherigen Teamkameradinnen mit der Aufforderung, sie so bald wie möglich zu vergessen und nach vorn zu blicken. Eine neue Generation sei angetreten, um sie zu ersetzen und dies sei auch völlig in Ordnung.

"Diese Ansage von Abby hat mir und den anderen jungen Spielerinnen ermöglicht, uns im Team sofort dazugehörig zu fühlen", so Dunn. "Wir können etwas beitragen. Sie hat uns klar gemacht, dass wir in große Fußstapfen treten (müssen), aber dass wir auch das Zeug dazu haben."

Wer also nach den jüngsten personellen Änderungen beim dreifachen Weltmeister noch Zweifel daran hatte, dass sich das Team auf gutem Wege befindet, kann angesichts der ruhigen Zuversicht bei Sauerbrunn und der positiven Einstellung, die beispielsweise Dunn an den Tag legt, durchaus beruhigt sein.

"Ich konnte mich immer auf die Unterstützung durch die Veteraninnen verlassen, zu denen auch Abby gehörte", so Dunn. Sie sagte immer 'Du schaffst es! Du bist aus einem bestimmten Grund hier. Zeig uns, aus welchem Holz du geschnitzt bist.'

"Wir können uns nur vor den Veteraninnen verbeugen, die uns einen so guten Weg bereitet haben."

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