Ein Tor begeistert ein ganzes Land

Nach zwei deutlichen Niederlagen gegen Brasilien (0:9) und Schweden (0:6) stand das Ausscheiden von Gastgeber Papua-Neuguinea bei der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft 2016 bereits vor dem letzten Spiel fest. Den Spielerinnen war klar, dass die Partie im National Football Stadium ihr letzter Auftritt bei dem Turnier sein würde. Dabei hätten sie so gern ein Tor bejubelt. In den beiden vorangegangenen Partien hatten sie kaum einmal die gegnerischen Torhüterinnen geprüft. Und nun war der Gegner kein Geringerer als die DVR Korea.

Doch dann geschah es tatsächlich: In der 16. Minute der Partie stürmte die schnelle Angreiferin Nicollete Ageva zwischen zwei Gegnerinnen hindurch und hob den Ball dann ansatzlos über die herausstürzende Torhüterin hinweg in die Maschen. Das Stadion explodierte förmlich. Der Torjubel war in der gesamten Hauptstadt zu hören. Auf diesen Moment hatte die ganze Nation gewartet. Papua-Neuguinea verlor das Spiel zwar letztlich mit 1:7, doch nach der Partie war das Team dennoch ganz aus dem Häuschen. Denn es ging ja gar nicht darum, etwas zu gewinnen oder gar einen Titel zu holen. Es herrschte einfach große Freude über diesen kleinen Erfolg und den Stolz der Nation.

Auch die Geschichte der Torschützin ist bemerkenswert. Ageva ist die einzige Spielerin im Kader, die von der nördlich der Hauptinsel gelegenen autonomen Inselprovinz Bougainville stammt, die früher durch Unruhen erschüttert wurde. Nach dem Treffer begruben ihre Teamkameradinnen sie regelrecht unter sich. Auch das Publikum bejubelte sie ausgiebig und sie konnte erst nach unzähligen Glückwünschen das Spielfeld durch den Tunnel verlassen. Ein Journalist meinte nach der Partie treffend, Ageva sei nun "mit Sicherheit die berühmteste Persönlichkeit von Bougainville."

"Ich bin ganz aufgeregt und stolz, weil wir unserem Land bewiesen haben, dass wir es schaffen können", so Ageva nach dem Spiel gegenüber FIFA.com. "Es war unser Ziel, ein Tor zu schießen, für uns und für ganz Papua-Neuguinea."

Dabei ist es gerade einmal ein knappes Jahr her, dass Ageva noch nicht einmal von der Existenz dieses Turniers wusste und erst recht nicht mit der Nationalmannschaft in Verbindung gebracht wurde. Doch nachdem ein Scout der Nationalmannschaft sie entdeckt hatte, veränderte sich so Einiges in ihrem Leben. "Es war mein Ziel, mein Land zu repräsentieren und in meine Heimatprovinz zurückzukehren und den Frauenfussball dort voranzubringen", so Ageva. "Diese FIFA U-20-Frauen-WM hat mich sehr inspiriert. Ich will unbedingt weiter Fussball spielen."

Große Emotionen21 glorreiche Minuten lang spielte Papua-Neuguinea im Anschluss an das Tor auf Augenhöhe mit der DVR Korea – immerhin einem früheren Titelträger. Erst acht Minuten vor der Pause geriet das Team erneut in Rückstand. Zuvor hatte die DVR Korea allerdings zwei neue Spielerinnen eingewechselt, denn das Team war durch das Gegentor offenbar durchaus beeindruckt.

"Diese Einwechslungen haben gezeigt, dass sie durchaus etwas Respekt vor uns hatten und unbedingt ein besseres Ergebnis auf der Anzeigetafel sehen wollten", so Lisa Cole, die amerikanische Trainerin von Papua-Neuguinea. "Wir haben ihnen Aktionen aufgezwungen, die sie sich eigentlich nicht aufzwingen lassen wollten.

"Als das Tor fiel, habe ich auch so etwas wie Erleichterung verspürt, denn ich habe mir wirklich sehr ein Tor für Papua-Neuguinea gewünscht. Ich wollte, dass all die Anstrengungen der Spielerinnen wenigstens mit diesem kleinen Erfolg belohnt wurden. Ein Treffer gegen Nordkorea ist allerdings durchaus bemerkenswert. Für die Spielerinnen und den ganzen Stab war das Tor eine überwältigende Freude.

Einige Spielerinnen waren im Vorfeld der Partie ein bisschen traurig, weil es ihr letztes WM-Spiel und ihr letztes Spiel mit mir auf der Bank sein würde. Doch am Ende haben sie sich alle miteinander gefreut und von Druck war keine Spur."