Sonntag 01 Oktober 2017, 09:29

Shilton: "Der Torhüter ist die zweitwichtigste Position auf dem Spielfeld"

  • Ende des Monats wird erstmals die Auszeichnung The Best – FIFA-Welttorhüter vergeben

  • Peter Shilton über die Chancen von Gianluigi Buffon, Keylor Navas und Manuel Neuer

  • Shilton, WM-Halbfinalteilnehmer 1990, absolvierte in England über 1000 Ligaspiele

Peter Shilton weiß wie kein Zweiter, was es bedeutet, die Nummer 1 zu sein. Zwanzig Jahre lang hütete er das Tor der englischen Nationalmannschaft, ehe er nach dem Aus im Halbfinale der Fussball-Weltmeisterschaft Italien 1990™ seinen Rücktritt erklärte. In der bemerkenswerten Vita von Shilton stehen über 1000 Meisterschaftsspiele in verschiedenen Ligen Englands – erst mit 47 Jahren zog er die Handschuhe endgültig aus.

All dies macht Peter Shilton zu einem hervorragenden Gesprächspartner, wenn es darum geht, die Finalisten der erstmals verliehenen Auszeichnung The Best – FIFA-Welttorhüter zu analysieren. Der Gewinner dieser neuen Kategorie wird am 23. Oktober bei einer Zeremonie in London bekannt gegeben, doch Shilton hat keinerlei Zweifel an der Qualität der drei Kandidaten Gianluigi Buffon, Keylor Navas und Manuel Neuer.

"Mich hat sehr gefreut, dass es Navas unter die drei Finalisten geschafft hat", sagt Shilton gegenüber FIFA.com. "Er hat bei Real Madrid sehr starke Leistungen gezeigt. Für mich war er auch der beste Torhüter der letzten Weltmeisterschaft. Ihn zeichnen vor allem seine hervorragende Technik und sein Stil aus. Neuer ist natürlich Weltmeister, sehr stark, eine Führungspersönlichkeit und nur schwer zu bezwingen."

Shilton hat jedoch einen Favoriten.

"Ich denke, Buffon mit seiner fantastischen Karriere würde bei mir das Rennen machen. Natürlich wird er nicht jünger, doch das sagt meiner Meinung nach viel über ihn aus. Er hat immer konstant seine Leistung abgerufen, seine Technik ist herausragend und er zeigt immer wieder sensationelle Paraden. Fehler unterlaufen allen Torhütern, doch den Besten passieren sie nur sehr selten. Buffon zählt mit Sicherheit dazu", so Shilton.

Italiens Torhüterlegende wird auch mit 40 Jahren noch aktiv sein. Vielleicht ist das der ausschlaggebende Punkt für Shiltons Sympathien? In jedem Fall kann er Buffons Entscheidung nachvollziehen, seine Karriere nach der Weltmeisterschaft im kommenden Sommer beenden zu wollen. Hier kommt eine interessante Parallele zu Shilton ins Spiel: Auch Englands frühere Nummer 1 war in seinem letzten Länderspiel ­– dem Spiel um Platz 3 bei der WM 1990 gegen Gastgeber Italien – 40 Jahre alt. Genauso wie Buffon, wenn er nach dem Finale der WM 2018 in Russland seine Handschuhe tatsächlich an den Nagel hängt.

"Nach der WM 1990 in Italien habe ich meinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärt. Nach zwanzig Jahren war ich überzeugt, dass die Zeit für diesen Schritt einfach gekommen war", meint Shilton. "Wenn man aufhört, dann am besten auf hohem internationalen Niveau. Das ist wichtig. Nachdem man die internationale Karriere beendet und dabei viele Jahre auf Top-Niveau gespielt hat, fällt es schwer, sich auf Vereinsebene wieder voll zu motivieren. Irgendeine innere Stimme sagt dir, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, und ich bin sicher, Buffon weiß das."

Nach Ansicht des englischen Rekordnationalspielers ist die gesonderte Anerkennung für Torhüter längst überfällig. In diesem Jahr vergibt die FIFA mit The Best – FIFA-Welttorhüter nun also zum ersten Mal eine eigene Auszeichnung für die Spieler zwischen den Pfosten.

"Der Torhüter ist die zweitwichtigste Position auf dem Spielfeld, gleich nach den Angreifern. Das Toreschießen ist nun mal die wichtigste Aufgabe im Fussball. Doch das Toreverhindern folgt ganz knapp dahinter. Wenn du keinen richtig guten Torhüter hast, hast du meist auch kein gutes Team. Wenn deinem Keeper regelmäßig Fehler unterlaufen, dann hast du keinen Erfolg und gewinnst keine Titel. So einfach ist das", analysiert Shilton.

Wie stehen die Chancen der aktuellen sowie der zukünftigen Torhütergeneration Englands, die neue Auszeichnung einmal zu gewinnen?

"Ein gewisses Potenzial ist mit Jack Butland und Jordan Pickford im Moment sicherlich vorhanden", meint Shilton. "Es geht darum, das Niveau zu steigern. Denn es gibt einen feinen Unterschied zwischen guten und großartigen, und einen noch feineren Unterschied zwischen großartigen und den besten Torhütern. Diesen Leistungs- und Fähigkeitsgrad muss man erst einmal erreichen. Insbesondere Jack Butland hat innerhalb kurzer Zeit schon viel gezeigt, vor allem wenn man bedenkt, dass er mit einigen Verletzungsproblemen zu kämpfen hatte. Joe Hart hat auch stabile Leistungen abgerufen und zahlreiche Länderspiele auf dem Buckel."

Obwohl es in diesem Jahr keiner seiner Landsleute in die Endauswahl geschafft hat, wird Peter Shilton die Veranstaltung am 23. Oktober in London sicherlich mit großem Interesse verfolgen. Wie viele andere aktuelle und ehemalige Torhüter in aller Welt wird auch Englands frühere Nummer 1 gespannt sein, wer die erstmalige Auszeichnung The Best – FIFA-Welttorhüter in Empfang nehmen darf.

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