Donnerstag 11 Februar 2016, 09:09

Sampson: "Wir werden Höhen und Tiefen haben"

Nur drei Worte benötigt der Trainer der englischen Frauen-Nationalmannschaft Mark Sampson im exklusiven Interview mit FIFA.com, um sein Team kurz und knapp zu beschreiben. "Leidenschaftlich! Zusammen! Spaß", kommt es mit einem Lachen wie aus der Pistole. Und sichtlich Spaß macht es ihm auch, sich selbst Attribute zuzuordnen. "Wenn Sie mich fragen, dürfte die Antwort ganz anders ausfallen, als wenn Sie meine Spieler fragen würden", so Sampson mit einem Schmunzeln. "Ich würde wieder leidenschaftlich sagen, energetisch und nicht sehr gut organisiert."

Unorganisiert? Kaum vorstellbar, wenn man bedenkt, welche Erfolge er jüngst mit den Three Lionesses feiern konnte. Bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2015™ in Kanada führte er England zur Bronze-Medaille und damit zur besten Platzierung überhaupt bei dieser Turnierserie.

"Die WM wird immer eine herausragende Leistung bleiben. Diese Bronzemedaille zu gewinnen, obwohl erwartet wurde, dass wir nicht weiter kommen, als unter die letzten 16. Das ist etwas, an das wir uns immer erinnern werden, nicht nur für dieses Jahr, sondern für den Rest unseres Lebens. Es war ein besonderer Moment. Die Sache mit der WM ist, dass man nicht diese eine große Erinnerung hat. Dieses Turnier hat man wie in einer großen Blase erlebt. Es kommt einem vor, als wäre es bereits fünfzig Jahre her", beschreibt Sampson, der das Team erst im Dezember 2013 im Alter von 31 Jahren übernommen hatte.

Das erste Spiel als Nationaltrainer? Vergisst man nie! Zuvor betreute er den englischen Frauen-Erstligisten Bristol Academy WFC, mit dem er zweimal das Finale des FA Women’s Cup erreichte und im Jahr 2013 den Gewinn der Vize-Meisterschaft und die damit verbundene Qualifikation zur UEFA Women’s Champions League feiern konnte. Damit stellt Samspon eindrucksvoll unter Beweis, dass man kein alter Haudegen im Trainergeschäft sein muss, um Erfolg zu haben.

"Einer der schönsten Momente in meiner Trainerkarriere war wahrscheinlich mein erstes Spiel als England-Coach, um ehrlich zu sein. Die erste Gelegenheit, seit mir der Job gegeben wurde, sich in den Trainingsanzug zu werfen, die Hymne zu singen, die Spielerinnen zu beobachten und zu erkennen: Du bist der englische Nationaltrainer", erinnert sich der sympathische Waliser.

"Wir hatten ein Testspiel gegen Montenegro, ein wirklich tolles Publikum und das Team hat gut gespielt. Es war ein wirklich besonderer Tag. Die Familie und Freunde befanden sich im Publikum und ich habe erkannt: Das passiert wirklich. Du bist der Coach von England und kannst die fünf Minuten vor dem Anstoß genießen. Du merkst aber auch: Uff, ich sollte damit beginnen, einige Spiele zu gewinnen!" Was ihm bekanntermaßen gelungen ist.

Trotz der jüngsten Erfolge, ist der Frauenfussball in England seiner Meinung nach längst nicht so weit, wie er sein sollte. "Es ist für jedes Land eine große Herausforderung. Nur die Amerikaner haben es geschafft. Sie sind die einzigen, die Stadien ausverkaufen und große kommerzielle Einnahmen erzielen können. Die Spielerinnen sind Vollprofis, auf allen Ebenen", analysiert der heute 33-Jährige.

"Jeder Tag ist eine Freude" "Wir wollen auf diese Ebene gelangen und auf und neben dem Spielfeld konkurrenzfähig sein. Unsere heimische Liga entwickelt sich wirklich schnell. Die Teams rücken näher zusammen und können in der Champions League konkurrieren. Unser Nationalteam hatte ein wirklich gutes und erfolgreiches Jahr. Die große Herausforderung besteht nun darin, zum nächsten Level zu gelangen. Zum Glück haben wir einen Geschäftsführer bei der FA, der ein großer Anhänger des Frauenfussballs ist und einige Änderungen vornehmen will. Hoffentlich können wir uns in den kommenden Jahren zu einer Art Vorreiter entwickeln und damit beginnen, zu den Amerikanern aufzuholen“, führt er weiter aus.

Die Herausforderung besteht ebenfalls darin, den erfolgreichen Weg, den er mit der Nationalmannschaft eingeschlagen hat, fortzusetzen – auch ohne an einem großen Turnier teilzunehmen. "In diesem Jahr haben wir die Chance, uns auf die Qualifikation für die EURO 2017 und große Testspiele zu konzentrieren. Aber am Wichtigsten ist es, dass wir besser werden. Mit den Spielerinnen, die ich habe, und den Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, ist jeder Tag eine Freude. Sie arbeiten hart, sind ehrgeizig, entschlossen und sehr talentiert. 2016 werden wir einige Höhen und Tiefen haben. Am Ende des Jahres hoffen wir, dass die Menschen denken, dass die englische Mannschaft besser geworden ist und wir die EURO 2017 zuversichtlich angehen können", fasst Sampson seine Ziele für das gerade erst begonnene Jahr zusammen. Wenn man sich vor Augen führt, was er als Trainer mit seinem Team in so kurzer Zeit bereits erreicht hat, stehen die Chancen mehr als gut, dass er diese Ziele in die Tat umsetzt.