Samstag 16 April 2016, 07:01

Das "Old Firm" ist zurück

Am Samstag, den 10. September 2016, kommt es in der schottischen Premier League nach vierjähriger Pause wieder zum Glasgower Stadtduell. Es gibt viele große Derbys im Weltfussball, aber nur wenige wecken so viele Emotionen. Diese Partie kann auf eine interessante Geschichte zurückblicken. Eine lange, gegenseitige Rivalität, die weit über den sportlichen Bereich hinausgeht, sorgt regelmäßig für reichlich Brisanz.

Die Folge ist, dass auf der ganzen Welt Geschichten zu den Fehden und Fussballfesten kursieren, zu denen es beim Aufeinandertreffen der beiden Teams aus Glasgow kommt - selbst bei Fussballanhängern, die wenig über Celtic oder die Rangers wissen.

Die Anfänge"Ein Freundschaftsspiel." So wurde das erste "Old Firm"-Derby paradoxerweise in der Lokalpresse beschrieben. Zu der Begegnung kam es am 28. Mai 1888 auf Einladung von Celtic. Allerdings sollte es nicht lange so höflich zugehen.

Im Laufe der Zeit wurde die Rivalität immer stärker und die beiden Vereine wurden immer dominanter. Die Fangemeinden und Geldbeutel der Klubs schwollen derart an, dass in der damals sehr populären Zeitschrift "The Scottish Referee" im April 1904 eine höhnische Anspielung auf die Geschäftemacherei der "Old Firm of Rangers, Celtic Ltd" erschien. Diese Bezeichnung für das Stadtderby ist bis heute geblieben.

Die ersten Begegnungen mögen freundschaftlich gewesen sein, aber angesichts der Philosophien der beiden Klubs waren Konflikte praktisch programmiert. Als Celtic im November 1887 von einem irischen Mönch gegründet wurde, war das einzige erklärte Ziel des Klubs die finanzielle Unterstützung einer Wohltätigkeitsorganisation, die sich die Bekämpfung der Armut in Glasgows großer irischer Gemeinde auf die Fahnen geschrieben hatte. Allerdings hoffte man auch, dass dieser Klub für die arg gebeutelten Immigranten zu einem Symbol des Stolzes werden würde, an dem sie sich aufrichten könnten. Die Rangers waren hingegen das Aushängeschild der protestantischen Mehrheit in Schottland. Bis 1989 weigerte sich der Klub strikt, Katholiken unter Vertrag zu nehmen.

Zahlen und FaktenEinmal abgesehen von den sozialen und politischen Faktoren, die diese Partie so einzigartig machen, gibt es kein zweites Lokalderby, dass von zwei landesweit so dominanten Teams ausgefochten wird. Celtic und die Rangers haben gemeinsam 173 Titel in der schottischen Liga und im Pokal zu verzeichnen. Das Duopol der beiden Teams in der heimischen Premier League hält bereits seit 31 Jahren an.

Im Derby selbst haben die Rangers mit 159 Siegen im Vergleich zu den 145 von Celtic leicht die Nase vorn, und bester Derby-Torschütze aller Zeiten ist mit Robert Hamilton (35 Treffer) nach wie vor ein ehemaliger Rangers-Star. Die beiden Klubs haben auch die Rekordzuschauerzahl in einem britischen Ligaspiel zu verzeichnen. 118.567 Zuschauer strömten am 2. Januar 1939 ins Ibrox-Stadion, und im schottischen Pokalfinale 1969 lockte das Derby sogar 132.870 Fans an.

FrüherAls Celtic sich vor 121 Jahren im ersten Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften mit 5:2 gegen die 16 Jahre älteren Widersacher durchsetzte, zeichnete sich bereits ab, dass man den Ausgang des "Old Firm"-Derbys niemals würde voraussagen können. Unabhängig von der jeweiligen Form und Tabellensituation ist das Resultat des Glasgower Derbys immer ungewiss. Ein Paradebeispiel ist das Finale des Ligapokals 1957.

Die Rangers, die mit Riesenschritten auf ihren zweiten Meistertitel in Folge zustrebten, galten als hoch favorisiert, als sie im Hampden Park gegen das in einem Tief steckende Team von Celtic antraten. Aber dann sollte alles ganz anders kommen. Die Bhoys setzten sich mit sage und schreibe 7:1 durch und erzielten damit ein britisches Rekordergebnis in einem Landespokalfinale. In der Zeitung "The Sunday Post" wurde die Partie damals als "Oktoberrevolution" beschrieben, und der Rekord hat bis heute Bestand.

Die Rangers-Fans schwelgen hingegen noch immer in den Erinnerungen an den 100. Ligasieg gegen den alten Rivalen: 1999 gelang ein 3:0-Erfolg im Celtic Park, mit dem man sich gleichzeitig den Titel sicherte. Gerade weil es beim "Old Firm"-Derby so leidenschaftlich zugeht, ist die Geschichte von einigen Negativereignissen überschattet.

1931 trat mit Celtics John Thomson eine tragische Kultfigur auf den Plan. Thomson war ein brillanter junger Torwart, der sich tödliche Kopfverletzungen zuzog, als er sich mutig in den Lauf eines Stürmers der Rangers warf. Noch schlimmer sollte es 40 Jahre später kommen, als 66 Rangers-Fans bei einer Katastrophe ums Leben kamen, die später unter dem Namen "Ibrox-Desaster" bekannt wurde. Als zahlreiche Zuschauer das Stadion vorzeitig verlassen wollten, brachen Absperrungen weg. Es kam zum Gedrängel und einer Massenpanik, die viele Fans das Leben kosten sollte.

Jock Stein, der legendäre Celtic-Trainer der damaligen Zeit, kehrte aus der Kabine zurück, um den Verletzten und Sterbenden zu Hilfe zu kommen. Er brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass sich durch dieses Ereignis das Bewusstsein ändern möge. Er sagte: "Diese schreckliche Tragödie muss einen Beitrag dazu leisten, dem Fanatismus und der Verbitterung bei 'Old Firm'-Spielen Einhalt zu gebieten".

HeuteObwohl es sicher länger gedauert hat, als Stein sich gewünscht hätte, ist das Derby in den letzten Jahren zweifellos friedfertiger geworden. 2008 wurden wir sogar Zeugen einer noch nie dagewesenen Solidarität, als Walter Smith und Ally McCoist - Trainer bzw. Assistenztrainer der Rangers - halfen, den Sarg von Tommy Burns, einem engen Freund und gleichzeitig legendären Celtic-Spieler zu tragen.

Eine ganz neue Wendung der Geschichte gab es 2012, als die Rangers Konkurs gingen und in der vierten Liga des schottischen Fussballs den Neuaufbau starten mussten. Seitdem die Rangers diesen finanziellen Kollaps verkraften mussten, ist es nun das erste Aufeinandertreffen im Liga-Wettbewerb.

Es ist das insgesamt 402. Stadtderby. Celtic gewann 145, Rekordmeister Rangers 159 und es steigt fast auf den Tag genau 126 Jahre nach der Premiere am 6. September 1890 im FA Cup, die Celtic mit 1:0 für sich entschied. "In diesem Spiel steckt viel Leidenschaft, aber wir müssen auch unserer Verantwortung gerecht werden", so der neue Celtic-Teammanager Brendan Rodgers. "Ich respektiere die Tatsache, dass es ein großes Spiel ist, aber als Profi, als Trainer ist es ein Spiel wie jedes andere."

Henrik Larsson, der sowohl El Clásico als auch De Klassieker gespielt hat, hingegen bringt den besonderen Reiz dieses Duells auf den Punkt: "Ich habe weder davor noch danach irgendetwas erlebt, das sich mit den Old-Firm-Spielen in Schottland vergleichen lässt. Das war die beste Atmosphäre in der ich je gespielt habe, gleichzeitig waren es die erbittertsten Spiele".