Mittwoch 28 September 2016, 09:37

Nahikari: "Es gibt nichts Schöneres als ein Finale"

Nahikari García hat bereits fünf Endspiele bei großen Turnieren bestritten. Doch das Schicksal war grausam, denn sie hat alle verloren. "Es gibt nichts Schöneres als ein Finale. Wenn man mit kühlem Kopf darüber nachdenkt, zeigt das, was wir alles erreicht haben. Wir haben zwar verloren, aber es ist auch sehr schwer, überhaupt in ein Finale einzuziehen. Das muss man auch wertschätzen. Schließlich ist das nicht die Regel. Dazu ist ein großer Kraftakt und viel Opferbereitschaft erforderlich."

Diese Analyse stammt nicht etwa von einer erfahrenen Trainerin. Vielmehr ist es die Aussage einer 19-Jährigen, einer der Spielführerinnen der spanischen Auswahl, die an der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft Papua Neuguinea 2016 teilnehmen wird.

Nahikari García hat bei der U-17-Europameisterschaft eine Silber- und eine Bronzemedaille gewonnen, bei der U-20-Europameisterschaft drei Mal den zweiten Platz belegt und bei der FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft Costa Rica 2014 ebenfalls.

Vier Endspiele auf kontinentaler Ebene und eines bei einer WM, doch das Glück war nie auf ihrer Seite. Dennoch sie gibt nicht auf. "Jedes Mal, wenn wir bei einem dieser großen Turniere antreten, bin ich einmal mehr überzeugt davon, dass der Fussball der richtige Weg für mich ist. Man sieht dort einfach ein anderes Gesicht des Frauenfussballs. Du wirst wie eine Profispielerin auf höchstem Niveau behandelt", meint sie im Gespräch mit FIFA.com.

Von einem solchen Profiumfeld sind die Spielerinnen in Spanien noch immer weit entfernt, doch sie streben unaufhaltsam darauf zu. "Diese Sportart ist im Aufwind, sie hat Zukunft. Die Spielerinnen haben gute Arbeit geleistet. Wir verfügen über hervorragende Fussballerinnen bei großen europäischen Klubs, endlich werden die Spiele der A-Nationalmannschaft im frei zugänglichen Fernsehen übertragen, und hoffentlich geht die Entwicklung in dieser Richtung weiter", meint die Spielerin, die nicht nur Fussball spielt, sondern auch im zweiten Jahr Medizin studiert.

Die Stürmerin von Real Sociedad San Sebastián verströmt unverbrüchlichen Optimismus. Ihr Glas ist immer halb voll. "Als ich noch klein war, gab es keine weiblichen Vorbilder. Mir gefiel Raúl González von Real Madrid. Ein sehr kampfstarker Spieler, vielleicht technisch nicht so versiert, aber immer im Dienst der Mannschaft und immer mit vollem Einsatz dabei", erklärt sie. "Heute schaue ich mir gern die Spielerinnen der A-Nationalmannschaft an, Akteurinnen wie Vicky oder Irene Paredes, die Vorbildfunktion haben." Inzwischen gibt es weibliche Vorbilder, und zwar sogar im eigenen Land. Nahikari selbst gehört bereits dazu, auch wenn sie noch immer überrascht reagiert und errötet, wenn sie auf der Straße erkannt wird.

Revanche Zu Beginn des Artikels haben wir erklärt, dass das Schicksal es mit García nicht gut gemeint hat. Diese Aussage bezieht sich nicht nur darauf, dass sie fünf Mal am Titelgewinn vorbeigeschrammt ist, sondern auch darauf, wie dies beim letzten Mal passiert ist. Im Finale der jüngsten Auflage der U-20-Europameisterschaft in der Slowakei gegen Frankreich vergab die Stürmerin auf dem vom Starkregen aufgeweichten Platz in der Nachspielzeit eine Großchance. Sie stand allein vor der französischen Torhüterin.

"Das war natürlich sehr bitter für mich. Aber ich habe das schneller weggesteckt als erwartet. Ich hatte viel Unterstützung in der gesamten Mannschaft. Der Zusammenhalt im Team war groß, und die Gruppe hat große Reife gezeigt. Selbst in den sozialen Netzwerken gab es viele Unterstützerbotschaften", erklärt sie.

Dieser Zusammenhalt hat sich mit der Zeit entwickelt. Schließlich arbeitet das Team bereits seit über drei Jahren zusammen. Zuvor war Jorge Vilda für die Auswahl zuständig, der mittlerweile die A-Nationalmannschaft der Frauen trainiert, unter dem sie im U-17-Bereich gearbeitet und mit dem sie sich auch für die bevorstehende U-20-WM in Papua-Neuguinea qualifiziert haben. Nun ist Pedro López für die U-20-Auswahl zuständig, die zuvor erst ein Mal am Weltturnier teilgenommen hat, nämlich 2004 in Thailand.

"Man hat den Wechsel kaum bemerkt, da die Methode weitgehend dieselbe geblieben ist. Alle arbeiten zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Das begünstigt die Entwicklung der Nationalteams. Es hilft den Spielerinnen sehr beim Übergang von einer Altersklasse in die nächste", erklärt sie. "Die Trainer sind sehr zugänglich. Dafür sind wir Spielerinnen sehr dankbar, denn wir haben Vertrauen zu ihnen und können über alles sprechen."

Spanien tritt gemeinsam mit Kanada, Nigeria und Japan in Gruppe B an. Gegen die Nadeshiko mussten die Spanierinnen sich vor zwei Jahren im Finale der U-17-WM in Costa Rica geschlagen geben. "Das wird schwierig werden, aber wir gehen mit viel Optimismus an die Sache heran und haben die Absicht, hart zu arbeiten", so die Spielerin über die Chance zur Revanche.

In den Koffer, den sie für Papua packt, werden auch einige Medizinbücher wandern, denn das Trainingslager ist lang und dasselbe erhofft sie sich natürlich für das Turnier. In diesem Fall muss sie nebenbei Zeit finden, um mit ihrem Studium auf dem Laufenden zu bleiben. García weiß sich in dieser Beziehung zu helfen: "Ab und an habe ich den Mannschaftsarzt gebeten, mir einige Dinge zu erklären", meint sie lächelnd. "Das erste Studienjahr ist sehr gut gelaufen. Jetzt habe ich mich für etwas weniger Fächer eingeschrieben, damit ich es besser schaffe. Ich wollte das Studium und den Fussball unter einen Hut bringen, ohne dass zu viel Druck entsteht."

Die Nachwuchsspielerin ist zweifellos Gold wert, auch wenn ihr dies im Wettbewerb bislang versagt geblieben ist. Doch vielleicht ändert sich das ja bald.