Donnerstag 25 Februar 2021, 22:06

Miura: "Ich weiß nicht, wie lange ich noch spielen werde"

  • Kazuyoshi Miura wird heute 54

  • Der legendäre Japaner ist beim FC Yokohama immer noch als Profi aktiv

  • Morgen beginnt die J.League-Saison 2021

Er spielte an der Seite von Ruy Ramos, Hidetoshi Nakata, Dwight Yorke, Tomas Skuhravy, Patrick M'Boma und Park Jisung. Alles gestandene Akteure - und alle längst im Ruhestand. Kazuoyshi Miura hingegen feiert heute seinen 54. Geburtstag und kann den Saisonauftakt 2021 mit seinem Team FC Yokohama in der J.League kaum erwarten. Die Karriere des ältesten Profifussballers der Welt Karriere erstreckt sich mittlerweile über fünf Jahrzehnte.

Als Miura seinen ersten Profivertrag bei Santos in Brasilien unterzeichnete, hatte sich Japan noch nie für eine FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ qualifiziert. We Are The World war der Hit des Jahres und Sade war beste Newcomerin bei den Grammy Awards, Jenseits von Afrika bekam den Oscar als bester Film des Jahres und Michael Jordan spielte gerade erst seine zweite Saison in der NBA.

Seine Rekorde und Auszeichnungen reichen aus, um ein ganzes Buch zu füllen.

Im Vorfeld der neuen Saison führte FIFA.com anlässlich seines Geburtstags ein Exklusiv-Interview mit King Kazu, in dem er über das jüngste Kapitel seiner Karriere, Fussball während der Pandemie, seine Führungsqualitäten, seine Erfahrungen in Brasilien und zahlreiche weitere Themen.

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FIFA.com: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Vertragsverlängerung bei Yokohama. War das für Sie eine leichte Entscheidung oder mussten Sie lange darüber nachdenken?

Kazuyoshi Miura: Als ich das Angebot vom FC Yokohama bekam, wusste ich durchaus, dass ich weiterspielen wollte. Ich brauchte also nicht viel Zeit für die Entscheidung. Da ich allerdings mit viel jüngeren Spielern trainieren werde, fällte ich die Entscheidung erst, nachdem ich in meinen Körper und meinen Geist hineingehört hatte, nicht halbherzig.

Sie sprachen davon, wie es ist, während der Pandemie Fussball zu spielen, und dass sie trotz allem die Freude daran genießen. Was ist an diesem jüngsten Kapitel Ihrer Karriere anders?

Als die Infektionen mit dem neuen Coronavirus sich verbreiteten und in Japan der Notstand ausgerufen wurde, war ich sehr besorgt, wie es weitergehen würde. Ich fragte mich, was dies alles für mein tägliches Leben und für meinen Job als Fussballer bedeuten würde. Dank der Arbeit sehr vieler Menschen konnte die J.League jedoch wiederaufgenommen werden. Natürlich war es in den Stadien anders, es gab Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionen und genau festgelegte Abläufe. Doch auf dem Spielfeld hat uns das alles nicht sehr beeinträchtigt. Wir konnten wie gewohnt spielen.

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Was haben Sie während der Pandemie über sich selbst gelernt?

Die Pandemie hat mir den Wert des Sports an sich wieder bewusster gemacht und die Tatsache, dass tolle Spiele nur möglich sind, wenn Zuschauer dabei sind. Viele Ligen im Ausland spielen weiterhin ohne Zuschauer. Japan hingegen lässt bei Spielen die Hälfte der Zuschauer zu. Ich denke, das zeigt die Disziplin und Besonnenheit der Japaner.

Sie spielen nun über Ihren 54. Geburtstag hinaus auf höchstem Niveau. Überrascht Sie das selbst? Haben Sie die eigenen Erwartungen an Ihre Karriere übertroffen, oder war Ihnen schon immer klar, dass Sie derart unverwüstlich sind?

Als ich im Alter von 18 Jahren meinen ersten Vertrag in Brasilien unterschrieb, hätte ich mir niemals träumen lassen, dass ich bis in dieses Alter spielen würde. Es ist mir gelungen, weil ich Jahr für Jahr meine gesamte Energie in den Fussball investiert habe.

Was lief in der vergangenen Saison besonders gut und hat Ihnen das Gefühl gegeben, dass die Vertragsverlängerung richtig ist?

Ich bin nicht in der Position, mit dem Team über einen Vertrag zu diskutieren, denn wenn das Team mich nicht will, dann bekomme ich auch keinen Vertrag. Die Tatsache, dass mir ein Vertrag angeboten wurde, bedeutet also, dass man der Meinung ist, dass ich etwas beisteuern kann. Ich will alles tun, was ich kann, um meinem Team zum Sieg zu verhelfen.

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Welche Ziele und Erwartungen haben Sie speziell für die kommende Saison mit Yokohama?

Ich will so viele Spiele wie möglich in der Startaufstellung spielen. Ich will alles geben, um dem Team zu helfen, das Ziel einer Platzierung in den Top 10 zu erreichen.

Wie sehr hat Ihre Zeit in Brasilien Sie als Spieler und als Mensch geprägt?

Ich bin schon im Alter von 15 Jahren nach Brasilien gegangen und habe mit 18 meinen ersten Profivertrag unterschrieben. Bei meinem Klub dort habe ich gelernt, mich wie ein Profi zu verhalten und was ich auf dem Spielfeld zu tun hatte. Auch die Grundeinstellung zu meinem Job als Fussballer habe ich in Brasilien bekommen.

Sehen Sie sich selbst als Führungsfigur? Und falls ja, was für eine Führungspersönlichkeit sind Sie?

Es besteht ein großer Altersunterschied zwischen mir und den anderen Spielern, fast schon wie bei einem Vater-Sohn-Verhältnis. Daher würde ich eher sie fragen, wie sie mich sehen. Auf dem Spielfeld kann ich meine Leidenschaft für den Fussball weitergeben und durch mein Verhalten ein Vorbild sein, denn ich spiele ja schon viel länger als alle anderen Spieler.

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Reizt es Sie, später Trainer auf hohem Niveau zu werden, oder werden Sie sich vielleicht eine Auszeit vom Fussball nehmen, wenn Ihre aktive Karriere endet?

Im Moment denke ich nicht darüber nach, Trainer zu werden. Aber ich glaube nicht, dass ich mich jemals vollständig aus dem Fussball zurückziehe. Ich denke, dass ich auf die eine oder andere Weise weiterhin im Fussball eingebunden bleibe. Ich weiß nicht, wie lange ich noch spielen werde. Es kann sein, dass es morgen endet, es kann aber auch sein, dass es noch zwei, drei Jahre weitergeht.

Haben Sie zum Abschluss eine Botschaft an die Fussballfans rund um die Welt, insbesondere wo wir uns noch mitten in der Pandemie befinden?

Die Situation ist wegen der Coronavirus-Pandemie auf der ganzen Welt weiterhin sehr kompliziert. Dennoch können wir dank des Einsatzes sehr vieler Menschen weiterhin Fussball spielen. Das ist ein großer Segen. Ich bin sicher, dass wir diese Krise überwinden können, wenn wir zusammenarbeiten, und ich bin sicher, dass der Tag kommen wird, an dem die Fans wieder in die Stadien strömen können. Bis zu diesem Tag werden wir Spieler weiterhin hart arbeiten. Ich bin überzeugt, dass wir eines Tages zusammen jubeln können. Gebt auf euch acht und genießt das Leben.

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