Mittwoch 20 März 2019, 12:35

"Warriors" im Kampf gegen psychische Probleme

  • Das Bewusstsein für Fragen der psychischen Gesundheit wächst

  • Fussball spielt im Rahmen der Hilfsangebote für die Betroffenen eine wichtige Rolle

  • Ein kleiner schottischer Klub kämpft mit einem mehrfach ausgezeichneten Programm an vorderster Front

Im vergangenen Mai war die "Mental Health Group" aus Stenhousemuir zu Gast beim schottischen Pokalfinale. Leigh Griffiths gehörte an diesem Tag im Hampden Park zum siegreichen Team von Celtic Glasgow und verließ das Spielfeld mit der bereits 13. Siegermedaille seiner Karriere.

Nur wenige Monate später wurde bekannt, dass Griffiths – einer der besten Stürmer der schottischen Nationalmannschaft – eine Auszeit vom Fussball nimmt, da er selbst an psychischen Problemen leidet. Dies war eine eindrückliche Erinnerung, dass derartige Probleme jeden betreffen können, ganz unabhängig von Situation und Status.

Die Ausmaße des Problems sind enorm: Allein in Schottland ist nach offiziellen Schätzungen jedes Jahr rund ein Drittel aller Menschen in irgendeiner Form von psychischen Problemen betroffen. Der Fussball dient mittlerweile als eines der Hilfsmittel im Kampf gegen diese Situation. An vorderster Front dieses Kampfes steht Stenhousemuir, ein kaum bekannter Klub aus der dritten schottischen Liga.

FIFA.com war vor Ort, um sich einen Eindruck des Programms mit dem Titel "Warriors in the Community Mental Health Football" zu machen und erfuhr dabei vieles aus einer inspirierenden Erfolgsgeschichte. Julie Cunnell, eine dort beschäftigte Psychotherapeutin, erzählt: "Wir führen regelmäßig Beurteilungen durch. Ausnahmslos alle am Fussballprogramm beteiligten Personen berichten von einer Verbesserung ihres allgemeinen Wohlbefindens und einer gleichzeitigen deutlichen Abnahme ihrer Anspannung. Manche der Menschen, die Sie hier sehen, konnten früher nicht einmal das Haus verlassen und heute reisen sie zu Turnieren durchs ganze Land und genießen es."

Stenhousemuir stellt nicht nur die Spielkleidung, die Trainer für die sportliche Vorbereitung und das vereinseigene Ochilview Stadium zur Verfügung, sondern unterstützt die Initiative auch finanziell. "Der Klub ist einfach fantastisch", so Projektmitarbeiter John McGowan, der das Programm vor rund fünf Jahren ins Leben rief. "Sie haben ermöglicht, dass die Gruppe weitermachen konnte, obwohl wir ein Jahr lang keinerlei öffentliche Fördermittel bekamen. Und man muss bedenken, dass der Klub selbst während dieser Zeit einen Abstieg verkraften musste. Dass man dort trotzdem noch Geld für uns aufgetrieben hat, kann man dem Klub gar nicht hoch genug anrechnen."

"Besonders großartig finde ich an dieser Gruppe, dass sie für Menschen in jedem Stadium der Erkrankung und Gesundung offen ist. Wir bieten verschiedene Gruppen an, wobei der Fussball offenbar ganz besonders gut geeignet ist, die Menschen zu motivieren. Das hat drei große Vorteile: Es verbessert ihre psychische Gesundheit, ihre körperliche Gesundheit und die soziale Interaktion. Man kann die Veränderungen eindeutig sehen, sowohl was das körperliche Erscheinungsbild angeht als auch ihr allgemeines Wohlbefinden."

Wie sehr das Programm das Leben der Menschen beeinflusst, wird mehr als deutlich, als die zwei Teilnehmer Robert Cochrane und Christopher Horne erzählen, wie sehr sich ihre Lebensqualität verbessert hat.

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Die Geschichte von Robert

"Bevor ich hierher kam, litt ich an starken Depressionen und hatte keinerlei Selbstwertgefühl. Manche Leute denken, man könnte sich einfach daraus befreien, aber so leicht ist das nicht. Es macht dir das Leben zur Hölle. Ich war so tief unten, wie man es sich kaum vorstellen kann. Doch jetzt gehöre ich schon seit zweieinhalb Jahren zum Fussballprogramm. Das ist für mich einfach fantastisch. Nun habe ich jeden Freitag etwas, auf das ich mich freuen kann. Ich kann Stress abbauen und fühle mich viel wohler. Das ist ein riesiger Unterschied für mein Leben, eine enorme Verbesserung.

Ich habe hier viele neue Freunde gefunden und kann mich jetzt viel besser unter die Leute mischen. Früher habe ich oft allein zu Hause gesessen. Und ich habe auch viel Gewicht verloren, gut 25 Kilo im ersten Jahr. Meine Familie ist stolz auf mich und mir macht es großen Spaß, von den Spielen zu erzählen und die Trophäen vorzuzeigen, die wir gewinnen. Ich bin jetzt einfach rundum viel zufriedener mit mir."

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Die Geschichte von Chris

"Ich komme jetzt seit einem Jahr her und es ist einfach großartig. Wir sind eine sehr fröhliche Gruppe. Wenn man ankommt, wird man freundlich per Handschlag begrüßt und gefragt, wie es geht. Auch für mein Selbstvertrauen ist das eine tolle Sache. Wir haben einige Wettbewerbe gewonnen und sind zu Spielen in verschiedene Städte im ganzen Land gefahren. Auch von dort haben wir schon so manche Trophäe mitgebracht. Ich leide an Schizophrenie, aber der Fussball hat meine mentale Verfassung massiv verbessert. Ich bin sehr froh, dass ich dabei bin. Wenn ich den Fussball nicht hätte, wäre mein Zustand ganz bestimmt sehr viel schlechter. Für mein Leben bedeutet das einen riesigen Unterschied."

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