Montag 18 März 2019, 07:32

Lilly: "Für kurze Zeit waren wir so wie die Beatles"

  • USA-Legende sagt, dass die Leute immer noch über die 99er reden, weil sie die Einstellung der Menschen verändert hätten

  • Spieler sollten Werbung für die Mannschaft sowohl auf als auch neben dem Spielfeld betreiben

  • Lilly: "Für kurze Zeit waren wir so wie die Beatles"

Als die USA 1999 erstmals Gastgeber der FIFA Frauen-WM war, hatten Kristine Lilly und ihre Mitspielerinnen keine Vorstellung davon, wie sie beim U.S.-Publikum ankommen würden.

Drei Jahre zuvor hatte das Team Gold bei der Heim-Olympiade gewonnen, als der Frauenfussball 1996 in Atlanta erstmals zum olympischen Programm gehörte.

Da es aber damals noch keine Profi-Liga gab, mit der man den Schwung aus Atlanta hätte nutzen können, war man sich nicht ganz sicher, wie es drei Jahre später aussehen würde. Der amerikanische Verband musste entscheiden, ob man eher auf große oder kleine Stadien setzen wollte. Wollte man ein Risiko eingehen, oder auf Nummer sicher gehen?

Die Amerikaner entschieden sich für Risiko, schließlich hatte man ein Team mit Spielerinnen wie Lilly, Mia Hamm und Michelle Akers - und es sollte sich als die richtige Entscheidung erweisen. Sie trafen auf ein Publikum, das große Lust auf Frauenfussball hatte, landesweit waren die Spiele ausverkauft und die Namen der Spielerinnen waren bald ebenso allen bekannt.

"Das war aufregend für uns, das Anstrengendste war es wohl, die großen Stadien ausverkauft zu bekommen", sagte Lilly. "Aber wir sorgten in unseren Spielen für ausverkauftes Haus und wurden dadurch richtig bekannt. Für kurze Zeit waren wir so wie die Beatles."

Es war aber nicht einfach für das Team, das sich nicht nur auf das Geschehen auf dem Feld konzentrieren musste, sondern auch außerhalb noch für das Turnier werben sollte. Das war damals auch nicht so simpel wie heute - schließlich reden wir über die Zeit vor Twitter, Instagram oder Facebook. 1999 befand sich das Internet noch in den Kinderschuhen.

Daher mussten sich die Spielerinnen etwas einfallen lassen. "Wir haben kleine, überraschende Aktionen gestartet. Wir gingen zu Fussballplätzen, auf denen Mannschaften trainierten und waren auf einmal einfach dort. Ich erinnere mich an ein Training in Boston mit Mia Hamm. Die dort trainierende Mannschaft, die von ihrem Glück nichts wusste, war völlig überrascht. Wir konnten so mit ihnen reden, Autogramme geben und eine Verbindung zu den Fans schaffen."

Diese Verbindung sollte während des Turniers noch anwachsen, wobei der Siegeszug der USA dabei natürlich ebenso hilfreich war wie die Tatsache, dass einige andere große Sportarten gerade pausierten.

Nach dem Sieg im Eröffnungsspiel gegen Dänemark im Stadion der New York Giants kam eine Lawine ins Rollen, die Einstellung der Menschen veränderte sich.

"Jedes Spiels sorgte für Aufmerksamkeit und da sonst kaum Profisport stattfand, sah jeder unsere Siege und sagte: 'Oh, Fussball, die Frauen gewinnen. Hast du es gesehen?' Dieser Sommer veränderte die Sicht der Menschen auf den Frauensport allgemein, nicht nur auf den Frauenfussball."

Der legendäre Sieg im Elfmeterschießen gegen China im Endspiel beförderte Lilly und ihre Mitspielerinnen auf ein neues Level an Ruhm. Man wurde nicht mehr länger gefragt: "Für wen spielt ihr?" sondern "Gegen wen spielt ihr als nächstes?".

Nun, da wir uns dem 20-jährigen Jubiläum des Turniers nähern, reden die Leute immer noch über "die 99er", ein Name, der Lilly und Co nun seit zwei Jahrzehnten anhängt. Das 2015er-Team verfügt nicht über einen solchen Spitznamen. Was meint Lilly, die für diesen Sommer die Frauen-WM als Teil des FIFA Legends Squad bewirbt, woran das liegt?

“Ich denke, das hat nicht nur damit zu tun, dass wir die WM gewonnen haben, es geht um eine gesellschaftliche Veränderung", sagt sie. "Wir haben zu einer Zeit gewonnen, in der Fussball [in den USA] nicht so die große Sache war, als die Leute nicht wussten, wer wir sind und als der Frauensport allgemein nicht so die große Anerkennung hatte. Junge Mädchen konnten sich mit uns identifizieren, 30-jährige Frauen ebenso - es war ein kultureller Wandel."

Lilly hat zwei Töchter, Sidney (10) und Jordan (7) - beide haben sich selber entschieden Fussball zu spielen - ihre Mutter legt Wert auf die Feststellung, dass sie die beiden nicht beeinflusst hat. Aber natürlich haben sie alte Spielszenen mit Lilly auf dem Feld gesehen.

Sie werden ihre Lieblingsspielerinnen Alex Morgan, Tobin Heath und Megan Rapinoe diesen Sommer in Frankreich verfolgen und Lilly würde ihre Töchter dabei unterstützen, sollten sie einmal in ihren Fußstapfen wandeln wollen - nicht wegen der Titel, die man gewinnen kann, sondern wegen der Menschen, die man trifft.

"Diese Frauen, mit denen ich gespielt habe, sind immer noch meine besten Freundinnen", sagt sie. "Sie waren starke Frauen, mit denen man Spaß haben konnte, einfühlsam und sie ließen zu, dass man man selbst sein konnte. In solch einer Umgebung zu sein ist sehr förderlich, daher würde ich jeden dabei unterstützen, der das für sich erreichen will."

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