Dienstag 30 Mai 2017, 17:36

Herrera und ein kühler Kopf

  • Yangel Herrera erzielt gegen Japan historisches Tor für Venezuela

  • Er war in allen Auswahlen seit der U-15 immer Kapitän

  • Im Februar kaufte ihn Manchester City und lieh ihn an New York City FC aus

Es lief die 108. Spielminute, die Beine waren schwer wie Blei. Wegen des Spiels, der Hitze und auch der Nervosität. Schließlich stand eine historische Qualifikation auf dem Spiel, und alles deutete auf ein Elfmeterschießen hin. Aber Yangel Herrera behielt kühlen Kopf. Er hatte erkannt, dass die Gegner ihn bei Eckstößen immer am ersten Pfosten erwarteten. Er überlegte und handelte. In einer Situation, in der bei anderen Spielern die Gedanken vernebelt sind, sah er plötzlich klar.

"Ich habe zu Nahuel (Ferraresi, ein Innenverteidiger) gesagt, dass er diesen Raum angreifen und meinen Gegenspieler am ersten Pfosten binden soll. So war ich frei und konnte den Ball treffen. Als das Netz zappelte... Das ist ein Gefühl, das man nicht beschreiben kann. Das ist ein unfassbarer Traum, ich bin überglücklich", sagt Herrera im Gespräch mit FIFA.com im Anschluss der Partie. Er avancierte zum großen Helden Venezuelas, das sich in Republik Korea 2017 erstmals in der Geschichte des Landes für das Viertelfinale der FIFA U-20-Weltmeisterschaft qualifiziert hat.

Es ist nicht das erste Mal, dass er einen entscheidenden Treffer erzielt. Bei der Südamerikameisterschaft traf er gegen Peru ebenfalls per Kopf in der 89. Minute zum Ausgleich, der seinem Team letztlich den Einzug in die Finalphase sicherte. Was sagt er zu seinen Heldentaten? Herrera spricht lieber über die anderen. "Wir haben ruhende Bälle zuletzt öfter trainiert und verschiedene Taktiken vorbereitet. Wir haben einen hervorragenden Freistoßschützen wie (Ronaldo) Lucena. Er zirkelt den Ball immer gefühlvoll in den Strafraum. Ich weiß, wo er hinfliegen kann und stürze mich vertrauensvoll hinein."

Aus seiner Position heraus im defensiven Mittelfeld im 4-2-3-1-System von Rafael Dudamel zieht Herrera die Fäden. "Er ist von Natur aus ein Anführer, deshalb war er in allen Alterskategorien der Kapitän. In der U-15 wie in der U-17, und jetzt beendet er seine Laufbahn als Juniorenspieler auf brillante Weise als Kapitän der U-20", schwärmt sein Trainer. Dudamel holte den vielversprechenden Akteur in die A-Nationalmannschaft, mit der er zur Copa América Centenario 2016 fuhr und in der Südamerika-Qualifikation für Russland 2018 schon zu zwei Einsätzen kam.

"Das habe ich mir verdient. Ich habe hart dafür gearbeitet und bin gerne Kapitän", versichert der erst 19-jährige Herrera. "Ich orientiere mich an den Menschen, die Respekt einflößen und sowohl auf wie neben dem Platz Führungspersönlichkeiten sind. Außerdem haben wir hier einen sehr motivierenden Trainer, der mit den Spielern, die eine wichtigere Rolle im Team spielen, oft über Führungsqualitäten spricht, damit wir uns besser zurechtfinden."

Sein Talent hätte bei Atlético Venezuela von der Welt unentdeckt bleiben können, aber Pep Guardiola und den Scouts von Manchester City blieb es nicht verborgen. Im Februar dieses Jahres verpflichtete ihn der englische Klub und schickte ihn auf Leihbasis zu New York City FC. Ende April, nur zwei Monate nach seiner Ankunft in der MLS, eröffnete ihm Patrick Vieira, dass er anstelle von Andrea Pirlo in der Startelf stehen würde. Er trug in der Partie mit einem Tor zum Sieg bei.

"Vieira und Pirlo haben mir viel geholfen. Ich habe gelernt, dass das fussballerische Niveau im Ausland viel höher ist und ich mich sehr stark verbessern muss, wenn ich mich etablieren will", sagt er und verrät, dass ihm sein Coach, der Spanier David Villa und der Argentinier Maxi Moralez Nachrichten geschickt hätten, um ihm bei diesem Wettbewerb Glück zu wünschen. "Es rührt mich sehr, dass sie sich um mich und meine Karriere kümmern."

Diese Karriere verläuft derzeit geradezu märchenhaft. Und obwohl er ständig mahnt, "Schritt für Schritt" vorzugehen, gibt es keinen Zweifel daran, dass mit diesem Team noch einiges drin ist: "Wir haben eine großartige Mannschaft, riesige Spieler und wir träumen, glauben und wissen, dass wir Weltmeister werden können."