Freitag 27 August 2021, 14:26

Fussball in Sudan – Zwischen Vergangenheit und Gegenwart

  • Sudan träumt noch immer von der WM

  • Ali Gagarin äußert sich optimistisch über die Zukunft des sudanesischen Fussballs

  • Konzentration auf die Vorrunde der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™

Sudan hat in der afrikanischen Fussballgeschichte Spuren hinterlassen und einen Beitrag zum Entstehen des wichtigsten kontinentalen Wettbewerbs geleistet. Das Land hat eine andere Fussballgeschichte als seine Nachbarn: Mit einer "goldenen Generation" gewann die sudanesische Auswahl den Afrikanischen Nationen-Pokal 1970. Doch seitdem hat der dortige Fussball auf nationaler und internationaler Ebene Höhen und Tiefen durchlaufen. Heute spielt das Land wieder oben mit und hat sich für den Nationen-Pokal qualifiziert, der im Januar in Kamerun ausgerichtet wird. Außerdem jagt man immer noch dem großen Traum von einer erstmaligen WM-Teilnahme hinterher.

Auf der Suche nach neuen Höhenflügen

In den 1960er- und 70er-Jahren verfügte Sudan über ein ausgesprochen schlafkräftiges Team. Damals zählte das Land zu den größten Fussballmächten Afrikas und stand mit weiteren Schwergewichten wie Algerien, Guinea, Marokko und Ägypten auf einer Stufe. Mit einer "goldenen Generation", zu der Akteure wie Nasr Al Deen Abbas (Jaksa), Omar Ali Hassab Al Rasoul (Hasbo Al Sagheer) und Haidar Ali, genannt Ali Gagarin, gehörten, ging das Land in die Fussballgeschichte ein. Diese Generation gewann 1970 nach mehrere Versuchen und zwei zweiten Plätzen in den vorherigen drei Auflagen die siebte Auflage des CAF Afrikanischen Nationen-Pokals. Das war bislang der wichtigste Titel, den Sudan je gewonnen hat. Für Ali Gagarin, ehemaliger Kapitän und Star der Nationalmannschaft, war der Talentfaktor damals entscheidend. "Unsere Generation war ganz anders. Es kam bei uns eher auf die individuelle Klasse als auf Taktik oder Planung auf dem Spielfeld an. Zu unserer Zeit hatte jeder Klub mindestens sieben oder acht wichtige Spieler. Wir brauchten keine Trainer. Der Fussball war ganz anders als heute. Wir haben nicht so gespielt wie jetzt. Die aktuellen Spieler sind wie Roboter", meint er rückblickend im Gespräch mit FIFA.com. Die glorreiche Zeit sollte nicht lange anhalten. Die "goldene Generation" wurde von der nächsten abgelöst. Al Hilal und Al Merreikh, die größten sudanesischen Klubs, verloren an Niveau, was sich auch auf das Nationalteam auswirkte und sich in einer längeren Abwesenheit von der kontinentalen Bühne manifestierte. Nach Ansicht des ehemaligen Kapitäns von Al Hilal waren mangelnde Ressourcen der Grund für das Scheitern. Seiner Meinung nach ist Geld in jedem Land der wichtigste Katalysator für die Wiederbelebung des Fussballs. "Der sudanesische Fussball hat wirklich Rückschritte gemacht. Der Grund ist der Mangel an Akademien und Ausbildungszentren. Es gab zwar einige Vorstöße, aber die Mittel, die in diesem Bereich investiert werden, sind noch immer bescheiden. Hinzu kommen bedeutende infrastrukturelle Schwächen. Trotz der großen Fussballgeschichte des Landes gibt es keine Sportstadt. Die Idee gibt es seit 1989, aber sie wurde noch immer nicht umgesetzt. Das ist mangelnder Respekt gegenüber den Talenten. Die Lösung wäre meiner Meinung nach die Erarbeitung eines soliden Plans zur Fussballförderung in Sudan", betont er.

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Vertrauen auf eine neue Generation

Alles deutet darauf hin, dass jetzt eine neue Generation in den Startlöchern steht, die in der Lage ist, auf kontinentaler Ebene zu glänzen. Nach einer langen Wartezeit (seit 2012) und zahlreichen Enttäuschungen hat Sudan sich endlich wieder für den Afrikanischen Nationen-Pokal qualifiziert, der im Januar nächsten Jahres ausgetragen wird. Laut Ali Gagarin haben viele Faktoren zur Rückkehr des Nationalteams ins kontinentale Turnier beigetragen. "Im Vergleich zu früher macht der sudanesische Fussball gerade greifbare Fortschritte, und zwar dank des großen Interesses und der wichtigen finanziellen Unterstützung durch die Behörden", erklärt er. "In letzter Zeit ist einer Gruppe talentierter Spieler der Durchbruch gelungen, beispielsweise dem Stürmer Mohamed Abdel Rahman Al-Gharbal von Al Hilal. Außerdem wurden auch Spieler von europäischen Klubs ins Nationalteam eingegliedert", fügt er hinzu. Sudan hat mit der Rückkehr zum Afrikanischen Nationen-Pokal zwar ein Ziel erreicht, will sich damit jedoch nicht zufriedengeben. Schließlich ist da immer noch der Traum von einer ersten WM-Teilnahme, der 1970 fast Wirklichkeit geworden wäre. In wenigen Tagen rückt diese Herausforderung wieder in den Mittelpunkt, denn dann steht die zweiten Runde der Afrika-Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ an. Ein leichter Weg wird es sicherlich nicht werden, denn Sudan trifft in seiner Gruppe auf Marokko, Guinea und Guinea-Bissau. Dennoch ist Ali Gagarin optimistisch, was die Erfolgschancen seines Landes bei diesem schwierigen Unterfangen angeht. "Im aktuellen Nationalteam gibt es nicht so viele herausragende Einzelspieler, aber dafür verfügt das Team über physische Stärke und Kampfgeist. Damit kann es sich durchaus mit einem erfahrenen Gegner wie Marokko messen, der 2018 an der WM in Russland teilgenommen hat. Aber im modernen Fussball fallen die Entscheidungen auf dem Platz und nicht auf dem Papier", so Ali Gagarin abschließend. Ob Sudan diese große Herausforderung meistern und sich das Ticket für Katar sichern kann? Möglich ist es durchaus. Dann könnte diese Generation an den Ruhm der Vergangenheit anknüpfen, der in goldenen Lettern in den Geschichtsbüchern des Fussballs geschrieben steht.